Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines befristeten Arbeitsvertrages

 

Orientierungssatz

Parallelsache zu BAG Urteil vom 30.10.1987 - 7 AZR 115/87.

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 28.11.1986; Aktenzeichen 5 Sa 1745/83)

ArbG Bochum (Entscheidung vom 03.05.1983; Aktenzeichen 4 Ca 648/82)

 

Tatbestand

Der im Jahre 1953 geborene Kläger ist Diplom-Psychologe. Er war zunächst in der Zeit vom 1. Mai 1977 bis zum 28. Februar 1980 aufgrund verschiedener Verträge als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität B tätig.

Vom 1. März 1980 an wurde er weiter an der Universität B, nunmehr als Wissenschaftlicher Mitarbeiter, beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach dem schriftlichen Vertrag vom 11. April 1980, der wie folgt lautet:

"§ 1

Herr L

wird für die Zeit vom 1.3.1980 bis 28.2.1981 als

Wissenschaftlicher Mitarbeiter nach § 60 Abs. 4 a

des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hoch-

schulen des Landes Nordrhein-Westfalen (WissHG)

vom 20. November 1979 für Aufgaben von begrenzter

Dauer bei der Universität B eingestellt.

§ 2

Die Einstellung erfolgt

im Rahmen der Förderung des wissenschaftlichen

Nachwuchses nach § 3 (1) WissHG

während der Vakanz einer C 4-Stelle

§ 3

Der Wissenschaftliche Mitarbeiter

hat Dienstleistungen im Sinne von § 60 Abs. 1

WissHG zu erbringen

wird mit Aufgaben oder Dienstleistungen, die

zugleich der eigenen wissenschaftlichen Weiter-

bildung im Sinne von § 60 Abs. 3 Satz 2 WissHG

dienen soll, beschäftigt

hat im Rahmen der Dienstleistungen nach § 60 Abs. 1

WissHG auch Lehraufgaben im Umfang von 4 Semester-

wochenstunden ohne besondere Vergütung zu erbringen.

§ 4

Der Wissenschaftliche Mitarbeiter hat Tätigkeiten,

die unmittelbar der Erlangung einer formalen Weiter-

qualifikation dienen, grundsätzlich nur außerhalb

der regelmäßigen Arbeitszeit zu erbringen.

§ 5

Das Beschäftigungsverhältnis bestimmt sich nach dem

Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar

1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder er-

setzenden Tarifverträgen, insbesondere nach den

Sonderregelungen für Zeitangestellte für Aufgaben

von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte

(SR 2y BAT).

§ 6

Die Vergütung wird nach Vergütungsgruppe II a BAT

gewährt, die Probezeit beträgt 6 Monate.

§ 7

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt

40 Stunden.

§ 8

Das Arbeitsverhältnis endet am 28.02.1981, ohne

daß es einer Kündigung bedarf. Für eine Beendigung

vor diesem Zeitpunkt gelten die Vorschriften des

BAT.

§ 9

Das Beschäftigungsverhältnis als Wissenschaftliche

Hilfskraft endet im gegenseitigen Einvernehmen mit

Ablauf des 29.2.1980."

Dieser Vertrag ist im Februar 1981 für die Zeit bis zum 31. Dezember 1981 verlängert worden. Ab 1. Januar 1982 richtete sich das Arbeitsverhältnis nach dem bis zum 31. Dezember 1985 befristeten schriftlichen Arbeitsvertrag vom 5. Januar 1982. Dieser im übrigen mit dem oben wiedergegebenen Vertrag ohne den § 9 wortgleiche Vertrag bestimmt in § 2:

Die Einstellung erfolgt

im Rahmen der Förderung des wissenschaftlichen

Nachwuchses nach § 3 (1) WissHG

zur Mitarbeit in dem zeitlich begrenzten

Forschungsprojekt "Experimente zur visuellen

Reizverarbeitung".

Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. Dezember 1985 hinaus fortbesteht. Hierzu hat er vorgetragen, die Befristungen seiner Verträge seien mangels eines sachlichen Grundes unwirksam. So könne sich das beklagte Land für den am 11. April 1980 für die Zeit vom 1. März 1980 bis 28. Februar 1981 befristeten Arbeitsvertrag nicht darauf berufen, man habe, da die Stelle des Lehrstuhlinhabers vakant gewesen sei, dem neuen Lehrstuhlinhaber bei der Strukturierung der zugehörigen Aufgaben nicht vorgreifen wollen. Denn die insoweit bestehende Ungewißheit habe nicht zur Rechtfertigung der Befristung herangezogen werden können, zumal überhaupt nicht absehbar gewesen sei, wann der Lehrstuhl wieder besetzt sein werde. Die Befristung bis zum 28. Februar 1981 sei jedenfalls völlig willkürlich vorgenommen werden. Darüber hinaus ließen sich die Befristung sowie die nachfolgende Verlängerung bis zum 31. Dezember 1981 auch nicht damit rechtfertigen, daß sie zum Zwecke der Promotion erfolgt sei. Zwar werde im Einstellungsantrag vom 14. März 1980 darauf verwiesen, daß der Kläger die Promotion beabsichtige, doch seien, wie sich dem Antrag weiter entnehmen lasse, die dazugehörigen Arbeiten soweit fortgeschritten gewesen, daß er die noch ausstehenden Schritte außerhalb der Dienstzeit habe erbringen können. Dementsprechend habe § 4 des Arbeitsvertrages vom 11. April 1980 auch vorgesehen, daß er unmittelbar der Erlangung einer formalen Weiterqualifikation dienende Aufgaben grundsätzlich nur außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit habe erbringen dürfen. Eine nur mittelbare Unterstützung der Promotionsabsicht, etwa durch finanzielle Absicherung mittels eines festen Beschäftigungsverhältnisses, könne eine Befristung nicht rechtfertigen.

Fehle es damit an einem die Befristung rechtfertigenden Grund, könne das daran anschließende Arbeitsverhältnis nur als unbefristetes angesehen werden, ohne daß es auf einen später hinzutretenden Befristungsgrund ankomme. Auf den nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts maßgeblichen letzten befristeten Arbeitsvertrag komme es vorliegend schon deshalb nicht an, weil die Parteien bei Abschluß dieses Vertrages nicht davon ausgegangen seien, daß dadurch auf möglicherweise entstandene Rechte aus dem vorangegangenen Vertrag habe verzichtet werden sollen. Ein Verzicht des Klägers auf erworbene Rechte aus dem vorangegangenen Vertrag könne auch deswegen nicht angenommen werden, weil er nicht die Vorstellung und den Willen gehabt habe, mit der Zustimmung zu einem neuen befristeten Vertrag gleichzeitig einen vorher bestehenden unbefristeten Vertrag zu ersetzen oder aufzuheben. Er sei vielmehr nur davon ausgegangen, daß durch den Abschluß des Folgevertrages das zuvor für wirksam gehaltene befristete Arbeitsverhältnis verlängert werde, sich also ein neues befristetes Arbeitsverhältnis an das alte anschließe. Dementsprechend habe er - der Kläger - seine Willenserklärung zu dem Vertrag vom 5. Januar 1982 mit Schreiben vom 19. September 1986 hilfsweise für den Fall angefochten, daß seitens des Gerichts in dem Abschluß des Arbeitsvertrages vom 5. Januar 1982 gleichzeitig eine Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses gesehen werde.

Letztendlich fehle es aber auch am Vorliegen eines die Befristung des Arbeitsvertrages vom 5. Januar 1982 rechtfertigenden Grundes. Denn die Tätigkeit des Klägers im Rahmen dieses Vertrages sei nicht darauf ausgerichtet und auch nicht geeignet gewesen, eine vertiefte Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden und dadurch eine Erweiterung der wissenschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu ermöglichen. Die Beschäftigung habe vielmehr der Anwendung der von ihm im Rahmen des Projekts "Experimente zur visuellen Reizverarbeitung" in der Zeit vom 1. Mai 1977 bis 31. Dezember 1980 erarbeiteten Theorien im Hinblick auf jeweils praktische Fragestellungen gedient. Dann aber sei mit dem Arbeitsvertrag vom 5. Januar 1982 kein qualitativer Sprung zu einem höheren Niveau wissenschaftlicher Kenntnisse und Fertigkeiten verbunden gewesen. Nichts anderes gelte für die vom Kläger wahrgenommenen Lehraufgaben, da er Einführungsseminare für den ersten Studienabschnitt gehalten habe, die sich ständig wiederholten.

Der Kläger hat im ersten Rechtszuge beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen

den Parteien über den 31. Dezember 1985 hinaus zu

unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat erwidert, die Befristungen seien nicht unwirksam. Der Arbeitsvertrag vom 11. April 1980 sei befristet worden, um dem neuen Lehrstuhlinhaber bezüglich der Strukturierung der zugehörigen Aufgaben nicht vorzugreifen. Außerdem habe man dem Kläger die Durchführung des Promotionsverfahrens ermöglichen wollen. Dementsprechend habe der Arbeitsvertrag auch eine Beschäftigung mit der eigenen wissenschaftlichen Weiterbildung im Sinne von § 60 Abs. 3 Satz 2 WissHG dienenden Aufgaben oder Dienstleistungen vorgesehen. Dieser Vertrag sei dann bis zum 31. Dezember 1981 verlängert worden, während der Kläger im November 1981 das Promotionsverfahren habe abschließen können. Die anschließende Befristung des Arbeitsvertrages vom 5. Januar 1982 für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Dezember 1985 rechtfertige sich im Hinblick auf das zeitlich begrenzte Forschungsprojekt "Experimente zur visuellen Reizverarbeitung". Zu diesem Projekt sei es durch die in der Dissertation des Klägers vorgelegten Befunde gekommen, um dort erarbeitete Ergebnisse durch Experimente zu untermauern sowie zum Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion und Auseinandersetzung zu machen. Schon vor Vertragsabschluß habe der Lehrstuhlvertreter spezielle Vorgaben hinsichtlich des Forschungszieles und dessen inhaltlicher und zeitlicher Gestaltung entwickelt. Insoweit handele es sich nicht nur um allgemeine universitäre Forschungstätigkeit, sondern um ein konkretes Forschungsprojekt.

Darüber hinaus sei die Einstellung des Klägers im Rahmen der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erfolgt, wie § 3 des Arbeitsvertrages vom 5. Januar 1982 entnommen werden könne, in dem auf § 60 Abs. 3 Satz 2 WissHG verwiesen werde. Danach könnten wissenschaftliche Mitarbeiter sowohl im Beamtenverhältnis als auch im privatrechtlichen Dienstverhältnis beschäftigt werden. Dementsprechend werde ein Teil dieser Stellen durch Haushaltsgesetz befristet ausgewiesen und im Haushaltsplan in dieser Weise aufgeführt. Die einzelne Stelle werde wiederum auf der Grundlage des Etats durch das Rektorat der jeweiligen Abteilung zugewiesen. Auf einer solchen befristeten Stelle sei der Kläger beschäftigt und aus einer entsprechenden Haushaltsstelle vergütet worden. Weiterhin ergebe sich aus der den Universitäten obliegenden Nachwuchsförderung in Form der Ermöglichung der speziellen Weiterbildung, daß der Zeitraum nicht beliebig ausgedehnt werden könne; vielmehr könne dieser gesetzliche Auftrag nur erfüllt werden, wenn möglichst viele Hochschulabsolventen befristet eingestellt und entsprechend gefördert werden könnten.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt.

In zweiter Instanz hat der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom

3. Mai 1983 mit der Maßgabe aufrechtzuer-

halten, daß festgestellt wird, daß das

Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien

nicht aufgrund der Vertragsbefristung mit

dem 31. Dezember 1985 beendet wird,

2. im Wege der Anschlußberufung festzustellen,

daß das Arbeitsverhältnis zwischen den

Parteien auch nicht durch die in der Beru-

fungsbegründung und im Schreiben der

Universität B vom 8. Dezember 1983

erklärten Anfechtungen des Arbeitsvertrages

beendet worden ist.

Demgegenüber hat das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom

3. Mai 1983 abzuändern und unter gleichzei-

tiger Zurückweisung der Anschlußberufung des

Klägers die Klage abzuweisen.

Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn das Arbeitsverhältnis hat aufgrund rechtswirksamer Befristung mit dem 31. Dezember 1985 geendet. In dieser Klageabweisung enthalten ist die Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers, denn durch sie hatte der Kläger sein Klagebegehren nur auf einen weiteren rechtlichen Gesichtspunkt ausgedehnt.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Entscheidung des Rechtsstreits allein davon abhängt, ob der letzte zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 5. Januar 1982 rechtswirksam befristet worden ist.

1. Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Senats (BAGE 49, 73, 79, 80; 50, 298, 307; 51, 319, 323, 324 = AP Nr. 97, 100, 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG Urteil vom 21. Januar 1987 - 7 AZR 265/85 - AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule) ist bei mehreren aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu prüfen; ob die vorangegangenen Verträge wirksam befristet waren, ist grundsätzlich unerheblich. Durch den vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Des neuen Arbeitsvertrages hätte es nicht bedurft, wenn die Befristung des vorangegangenen Vertrages unwirksam gewesen wäre, sich die Parteien deshalb bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden hätten und sie dieses aufrechterhalten wollten. Ein unbefristetes und ein befristetes Arbeitsverhältnis mit sonst gleichem Inhalt können nicht nebeneinander bestehen; beide schließen sich gegenseitig aus. Deshalb liegt in dem vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages zugleich notwendig die Aufhebung eines früheren unbefristeten Arbeitsvertrages.

Will der Arbeitnehmer dieses Ergebnis vermeiden und sich seine Rechte aus einer etwaigen Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrages sichern, so muß er mit dem Arbeitgeber einen entsprechenden Vorbehalt dergestalt vereinbaren, daß der neue befristete Vertrag nur gelten soll, wenn die Parteien nicht schon aufgrund des vorangegangenen Vertrages in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Im vorliegenden Falle haben die Parteien eine solche Rechtsbedingung, die eine Prüfung der Befristung des vorangegangenen Vertrages ermöglicht hätte, jedoch nicht vereinbart.

2. Wie das Landesarbeitsgericht mit Recht angenommen hat, kann der Kläger eine Ausdehnung der Befristungskontrolle auf die vorangegangenen Arbeitsverträge auch nicht dadurch erreichen, daß er seine zu den Arbeitsverträgen vom 5. Januar 1982 und vom 11. April 1980 führenden Willenserklärungen mit der Begründung angefochten hat, er habe abweichend vom objektiven Erklärungswert seiner rechtsgeschäftlichen Erklärungen nicht die Vorstellung und den Willen gehabt, mit der Zustimmung zu einem neuen befristeten Vertrag gleichzeitig einen vorher bestehenden unbefristeten Vertrag aufzuheben und auf einen tatsächlich bereits erworbenen Kündigungsschutz zu verzichten. Denn damit hat der Kläger nicht die Voraussetzungen eines nach § 119 Abs. 1 BGB beachtlichen Inhaltsirrtums, sondern lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum über die Rechtsfolgen seiner Erklärung vorgetragen.

Zwar kann auch ein Irrtum über die Rechtsfolgen eines Rechtsgeschäfts ausnahmsweise dann zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB wegen Irrtums über den Inhalt der Erklärung berechtigen, wenn diese Rechtsfolgen selbst Inhalt der rechtsgeschäftlichen Erklärung sind, wenn also die Rechtsfolge kraft des auf sie gerichteten Willens eintreten soll (vgl. BAG Urteil vom 16. Februar 1983 - 7 AZR 134/81 - AP Nr. 22 zu § 123 BGB). Ein als Inhaltsirrtum beachtlicher Rechtsfolgenirrtum liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn das Rechtsgeschäft infolge Verkennung seiner rechtlichen Bedeutung eine von der gewollten wesentlich verschiedene Rechtswirkung herbeiführt, nicht aber, wenn ein irrtumsfrei erklärtes und gewolltes Rechtsgeschäft außer der erstrebten Wirkung noch andere nicht erkannte und nicht gewollte Nebenfolgen hervorbringt (RGZ 134, 195, 197, 198).

Die mit dem vorbehaltlosen Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages verbundene Auflösung eines bis dahin bestehenden unbefristeten Arbeitsvertrages tritt unabhängig von einem hierauf gerichteten Willen der Arbeitsvertragsparteien ein. Sie ist vielmehr die zwingende Folge der in dem neuen Vertrag getroffenen Befristungsvereinbarung, weil ein befristeter und ein unbefristeter Arbeitsvertrag sonst gleichen Inhalts nicht nebeneinander bestehen können, sondern sich gegenseitig ausschließen. Der neue befristete Vertrag tritt an die Stelle eines früheren unbefristeten Vertrages und bewirkt damit als automatische Rechtsfolge dessen Auflösung. Es handelt sich hierbei um eine bloße rechtliche Nebenfolge des vorbehaltlosen Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrages, den auch der Kläger mit der vereinbarten Befristung so abschließen wollte. Der behauptete Irrtum des Klägers bezieht sich nicht auf den Inhalt des befristeten Arbeitsvertrages selbst, sondern auf das Motiv des Klägers für den Abschluß dieses befristeten Vertrages, wenn er hierbei irrtümlich davon ausging, der vorangegangene Vertrag laufe infolge der darin vereinbarten Befristung aus. Ein solcher Motivirrtum kann eine Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB nicht begründen.

