Leitsatz

Bei Familienunternehmen, die an die Börse gehen, werden häufig nur Vorzugsaktien über die Börse gehandelt, die Stammaktien werden dagegen nicht notiert und bleiben bei den Familiengesellschaftern. Diese wollen über die Stammaktien weiterhin das Sagen im Unternehmen haben. Hier stellt sich für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke und für Stichtage vor 1997 auch für vermögensteuerliche Zwecke die Frage, wie die nichtnotierten Stammaktien zu bewerten sind.

Grundsätzlich ist der gemeine Wert nicht an der Börse notierter Stammaktien aus dem Börsenkurs der Vorzugsaktien des selben Unternehmens abzuleiten. Ableiten bedeutet, dass der Börsenkurs der Vorzugsaktien der Ausgangswert für die Ermittlung des gemeinen Werts der Stammaktien ist. Die unterschiedliche rechtliche Ausstattung beider Aktiengattungen muss in diese Wertableitung einfließen, und zwar durch Zu- oder Abschläge zum Ausgangswert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Stimmrecht der Stammaktie werterhöhend, die geringere Dividendenberechtigung dagegen wertmindernd wirkt. Die Schätzung der Zu- und Abschläge kann nur unter Berücksichtigung der tatsächlich vorliegenden unterschiedlichen Ausstattungsmerkmale beider Aktiengattungen erfolgen.

Grundsätzlich entspricht der gemeine Wert nicht börsennotierter Stammaktien zumindest dem Börsenkurs der Vorzugsaktie. Sollte hierzu ein Zuschlag vorgenommen werden, muss das Finanzamt die Höhe des Zuschlags unter Berücksichtigung konkreter Verhältnisse im Einzelfall begründen. Ein aus dem Verhältnis börsennotierter Vorzugs- und Stammaktien abgeleiteter pauschaler Zuschlag genügt diesen Anforderungen nicht.

Will der Steuerzahler einen Abschlag vom Börsenkurs der Vorzugsaktien erreichen, muss er ebenfalls hierfür konkrete Umstände vortragen (→ Aktien ; → Erbschaftsteuer ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.04.1999, II R 87/97

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge