Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsaustausch bei vorzeitiger Räumung eines Gebäudes durch den Mieter

 

Leitsatz (NV)

Räumt ein Mieter vorzeitig ein von ihm gemietetes Gebäude und zahlt ihm der Grundstückserwerber in diesem Zusammenhang einen bestimmten Betrag, so kann dieser Vorgang als Leistungsaustausch zu beurteilen sein (Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 18. Januar 1990 V R 6/85, BFH/NV 1991, 130).

 

Normenkette

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), die den Einzelhandel betreibt, mietete mit Vertrag vom 17. Juni 1972 von Frau E mehrere Geschosse eines auf dem Grundstück ...straße ..., X, zu errichtenden Neubaus. Da zunächst mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde, vermietete E der Klägerin in einer Zusatzvereinbarung vom 26. August 1973 auf dem Grundstück in einem Altbau vorhandene Ladenräume. Dieses Mietverhältnis sollte mit Beginn der Bauarbeiten für den Neubau enden.

E errichtete den von ihr geplanten Neubau nicht. Statt dessen verkaufte sie das Grundstück samt Altbau Ende 1985 an die Bauträger-GmbH Z (Z), die auf dem Grundstück aufgrund eigener Planung einen Neubau errichten wollte und der bei Abschluß des Kaufvertrages der Mietvertrag vom 17. Juni 1972 unbekannt war.

Dem Verlangen der Z, den Altbau zu räumen, widersetzte sich die Klägerin zunächst. Schließlich schlossen die Klägerin und die Z am 13./14. März 1986 eine Vereinbarung, derzufolge u.a. die Klägerin der Beendigung des Mietverhältnisses zum 17. März 1986 zustimmte sowie die gemieteten Altbauräume bis zum 24. März 1986 räumte; die Z zahlte am Tag der vollständigen Räumung einen Betrag von ... DM.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) beurteilte diesen Vorgang als Leistungsaustausch und bezog den Betrag von ... DM unter Herausrechnung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze ein. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der Vorentscheidung macht die Klägerin Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zum Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Januar 1990 V R 6/85 (BFH/NV 1991, 130) und grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) in dem angefochtenen Urteil einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem - ebenfalls tragenden - abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671 m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall.

Die Klägerin entnimmt dem Senatsurteil in BFH/NV 1991, 130 den abstrakten Rechtssatz, Zahlungen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs führten nicht zu einem steuerbaren Umsatz, wenn der Berechtigte keinen Anspruch auf Vertragserfüllung gehabt habe, auf den er gegen Entgelt hätte verzichten können. Nach dem der bezeichneten Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt bezieht sich dieser Rechtssatz, wie sich auch aus den zu seiner Stützung angeführten BFH-Urteilen (vom 12. November 1970 V R 52/67, BFHE 100, 340, BStBl II 1971, 38, und vom 16. November 1972 V R 8/70, BFHE 107, 545, BStBl II 1973, 171) ergibt, auf Fälle, in denen eine Vertragspartei gegenüber ihrem Vertragspartner auf einen ihr aus dem Vertragsverhältnis (vermeintlich) zustehenden Anspruch gegen Entgelt verzichtet hat.

Davon weicht die Vorentscheidung nicht ab. Das FG hat zu Recht ausgeführt, das Senatsurteil in BFH/NV 1991, 130 sei im Streitfall nicht einschlägig. Nach der Würdigung der Vereinbarung vom 13./14. März 1986 durch das FG sollte nach dem Willen der Vertragsparteien mit der Zahlung von ... DM nicht etwa ein Verzicht der Klägerin auf (vermeintliche) Ansprüche gegen die Z abgegolten werden, sondern die vereinbarungsgemäße Räumung des Altbaus. Die vom FG in Bezug genommene Vereinbarung sah für die vollständige Räumung des Grundstücks die Zahlung von ... DM vor.

2. Soweit die Beschwerde auf grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gestützt ist, genügt sie nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, wonach in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Sache dargelegt werden muß.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rz. 61 f.).

Hierzu hat die Klägerin vorgetragen: Mit der Revision (kann) über die Rechtsfrage entschieden werden, ob die Aufgabe eines rechtlich nicht aufrechtzuerhaltenden Besitzstandes eine umsatzsteuerbare Gegenleistung für eine Zahlung darstellen kann, die erfolgt, um ein solches rechtmäßiges Verhalten zu erreichen. Diese Begründung erfüllt die dargelegten Anforderungen nicht.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 351

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