Rz. 25

Ein Handelsgewerbe begründet nur dann die Kaufmannseigenschaft, wenn es einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

Der Begriff "in kaufmännischer Weise", der das Handelsgewerbe vom Kleingewerbe abgrenzt, ist zunächst an der Größe orientiert – man spricht von einem "Klein"gewerbe, wenn die Unternehmensstrukturen nicht "in kaufmännischer Weise" angelegt sind. Entscheidend ist aber nicht die Größe allein, sondern der Begriff "eingerichtet": Maßgeblich sind also – unabhängig von der Größe – die "eingerichteten" Strukturen. Ob die eingerichteten Strukturen einem in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb entsprechen, entscheidet sich nach dem Gesamtbild von Art und Umfang des Geschäftsbetriebs.[1]

Dieses Gesamtbild bestimmt sich bspw. nach Art und Umfang

  • der laufenden Geschäfte,
  • der angebotenen Leistungen und Waren,
  • der Kapitaleinlagen,
  • des Geschäftslokals,
  • des Sach- und Finanzanlagevermögens,
  • der Anzahl der Mitarbeiter,
  • der Inanspruchnahme von Dienstleistungen,
  • der übrigen Geschäftsbeziehungen sowie
  • der Höhe der Umsätze und
  • der Anzahl der Betriebsstätten.[2]

Feste Größengrenzen gibt es nicht; das Gesamtbild ist also eine Frage des Einzelfalls.[3]

 

Praxis-Beispiel 1

Der EKfm. befindet sich in der Gründungsphase und einziger Geschäftszweck ist die Entwicklung einer neuen Software. Er erzielt noch keine Umsätze, erwirtschaftet aber große Verluste, da er 100 Mitarbeiter beschäftigt. Für die Zukunft plant er Millionenumsätze. Er ist Kfm. nach § 1 Abs. 1 HGB, da er einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhält.

 

Praxis-Beispiel 2

Ein Kleingewerbetreibender programmiert in seiner Garage im Nebenerwerb Software. Er hat keine Angestellten, durchschnittlicher Jahresumsatz 10.000 EUR bzw. Einnahmenüberschuss 2.500 EUR. Er ist nicht Kfm., da er keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb hat und damit § 1 HGB nicht erfüllt ist. Damit ist das HGB insgesamt nicht anwendbar; es besteht keine Buchführungspflicht nach §§ 238ff. HGB.

 

Rz. 26

Liegt kein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb vor, so ist der Gewerbetreibende ein Kleingewerbetreibender und nicht Kfm. Kleingewerbetreibende sind nicht nach §§ 238ff. HGB buchführungspflichtig.[4]

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 238 HGB Rz 5 f.; Aigner, Das neue Bilanzrecht nach HGB, 2009, S. 32.
[2] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Auf. 1995–2001, § 238 HGB Rz 5 f.
[3] Vgl. Störk/Lewe, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 238 HGB Rz 8.
[4] Vgl. Störk/Lewe, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 238 HGB Rz 7.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge