2.1 Tatbestandsmerkmale

2.1.1 Anderes Unternehmen

 

Rz. 6

Die Beteiligungsdefinition des § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB geht zunächst von der Existenz eines anderen Unt aus. Da schon aus der Eingrenzung des Anwendungsbereichs deutlich wurde, dass eine Beschränkung auf KapG mit der Regierungsbegründung zu § 271 HGB nicht vereinbar ist, kann auch der hier in Rede stehende Unternehmensbegriff nur weit auszulegen sein. Insoweit wird z. T. die Auffassung vertreten, dass der Unternehmensbegriff i. R. d. § 271 HGB auf alle buchführungspflichtigen Kfl. auszudehnen ist.[1] Stellt man allerdings die Buchführungspflicht nach § 238 HGB in den Mittelpunkt der Abgrenzung, ergeben sich weitere praktische Probleme. Bspw. könnte bei diesem Verständnis der Unternehmereigenschaft kein Anteil an einer ausländischen Ges. als Beteiligung qualifiziert werden, weil es der ausländischen Ges. regelmäßig an einer Buchführungspflicht nach § 238 HGB fehlen wird. Nach h. M. ist daher das Charakteristikum der Funktionalität für den Unternehmensbegriff maßgeblich.[2] Wichtige Charakteristika für ein Unt i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB sind demnach:

  • Selbstständigkeit in Planung und Entscheidung,
  • Abgrenzbare und erwerbswirtschaftliche Zielsetzung,
  • Auftreten am Markt mit einer erkennbaren Organisationsstruktur.

Legt man dieses Verständnis zugrunde, so lässt sich der Unternehmensbegriff auch auf Stiftungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts usw. übertragen. Die ausschl. Verfolgung ideeller Ziele oder die reine Vermögensverwaltung sind nach h. M.[3] für den Unternehmensbegriff allerdings schädlich. Gleiches gilt auch für sog. Bruchteilsgemeinschaften (dazu gehören bspw. Gemeinschaften von Grundstücksmiteigentümern), weil es hier regelmäßig an einer nach außen in Erscheinung tretenden Organisationsstruktur fehlt. Die Unternehmereigenschaft ist auch bei Investmentfonds zu verneinen, weil diese als Sondervermögen durch eine Kapitalanlagegesellschaft verwaltet werden und damit keiner eigenen wirtschaftlichen Betätigung nachgehen.

Zudem ergibt sich eine Ausnahme vom weiten Verständnis des Unternehmensbegriffs aus § 271 Abs. 1 Satz 5 HGB, wonach es sich bei Mitgliedschaften in einer eingetragenen Genossenschaft nicht um Beteiligungen handelt.

 

Rz. 7

Bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft im Hinblick auf Joint Ventures kommt es ganz entscheidend auf die Rechtsform an. Wird ein Joint Venture in der Rechtsform einer KapG oder PersG geführt, so ist die Unternehmereigenschaft unbestritten. Gleiches gilt auch für die Nutzung eines Joint Ventures als Arbeitsgemeinschaft z. B. im Baugewerbe, wobei die Gemeinschaft über ein eigenes Gesamthandsvermögen verfügen muss und auch die übrigen Voraussetzungen für die Annahme einer Beteiligung vorliegen müssen. Hierbei wird i. d. R. das Kriterium der Dauerhaftigkeit negativ beurteilt werden müssen.[4] Eine fehlende Dauerhaftigkeit bei Joint Ventures wird aber nicht als Ausschlusskriterium angesehen.[5] Insoweit sind die Dauer und die Anzahl der von der Arbeitsgemeinschaft abzuwickelnden Projekte unerheblich.

[1] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 271 HGB Rz 11.
[2] Vgl. Petersen/Zwirner, DB 2008, S. 481 ff.
[3] Vgl. Grottel/Kreher, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 271 HGB Rz 11.
[4] Vgl. Reiner, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 271 HGB Rn 6.
[5] Vgl. IDW HFA 1/1993, WPg 2003, S. 441 ff.; Früh/Klar, WPg 1993, S. 493; Nordmeyer, WPg 1994, S. 301.

2.1.2 Anteile

 

Rz. 8

Bei der Analyse des Anteilsbegriffs wird über § 271 Abs. 1 Satz 2 HGB zunächst verdeutlicht, dass Anteile nicht zwingend in Wertpapieren verbrieft sein müssen. Damit kommen grds. als Anteile neben Aktien (die grds. verbrieft sind) und GmbH-Geschäftsanteilen auch Anteile von Gesellschaftern an einer PersG in Betracht. Dabei ist es unerheblich, ob der Gesellschafter als Komplementär oder Kommanditist in Erscheinung tritt. Gleiches gilt auch für Anteile an einer GbR, sofern ein entsprechendes Gesamthandsvermögen im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde.

 

Rz. 9

Von entscheidender Bedeutung ist zum einen die Frage, ob die durch das Fachschrifttum[1] formulierten Kriterien zur Annahme materiellen Eigenkapitals erfüllt sind, und zum anderen die Frage, ob demjenigen, der die Beteiligung in seiner Bilanz aktiviert, im Gegenzug sowohl Vermögens- als auch Verwaltungsrechte eingeräumt wurden. Ausschl. Gläubigerrechte können keinen Anteil i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB begründen. Die Kriterien, die für eine Annahme materiellen Eigenkapitals entwickelt wurden, sind zunächst eine Verlustteilnahme, eine Nachrangigkeit, eine Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung und eine Gewinnabhängigkeit der Vergütung. Zu den Vermögensrechten gehören Ansprüche am Gewinn und am Liquidationserlös. Zu den Verwaltungsrechten gehören hingegen u. a. Mitsprache-, Kontroll- und Informationsrechte.[2]

 

Rz. 10

Die Problematik der Abgrenzung von Anteilen i. S. d. § 271 Abs. 1 HGB von Nicht-Anteilen folgt der Abgrenzungsproblematik zwischen EK und FK. Wenn das bereitgestellte Kapital aus der Perspektive des Unt, an dem die Beteiligun...

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