Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

Soweit einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zugesagt werden, handelt es sich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (§ 1 Abs. 1 BetrAVG). Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung bzw. Auszahlungen von Rückkaufswerten sind nach Auffassung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung grundsätzlich dem Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV hinzuzurechnen (vgl. Abschnitt 10 des gemeinsamen Rundschreibens zur beitragsrechtlichen Beurteilung von Beiträgen und Zuwendungen zum Aufbau betrieblicher Altersversorgung vom 25.09.2008). Hierbei wird nicht zwischen Abfindungen von verfallbaren und unverfallbaren Anwartschaften unterschieden. Bei dem vom Arbeitgeber oder von der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung gezahlten Abfindungsbetrag bzw. Rückkaufswert handelt es sich um einen geldwerten Vorteil für den Beschäftigten, der als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu qualifizieren ist und nach Maßgabe des § 23a SGB IV der Beitragsberechnung unterliegt.

Eine Abfindungsleistung nach dem BetrAVG stellt hingegen kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung dar, wenn sie wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird. Für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung ist in diesem Fall zu prüfen, ob ein beitragspflichtiger Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit Satz 3 SGB V vorliegt, es sich also um Leistungen handelt, die entweder an die Stelle von laufenden Versorgungsbezügen treten ("Kapitalabfindungen") oder die bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden sind ("Kapitalleistungen").

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 25.08.2004 - B 12 KR 30/03 R - (USK 2004-29) entschieden, dass eine an den Arbeitnehmer im laufenden Beschäftigungsverhältnis gezahlte Abfindung erworbener Versorgungsanwartschaften aus einer Unterstützungskasse, deren Träger der Arbeitgeber ist, kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV darstellt. Vielmehr ist bei einer derartigen Abfindungsleistung bezüglich der Kranken- und Pflegeversicherung der Anwendungsbereich des § 229 SGB V eröffnet; daneben kommt § 14 SGB IV von vornherein nicht als einschlägig in Betracht. Für den Bereich der Renten- und Arbeitslosenversicherung sind Abfindungen der in Rede stehenden Art daher ebenfalls nicht als Arbeitsentgelt anzusehen. Insofern bestimmt die Spezialregelung des § 229 SGB V über das Beitragsrecht der Kranken- und Pflegeversicherung hinaus mittelbar auch für die anderen Versicherungszweige die Grenzen ihrer beitragsrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit als Arbeitsentgelt. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben dieses Urteil jedoch lediglich als Einzelfallentscheidung gewertet. Für die Anwendung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V sei der Eintritt des Versorgungsfalles weiterhin unabdingbare Voraussetzung. Diese werde von derartigen Abfindungen nicht erfüllt. Sie seien Ausfluss des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses und damit Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung (vgl. Punkt 4 der Niederschrift über die Besprechung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 17./18.03.2005).

In einem weiteren Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 26/10 R - (USK 2012-20) hat das BSG deutlich gemacht, dass der Charakter einer Kapitalleistung als Versorgungsbezug nicht dadurch – nachträglich – verloren geht, wenn sie wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalls ausgezahlt wird. Dem § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ist bereits aufgrund seines Wortlauts nicht zu entnehmen, dass die Beitragspflicht von Kapitalleistungen den Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalls voraussetzt. Vielmehr kommt es dafür auf den Versorgungszweck bei Vereinbarung bzw. Zusage an. Nicht maßgebend ist in diesem Zusammenhang, ob das vorzeitig ausgezahlte Kapital möglicherweise nicht mehr einem Versorgungszweck dient, sondern zur Deckung eines anderen Bedarfs verwendet wird. Von einer Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V werden auch die vor Eintritt des vertraglich vereinbarten Versicherungsfalls geschuldeten und gezahlten Abfindungen einer unverfallbaren Anwartschaft erfasst.

Unter Hinweis auf die beiden vorgenannten BSG-Urteile hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 24.03.2015 - L 11 R 1130/14 - entschieden, dass es sich bei der Abfindung einer betrieblichen Altersversorgung (hier: Rückkaufswert einer Direktversicherung) auch während eines bestehenden Beschäftigun...

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