Rz. 9

Die ZPO enthält in den §§ 422, 423 ZPO Vorschriften zur Vorlage von Urkunden durch den Prozessgegner des Beweisführers. Diese Regelungen berührt § 258 HGB nicht (§ 258 Abs. 2 HGB). § 258 HGB schränkt keine prozessrechtlichen Beweiserhebungsvorschriften ein, die den Prozessgegner des Beweisführers zur Vorlage von Urkunden verpflichten können.[1]

 

Rz. 10

§ 422 ZPO verpflichtet den Prozessgegner des Beweisführers zur Vorlage aller Urkunden, deren Herausgabe oder Vorlage der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verlangen kann. Die Herausgabeansprüche resultieren z. B. aus Eigentümerpositionen (§§ 952, 985 BGB) oder aus Auslieferungsansprüchen des Schuldrechts (z. B. §§ 402, 667 BGB). Als Vorlagevorschrift kommt § 810 BGB besondere praktische Bedeutung zu. § 810 BGB kodifiziert das Recht auf Einsicht eines rechtlich Interessierten in Urkunden in fremdem Besitz. Neben einem rechtlichen Interesse setzt der Einsichtsanspruch alternativ voraus:

  • die Beurkundung im Interesse des Interessierten,
  • die Beurkundung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Interessierten und einem anderen,
  • die Beurkundung von Verhandlungen über Rechtsgeschäfte zwischen dem Interessierten und einem anderen oder zwischen dem Interessierten bzw. dem anderen und einem gemeinschaftlichen Vermittler.

Vorlageanspruchsberechtigt können darüber hinaus z. B. Handelsvertreter (§ 87c Abs. 4 HGB) oder Gesellschafter (z. B. nach §§ 118 Abs. 1, 157 Abs. 3, 166 Abs. 1 HGB; § 51a Abs. 1 GmbHG) sein.

 

Rz. 11

Nach § 423 ZPO hat der Prozessgegner alle in seinem Besitz befindlichen Urkunden vorzulegen, auf die er im Verfahren Bezug genommen hat.[2] Dies setzt anders als § 422 ZPO keine materiell-rechtliche Vorlagepflicht voraus. Auf die Urkunde muss zum Zwecke der Beweisführung Bezug genommen worden sein.[3]

[1] Vgl. Pöschke, in Staub, Großkommentar Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. 2014, § 258 HGB Rn 13.
[2] Vgl. Böcking/Gros, in Wiedmann/Böcking/Gros, Bilanzrecht, 3. Aufl. 2014, § 258 HGB Rz 8.
[3] Die Bezugnahme kann auch in einem vorbereitenden Schriftsatz erfolgt sein; vgl. Berger, in Stein/Jonas, Kommentar zur ZPO, 23. Aufl. 2015, § 423 Rz. 1.

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