Leitsatz

1. Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einem Fonds nach schweizerischem Recht, der sein Kapital allein in physischem Gold anlegt, unterliegt gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004 der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG.

2. Die Veräußerung des Fondsanteils begründet keinen Anspruch auf die Lieferung von physischem Gold (Abgrenzung zu BFH-Urteilen vom 12.05.2015 – ­VIII R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834"Xe­tra-Gold Inhaberschuldverschreibungen", und ­VIII R 4/15, BFHE 250, 75, BStBl II 2015, 835; vom 16.06.2020 – VIII R 7/17, BFHE 269, 188, BStBl II 2021, 9"Gold Bullion Securities").

 

Normenkette

§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 7, Abs. 4, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 19 Abs. 1, Abs. 3 InvStG 2004, Art. 13 Abs. 3 DBA-Schweiz, § 1 Abs. 1 KAGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb im Jahr 2009 Anteile an einem in der Schweiz von der X‐Bank aufgelegten Gold Exchange Traded Funds (Gold ETF). Bei dem Gold ETF handelte es sich nach dem Verkaufsprospekt der Bank um einen Anlagefonds schweizerischen Rechts (Art "übrige Fonds für traditionelle Anlagen"). Anlageziel des Fonds war es, die Wertentwicklung des Edelmetalls Gold abzubilden. Der Fonds investierte ausschließlich in physisches Gold. Anlagen in andere Werte waren nicht vorgesehen. Die Anteile waren jederzeit an der Börse frei veräußerbar. Laut Verkaufsprospekt hatten die Anleger im Fall der Kündigung ihrer Fondsbeteiligung das Recht, statt der Auszahlung des Beteiligungswerts in bar eine Auszahlung in Gold als Sachauszahlung zu verlangen. Die Sachauszahlung war auf die Standardeinheit von Goldbarren mit einem Gewicht von 12,5 kg beschränkt. Andere handelsübliche Einheiten wurden nur auf Antrag und bei Verfügbarkeit mit den im Zeitpunkt der Lieferung gültigen Fabrikationszuschlägen und weiteren Kosten (Prägungskosten, Lieferung, Versicherung, Pönalität für Feinheitsdifferenz etc.) ausgeliefert. Die Depotbank war nicht verpflichtet, einem derartigen Antrag Folge zu leisten.

Die Klägerin veräußerte die Anteile im Streitjahr 2015 mit einem Gewinn i.H.v. 26.519 EUR. Das FA legte den Gewinn erklärungsgemäß als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 EStG mit dem für Kapitaleinkünfte geltenden Steuertarif (§ 32d Abs. 1 EStG) der Besteuerung zugrunde. Mit ihrem Einspruch gegen den ESt-Bescheid machte die Klägerin geltend, dass der Verkauf der Fondsanteile wie der Verkauf von physischem Gold zu behandeln und der Gewinn aufgrund des Ablaufs der einjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerfrei sei. Der Einspruch und die Klage (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.3.2018, 13 K 13030/17, Haufe-Index 11875826, EFG 2018, 1550) blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat mit der vorliegenden Entscheidung klargestellt, dass der Verkauf von Anteilen an einem Fonds, auch wenn dieser die angelegten Gelder ausschließlich in Gold investiert, nicht wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen Golds zu beurteilen ist. Es handelt sich somit nicht um ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, für das die Spekulationsfrist von einem Jahr gilt. Grund hierfür ist, dass der Anteil an dem Fonds keinen schuldrechtlichen Anspruch auf die Lieferung des von dem Fonds angeschafften Golds verschafft. Hierdurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Veräußerung von Inhaberschuldverschreibungen, die auf die Lieferung von physischem Gold gerichtet sind (s. z.B. BFH, Urteil vom 12.5.2015, VIII R 4/15, BStBl II 2015, 835, BFH/PR 2015, 369"Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen" und BFH, Urteil vom 16.6.2020, VIII R 7/17, BStBl II 2021, 9, BFH/PR 2021, 15"Gold Bullion Securities").

2. Der Verkauf der Anteile an dem Investmentfonds war in dem vorliegenden Fall somit nach § 19 Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu besteuern. Die Klägerin hat die Anteile an dem Anlagefonds im Privatvermögen gehalten und im Streitjahr mit Gewinn veräußert. Der Gewinn war entsprechend der Regelung des § 20 Abs. 4 EStG zu berechnen und nach Art. 13 Abs. 3 DBA-Schweiz im Inland zu versteuern. Nach der Einführung des InvStG zum 1.1.2018 ist der Gewinn aus der Veräußerung der Investmentanteile nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG i.V.m. § 19 InvStG zu versteuern.

3. Eine andere Beurteilung ergab sich auch nicht daraus, dass die Klägerin bei Rückgabe ihrer Beteiligung an dem Fonds nach dem Anlageprospekt die Möglichkeit hatte, statt der Auszahlung des Rückzahlungsbetrags in bar eine Auszahlung in Gold zu verlangen. Denn die Klägerin hatte auf die Lieferung von Gold keinen Anspruch, da diese laut Anlageprospekt auf die Standardeinheit von 12,5 kg beschränkt und die Depotbank nicht verpflichtet war, einem Antrag auf Auszahlung in kleineren handelsüblichen Einheiten Folge zu leisten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.4.2021 – VIII R 15/18

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