Leitsatz

Behauptet der Steuerpflichtige, den Verwaltungsakt nicht innerhalb des Dreitageszeitraums des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO erhalten zu haben, hat er sein Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substantiieren, um Zweifel an der Dreitagesvermutung zu begründen.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt wies den Einspruch der Klägerin gegen den USt-Bescheid 2011 am 26.10.2018 – einem Freitag – als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde zwecks Bekanntgabe einem privaten Zustelldienst übergeben. Dieser beförderte die überregional zu versendende Einspruchsentscheidung jedoch nicht selbst, sondern übergab sie der Deutschen Post AG.

Am 30.11.2018 erhob die Klägerin Klage und trug vor, dass ihr die Einspruchsentscheidung erst am 1.11.2018 zugegangen sei. Zur Untermauerung ihres Vortrags legte sie die erste Seite der Entscheidung mit dem Posteingangsstempel, Ausdrucke aus dem elektronisch geführten Fristenkontrollbuch und dem Dokumentenerfassungssystem von DATEV sowie die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin vor, die den Eingang der Einspruchsentscheidung bearbeitet hatte.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage fristgerecht erhoben wurde, da die Dreitagesfiktion aufgrund der Erschütterung nicht gilt.

Um die gesetzliche Vermutung über den Zeitpunkt des Zugangs zu entkräften, genügt einfaches Bestreiten nicht. Für die Erschütterung der Dreitagesvermutung reicht es jedoch aus, wenn der Empfänger darauf hinweist, dass die Zustellung von einem privaten Zustelldienst unter Zwischenschaltung eines weiteren Dienstleistungsunternehmens erfolgt ist, insbesondere bei einem auf einen Freitag fallenden Postaufgabetag und wenn der Steuerberater den Eingang des Verwaltungsakts erst nach Ablauf des Dreitageszeitraums des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO durch eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin, durch den Eingangsstempel auf der Einspruchsentscheidung sowie den Eintrag im Fristenkontrollbuch glaubhaft gemacht hat.

 

Hinweis

Bestreitet der Steuerpflichtige substantiiert den Zugang innerhalb der Dreitagesfrist, liegt es im Verantwortungsbereich des Finanzamts nachzuweisen, dass die Bekanntgabe innerhalb des Dreitageszeitraums durch den privaten Postdienstleiter mit jedenfalls gleich hoher Verlässlichkeit zu erwarten ist wie bei einer Versendung im Rahmen des Postuniversaldienstes. Dieser Nachweis ist nicht erbracht, wenn der private Zustelldienst überregional zu befördernde einfache Briefe weder bei der Abholung beim Finanzamt noch bei der Weiterleitung an die Deutsche Post AG erfasst und wenn auch die Deutsche Post AG bei einfachen Briefen nicht dokumentiert, welche Bearbeitungsstellen die Sendung durchläuft.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.08.2019, 1 K 3115/18

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