Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaß. Erbscheinserteilung

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2255

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 04.01.1983; Aktenzeichen 13 T 9115/82)

AG Nürnberg (Beschluss vom 29.10.1982; Aktenzeichen VI 3562/81)

 

Tenor

I. Die Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 4. Januar 1983 und des Amtsgerichts Nürnberg vom 29. Oktober 1982 werden aufgehoben.

II. Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und erneuten Entscheidung an das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Nürnberg zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Am … 1981 verstarb in … ihrem letzten Wohnsitz, die ehemalige Übersetzerin … geb. … (Erblasserin) im Alter von fast 87 Jahren. Sie hinterließ keine Kinder. Ihre erste Ehe mit dem jüdischen Rechtsanwalt … war im Jahre 1935 geschieden worden. Nach der Scheidung hatte sie wieder den früheren Familiennamen … angenommen. Ihr zweiter Ehemann … war im Jahre 1959 verstorben.

Die Erblasserin war am 17.10.1894 in …, nichtehelich geboren worden. Ihre gesetzlichen Erben wären die Verwandten ihrer Mutter, nach den bisherigen Ermittlungen die Beteiligten zu 1) und 2).

Für die Erblasserin wurde nach einem Sturz im April 1981, bei welchem sie sich einen lateralen Schenkelhalsbruch rechts zuzog, mit Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.5.1981 eine Gebrechlichkeitspflegschaft angeordnet zur Vertretung bei der Aufenthaltsbestimmung und der Vermögensverwaltung sowie etwa damit zusammenhängenden Rechtsgeschäften. Als Pflegerin wurde Frau …, die Ehefrau des Stiefsohnes der Erblasserin, in … bestellt. Nach deren Vermögensverzeichnis besteht der Nachlaß im wesentlichen aus Sparguthaben in Höhe von rund 50 000,– DM und aus Wertpapieren im Werte von rund 300 000,– DM (Bl. 7 ff., 28 d. Pflegschaftsakten VIII 488/81 AG Nürnberg).

2. … übergab dem Nachlaßgericht … am 8.10.1981 ein Schriftstück, das sie im Wohnzimmer der Erblasserin in der Schreibtischschublade gefunden hatte und das vom Amtsgericht als Testament eröffnet worden ist.

Es handelt sich hierbei um einen linierten Doppelbogen. Auf dem ersten Blatt steht – von der Erblasserin eigenhändig geschrieben und unterschrieben – folgender Text:

„… 22. März 1967

Ich, …, geb. … geb. … 1894 wünsche eingeäschert zu werden und im Grab No … (… Familiengrab) auf dem … in … beigesetzt werden.

Der Grabbrief liegt in der Mappe.

Mein Sohn, …, soll verständigt werden.

Den Grabbrief soll meine Freundin Frau … bekommen – …

Frau … soll 5 000,– DM (Fünftausend) bekommen.

Meine noch lebenden Verwandten aus der Linie meiner Mutter, bekommen nichts. Sie haben sich nie um mich gekümmert. Besonders auch nicht in der Hitlerzeit, als ich noch … hieß. Ich habe keine eigenen Kinder und keine Neffen und Nichten. Falls irgendeiner sich finden sollte, die bekommen gar nichts. Ein richtiges ausführliches Testament habe ich bei mir.

… den 22. März 1967 …”

Auf dem zweiten Blatt der Testamentsurkunde ist geschrieben:

„… -Ersatzkrankenkasse

… krankenkasse

… versicherung

Feuer, Einbruch, Schaden –

Angestelltenversicherung für mich und auch eine von meinem Mann, ….

Pension von der …”

Das Schriftstück ist von oben und unten sowie von rechts jeweils etwa bis zu einem Drittel der Höhe bzw. Breite eingerissen (s. Bl. 2, 3 d.A.).

3. Als Nachlaßpfleger für die unbekannten Erben wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 8.10.1981 der Rechtsbeistand … bestellt.

4. Die – inzwischen verstorbene – Beteiligte zu 1) beantragte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11./12.2.1982 die Erteilung eines Teilerbscheins, in dem bezeugt werden soll, daß sie aufgrund Gesetzes die Erblasserin zur Hälfte beerbt habe. Sie brachte vor, bei der letztwilligen Verfügung vom 22.3.1967 handle es sich lediglich um den Entwurf oder die Ankündigung eines Testaments; sie sei jedenfalls durch Einreißen widerrufen worden; außerdem bestünden Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin.

Der Beteiligte zu 3) trat diesen Ausführungen entgegen.

Das Amtsgericht führte Ermittlungen durch und wies sodann mit Beschluß vom 29.10.1982 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zurück. Es vertrat die Auffassung, es sei nicht zu klären, ob die Erblasserin selbst das Testament eingerissen habe und ob dies absichtlich, d. h. mit Widerrufswillen, oder nur versehentlich geschehen sei. Nach den Angaben der Beteiligten zu 2) habe seit jeher das beste Einvernehmen zwischen ihrer Familie und der Erblasserin bestanden; ein Grund für den Testamentswiderruf sei daher nicht erkennbar.

Gegen diesen Beschluß legte die Beteiligte zu 1) Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf.

Mit Schriftsatz vom 23./24.11.1982 beantragte auch die Beteiligte zu 2) die Erteilung eines Erbscheins, in welchem ihr gesetzliches Erbrecht bezeugt werden soll.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies durch Beschluß vom 4.1.1983 die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurück (Nr. I) und setzte den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 25 000,– DM fest.

Hierauf stellt das Amtsgericht Nürnberg mit Beschluß vom 3.5.1983 fest, daß ein anderer Erbe als der „Bayer, Fiskus” nicht vorh...

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