5.1 Begriff und Bedeutung

 

Rz. 74

In handelsbilanzieller Hinsicht ist umstritten, ob die eigenen Anteile als Vermögengegenstände zu klassifizieren sind. Tw. wird dies mit dem Argument bejaht, dass der Erwerb eigener Anteile keine relevanten Unterschiede zu gewöhnlichen Erwerbsfällen erkennen lasse.[1] Eigene Anteile würden sich von anderen VG lediglich dadurch unterscheiden, dass ihr Wert nur im Wege einer Veräußerung realisiert werden könne.[2] Nach anderer Auffassung komme den eigenen Anteilen lediglich die Bedeutung eines Korrekturpostens zum EK zu, die in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen wie VG zu behandeln seien.[3] Der Erwerb eigener Aktien sei als Einlagenrückgewähr zu begreifen; die Ges. gebe Vermögen an den Gesellschafter ab, ohne dafür einen Gegenwert zu erhalten.[4] Die Möglichkeit, die eigenen Anteile wieder zu veräußern, stelle nichts anderes als ein Vehikel zur Beteiligung neuer Gesellschafter dar.[5] Die überwiegende Auffassung weist den eigenen Anteilen einen Doppelcharakter zu.[6] Bei bestehender Wiederveräußerungsabsicht seien die eigenen Anteile als VG zu klassifizieren. Darüber hinaus seien sie in jedem Fall auch als Korrekturposten zum EK einzustufen.[7] Nach der hier vertretenen Auffassung kommt den eigenen Anteilen keine VG-Eigenschaft zu. Es fehlt ihnen an der selbstständigen Verwertbarkeit. Eigene Anteile haben keinen Wert an sich. Ihr Wert lässt sich nur unter Berücksichtigung des Unternehmenswerts der KapG bestimmen, die sie ausgegeben hat.

[1] Vgl. zu eigenen Aktien Breuninger, DStR 1991, S. 422; Paus, BB 1998, S. 2138; Bachmann/Heckner, WPg 2016, S. 832; sowie Briese, GmbHR 2016, S. 49 zu steuerlichen Fragen bei eigenen Anteilen. Zu eigenen Anteilen bei Personenhandelsgesellschaft vgl. Schmidt, ZIP 2014, S. 493 einerseits und Priester, ZIP 2014, S. 245 anderseits. Dazu mit umfassender Würdigung auch Knobloch, StuW 2013, S. 343.
[2] Vgl. Breuninger, DStR 1991, S. 422.
[3] Vgl. Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft, 2002, S. 79; Siegel, in FS Loitlsberger, 2001, S. 359; Thiel, in FS Schmidt, 1993, S. 570 ff.; Wassermeyer, in FS Schmidt, 1993, S. 612.
[4] Vgl. nur Thiel, in FS Schmidt, 1993, S. 570; Huber, in FS Duden, 1977, S. 161.
[5] Vgl. Loos, DB 1964, S. 310.
[6] Vgl. Budde, in FS Offerhaus, 1999, S. 674; Klingberg, BB 1998, S. 1576; ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 272 HGB n. F. Rz 1; Schwab, DB 2001, S. 880.
[7] Vgl. ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 266 HGB Rz 139.

5.2 Ausweis

 

Rz. 75

Mit § 272 Abs. 1a HGB wird für alle eigenen Anteile – unabhängig davon, ob sie dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen sollen oder nicht – vorgeschrieben, dass diese auf der Passivseite der Bilanz in der Vorspalte offen von dem Posten "Gezeichnetes Kapital" abzusetzen sind. Diese Bilanzierung knüpft an den Befund an, dass der Erwerb eigener Anteile zwar nicht rechtlich, aber sehr wohl wirtschaftlich einer Kapitalherabsetzung gleichkommt, auch wenn die eigenen Anteile ohne formale Einziehung bestehen bleiben.[1]

 

Rz. 76

Nach § 272 Abs. 1a Satz 1 HGB ist der Nennbetrag oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert von erworbenen eigenen Anteilen in der Vorspalte offen von dem Posten "Gezeichnetes Kapital"abzusetzen.[2] Aus der Vorschrift folgt ein Aktivierungsverbot für eigene Anteile.

 
Praxis-Beispiel

Es ist zu empfehlen, den Vorspaltenposten als "Nennbetrag/rechnerischer Wert eigener Anteile" und den Hauptspaltenposten als "Ausgegebenes Kapital" zu bezeichnen.

 

Rz. 77

Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag oder dem rechnerischen Wert und den AK der eigenen Anteile ist mit den frei verfügbaren Rücklagen zu verrechnen (§ 272 Abs. 1a Satz 2 HGB), wobei die Verrechnung gem. DRS 22.36 sachlich und zeitlich stetig vorgenommen werden soll. Dies ist in sachlicher Hinsicht natürlich nur möglich, wenn die frei verfügbaren Rücklagenbestandteile der vormals gewählten Verrechnungsreihenfolge bei den Folgetransaktionen noch zur Verfügung stehen (DRS 22.B32). Stetigkeit in zeitlicher Hinsicht dürfte wohl die zeitgerechte Erfassung i. S. d. § 239 Abs. 2 HGB meinen.[3] Zu den frei verfügbaren Rücklagen zählen die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, die anderen Gewinnrücklagen und die satzungsmäßigen Rücklagen, sofern der satzungsmäßige Zweck gerade in der Ermöglichung oder Deckung des Erwerbs eigener Anteile besteht. Demgegenüber ist eine Verrechnung mit der gesetzlichen Rücklage nach § 150 Abs. 1 und 2 AktG und der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1–3 HGB jedenfalls für die AG, die SE und die KGaA sowie der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unt (§ 272 Abs. 4 HGB) ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Beträge. Mit DRS 22.8 könnte man auch sagen, frei verfügbare Rücklagen sind solche Rücklagen, die weder durch ein Gesetz noch durch eine Satzung oder einen Gesellschaftsvertrag in ihrer Verwendung zweckgebunden sind und auch keiner Ausschüttungs- oder Abführungssperre unterliegen.

 

Rz. 78

Der Wortlaut des § 272 Abs. 1a HGB stellt ...

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