2.1 Gleichartigkeit der Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens

 

Rz. 10

Gleichartigkeit von VG ist grds. erfüllt bei Gleichheit (Identität). Aufgrund des technischen Fortschritts werden allerdings regelmäßig solche VG des Vorratsvermögens (wieder-)beschafft, die nicht mehr mit den verbrauchten Gütern identisch sind. Insofern gelten nach hM auch diejenigen VG als gleichartig, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheit übereinstimmen (z. B. Zugehörigkeit zur gleichen Warengattung) oder die die gleiche Funktion erfüllen (§ 240 Rz 76). Obwohl dem Gesetzeswortlaut nicht wörtlich zu entnehmen, wird hier der Auffassung gefolgt, dass Gleichartigkeit auch eine annähernde Gleichwertigkeit der VG impliziert (§ 240 Rz 77), sofern Wertunterschiede innerhalb einer (wertmäßig heterogenen) Gruppe von untergeordneter Bedeutung sind.[1]

 

Rz. 11

Differenziert nach den relevanten Untergruppen des Vorratsvermögens kann die Gleichartigkeit wie folgt konkretisiert werden:[2]

  • RHB: annähernde Gleichwertigkeit und Funktionsgleichheit;
  • unfertige Erzeugnisse: Ausrichtung auf ein im Wesentlichen gleiches Endprodukt, Zugehörigkeit zur gleichen Produktionsstufe, Erstellung mit annähernd gleichen Einsatzstoffen im annähernd gleichen Verfahren wie im Vorjahr;
  • fertige Erzeugnisse und Waren: Zugehörigkeit zur gleichen Warengattung (damit gleichartige Beschaffenheit) und annähernd gleicher Wert.
 

Rz. 12

Das Kriterium der gleichen Warengattung ist stets vor dem Hintergrund der gleichartigen Beschaffenheit zu prüfen und nach der hier vertretenen Auffassung – wie auch das Kriterium der Funktionsgleichheit – im Zweifelsfall eng auszulegen; demgemäß ist das Kriterium der annähernden Wertgleichheit auch als einschränkendes Korrektiv zu verstehen.

 
Praxis-Beispiel
  • Gleichartige Beschaffenheit:

    • Bandeisen verschiedener Abmessungen
    • Herrensocken verschiedener Größen, Muster und Farben (gleiche Warengattung)
    • Essbestecke aus Metall mit unterschiedlichem Design (gleiche Warengattung)
  • Funktionsgleichheit:

    • Schrauben/Nägel aus Stahl oder Messing
    • Versandhüllen aus Papier oder Kunststoff
    • Transportbehälter aus Metall oder Kunststoff
  • Annähernde Wertgleichheit:

    • bei geringwertigen Gegenständen Preisunterschiede bis zu 20 %[3]
    • bei höherwertigen Gegenständen Preisunterschiede bis ca. 5 %[4]
[1] Vgl. insb. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 256 HGB Rn 22 f., sowie IDW, WPH Edition, Wirtschaftsprüfung & Rechnungslegung, 18. Aufl. 2023, Kap. F Tz 195, wonach auf annähernde Gleichwertigkeit auch bei Anwendung geeigneter Indexverfahren verzichtet werden kann; deren Anwendung wird aber überwiegend abgelehnt (vgl. Rz 31); generell die Notwendigkeit der annähernden Gleichwertigkeit ablehnend insb. Mayer-Wegelin, in Küting/Weber, HdR-E, § 256 HGB Rn 28, aber auch relativierend Rn 30, Stand: 7/2016.
[2] Vgl. Niemann, Ifst-Schrift Nr. 401, 2002, S. 32; vgl. auch ähnlich Drüen, in Staub, Großkommentar HGB, Band 5, 5. Aufl. 2014, § 256 HGB Rn 6, m. w. N.
[3] Vgl. noch in der 4. Aufl. m. w. N. Kleindiek, in Staub, Großkommentar HGB, Band 5, 5. Aufl. 2014 § 256 HGB Rn 2, der allerdings 20 % als klare Obergrenze ansieht und im Regelfall von kleineren Werten ausgeht.
[4] Vgl. zum Prozentsatz Kulosa, in Schmidt, EStG, 36. Aufl. 2017, § 6 EStG Rz 348.

2.2 Konformität mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung

 

Rz. 13

Obwohl nach § 243 Abs. 1 HGB schon generell die GoB bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zu beachten sind, fordert § 256 Satz 1 HGB wiederholend und damit verschärfend die Einhaltung der GoB bei der Entscheidung für die Anwendung bewertungsvereinfachender Verbrauchsfolgeverfahren. Dadurch soll sichergestellt werden, dass ein GoB-konformer Ausgleich zwischen der auf einer Fiktion beruhenden, zweckgerechten Bewertungsvereinfachung und den (allgemeinen) Rechnungslegungszielen gefunden wird,[1] insb. soll offensichtlicher Missbrauch ausgeschlossen werden.[2]

 

Praxis-Beispiele[3]

  • Ein GoB-konformer Ausgleich kann angenommen werden, wenn die Ermittlung der individuellen AK im Einzelfall ausgeschlossen ist (z. B. im Fall der Vermischung von Flüssigvorräten) oder mit unvertretbar hohem Aufwand verbunden wäre (z. B. bei Massenartikeln).
  • Im Fall eines Autohändlers ist die Anwendung des Lifo-Verfahrens zur Bewertung von zum Verkauf bestimmten Pkw nicht mit den GoB vereinbar. Die (absolut betrachtet) hohen Erwerbsaufwendungen und die ohne Weiteres mögliche individuelle Ermittlung und Zuordnung der AK rechtfertigen mangels einer konkreten, die Rechnungslegung vereinfachenden Wirkung nicht die Abkehr vom Einzelbewertungsgrundsatz.
 

Rz. 14

Mit den GoB grds. vereinbar ist, dass die unterstellte Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge nicht mit der tatsächlichen übereinstimmt; eine Abweichung liegt gerade in der Natur einer Verbrauchsfolgefiktion. Von einer Unzulässigkeit der Verbrauchsfolgebewertung wird nur in den (Ausnahme-)Fällen ausgegangen, in denen die zugrunde gelegte Fiktion vor dem Hintergrund der tatsächlichen betrieblichen Verhältnisse völlig undenkbar erscheint.

 
Praxis-Beispiel

Bewertung von leicht verderblicher Ware wie z. B. Fisch oder Fleisch nach dem Lifo-Verfahren.

 

Rz. 15

Ents...

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