Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Vertretungszwang im Prozesskostenhilfeverfahren
Leitsatz (NV)
Bei Stellung des Antrags auf Prozesskostenhilfe müssen sich die Beteiligten nicht durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 4 S. 1, § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
I. Der Antragsteller gab für die Streitjahre (2002 und 2003) keine Steuererklärungen ab. In den Vorjahren hatte er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus selbständiger Tätigkeit als Erfinder erzielt.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) schätzte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auf 2 781 € (2002) und 80 000 € (2003) sowie die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf jeweils 30 000 € und setzte aufgrund von Verlustvorträgen die Einkommensteuer in beiden Streitjahren jeweils auf null DM fest. Den verbleibenden Verlustabzug zum 31. Dezember 2003 stellte das FA mit 79 313 € fest. Mit Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2003 und 2004 schätzte das FA die Umsätze zu 16 % auf jeweils 30 000 €, woraus sich eine Zahllast von jeweils 4 800 € ergab.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Antragsteller Klage. Während des Klageverfahrens lehnte der Antragsteller die Richter des erkennenden Senats des Finanzgerichts (FG) einschließlich eines zu diesem Zeitpunkt bereits pensionierten Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er bezeichnete sie u.a. als Beteiligte an einem "organisierten Korruptions-, Verbrechens- und Terrornetzwerk" und bezichtigte sie der "Willkür und Rechtsbeugung". Nachdem sich der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung auch nicht hilfsweise zur Sache eingelassen hatte, wies das FG die Klage mit Urteil vom 10. Dezember 2008 ab, ohne die Revision zuzulassen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision legte der Antragsteller persönlich Beschwerde ein und beantragte gleichzeitig Prozesskostenhilfe (PKH). Der Antrag auf PKH sei wegen seiner "Finanznot durch die illegale, willkürliche Entrechtung, Diskriminierung, Ausgrenzung, illegale entschädigungslose Enteignung, den illegalen Ausschluss aus dem gesetzlichen Wirkungskreis, Schutzlosstellung, Beraubung, Zerstörung, Ausplünderung und Vernichtung der Betriebsmittel" notwendig geworden. Mit der Beschwerde macht der Antragsteller sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Er begründet sie mit der Mitwirkung der von ihm wegen Befangenheit abgelehnten Richter. Das angefochtene Urteil diene der Aufrechterhaltung und Fortsetzung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 9. Oktober 2008, durch die das FG "die jahrelang illegal betriebene, organisierte, institutionalisierte Vernichtung meiner/unserer Existenz, Lebensgrundlagen und Schaffensgrundlagen" fortsetze. Außerdem erhebt er Vorwürfe gegen andere Gerichte und zahlreiche weitere Personen.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf PKH wird abgelehnt.
1. Der Antrag auf Gewährung von PKH ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsteller vorliegend nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird.
a) Zwar müssen sich die Beteiligten nach § 62 Abs. 4 Satz 1 FGO vor dem Bundesfinanzhof (BFH) grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder einen anderen Bevollmächtigten i.S. des § 62 Abs. 2 FGO vertreten lassen. Das gilt nach Abs. 4 Satz 2 der Regelung auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem BFH eingeleitet wird. Darunter fällt aber die Stellung des Antrags auf Bewilligung von PKH nicht (BFH-Beschluss vom 26. Januar 2009 II S 19/08, juris; im Ergebnis gl.A. Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 62 FGO Rz 101; ebenso ständige Rechtsprechung zu der bis zum 30. Juni 2008 anzuwendenden Regelung in § 62a FGO, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2003 VI S 4/03 (PKH), BFH/NV 2004, 356; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 142 Rz 63, m.w.N.).
b) Soweit für § 62 Abs. 4 FGO eine andere Auffassung vertreten wird (Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 62 FGO Rz 44; Spindler, Der Betrieb 2008, 1283, 1286 f.) folgt dem der Senat nicht. Der Wortlaut der Neuregelung erfordert wegen der Besonderheiten des Verfahrens zur Bewilligung von PKH (vgl. dazu Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 142 FGO Rz 5; Schwarz in HHSp, § 142 FGO Rz 10 ff.) eine solche Auslegung nicht. Sie wird auch dem Zweck der Regelung des PKH-Verfahrens nicht gerecht, dem Minderbemittelten einen solchen Rechtsschutz zu sichern, der demjenigen des Bemittelten wenigstens einigermaßen entspricht (Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 67. Aufl., Übers § 114 Rz 3, m.w.N.). Die Gegenauffassung ist deshalb verfassungsrechtlich bedenklich (Spindler in HHSp, § 62 FGO Rz 101). Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber die bisherige Rechtslage ausdrücklich nicht ändern wollte (BTDrucks 16/3655, S. 99 f.).
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
a) Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dazu muss in einem Rechtsmittelverfahren ein nicht rechtskundig vertretener Antragsteller zumindest erkennen lassen, in welchen Punkten und in welchem Umfang das angefochtene Urteil angegriffen werden soll (Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 142 Rz 69, m.w.N.).
b) Die vom Antragsteller mit der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine Aussicht auf Erfolg. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) lassen sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Insbesondere bieten die --nicht nachvollziehbaren, unsachlichen und maßlosen-- verbalen Angriffe des Antragstellers u.a. auf die Richter, die am angefochtenen Urteil mitgewirkt haben, keinen Anlass für eine Besorgnis der Befangenheit dieser Richter. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung lassen im Übrigen keinen Zusammenhang mit den im vorliegenden Verfahren streitigen Steuerbescheiden erkennen. Auch sonst sind Gründe für eine Zulassung der Revision nicht ersichtlich.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes).
Fundstellen