II. Das Landesarbeitsgericht hat auch rechtsfehlerfrei erkannt, daß die Befristung des letzten Arbeitsvertrages vom 5. Januar 1982 rechtswirksam ist.

1. Bei dieser Würdigung ist das Landesarbeitsgericht erkennbar von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (vgl. z.B. BAGE 42, 203, 207 = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe, m.w.N.) ausgegangen und hat dann im wesentlichen ausgeführt, die Befristung sei auf der Grundlage des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Februar 1986 (BAGE 51, 119 = AP Nr. 1 zu § 620 BGB Hochschule) sachlich gerechtfertigt. Es sei nicht erkennbar, daß dem als wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellten Kläger andere Tätigkeiten übertragen worden seien als solche, die eine Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragestellungen, Arbeitsweisen und Methoden erforderten. Allein schon die vom Kläger im Rahmen der Lehre mit der Leitung der Einführungsseminare in Allgemeiner Psychologie I wahrgenommenen Aufgaben seien als wissenschaftliche Tätigkeit zu werten, die auch der Vertiefung der wissenschaftlichen Qualifikation des Klägers gedient habe. Wenn sich auch die dabei abzuhandelnden Themenkreise ständig wiederholt hätten, sei nicht zu verkennen, daß die so vorzunehmende Vermittlung wissenschaftlicher Arbeitsergebnisse auch zu der wissenschaftlichen Tätigkeit eines Hochschullehrers gehöre. Eine so zu vertiefende Kenntnis des Standes der Wissenschaft und ihrer Methodik setze voraus, daß diese Kenntnis ständig dem aktuellen Wissenschaftsstand angepaßt werde. Hinzu komme die Mitarbeit des Klägers an dem zeitlich begrenzten Forschungsprojekt, das Teil allgemeiner universitärer Forschungstätigkeit gewesen sei und die methodische Durchdringung der in Experimenten gefundenen Arbeitsergebnisse habe darstellen sollen. Auch die Befristungsdauer des letzten Vertrages sei nicht zu beanstanden. Der dem beklagten Land insoweit zustehende Beurteilungsspielraum sei weder überschritten noch seien Fehler bei der Beurteilung erkennbar; der Zeitraum von vier Jahren halte sich im Rahmen des Vertretbaren.

2. Entgegen den Angriffen der Revision hat das Landesarbeitsgericht damit die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Befristungsgrund der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses rechtsfehlerfrei (und insbesondere ohne Verfahrensverstoß, § 565 a ZPO) auf den Entscheidungsfall angewandt.

a) Nach dieser durch das Senatsurteil vom 12. Februar 1986 (aaO) begründeten und seitdem wiederholt bestätigten Rechtsprechung (vgl. z.B. unveröffentlichte Senatsurteile vom 12. März 1986 - 7 AZR 520/84 -, vom 28. Mai 1986 - 7 AZR 620/84 -, vom 20. Juni 1986 - 7 AZR 18/85 -, vom 13. August 1986 - 7 AZR 75/85 - und vom 5. September 1986 - 7 AZR 177/85 - sowie das zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 12. Dezember 1986 - 7 AZR 385/85 -) kann die den Hochschulen gesetzlich zugewiesene Aufgabe der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses die Befristung des Arbeitsvertrages mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter sachlich rechtfertigen. Dabei ist eine von vornherein auf eine bestimmte formale wissenschaftliche Qualifikation ausgerichtete Tätigkeit nicht erforderlich. Es genügt, wenn dem wissenschaftlichen Mitarbeiter aufgrund seiner vertraglichen Tätigkeit, insbesondere auch aufgrund seiner Mitarbeit an Forschungsprojekten eines Hochschullehrers, eine vertiefte (d.h. über den während des Studiums üblichen Rahmen hinausgehende) Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragestellungen, Arbeitsweisen und Methoden ermöglicht wird und er sich hierdurch über die im Studium bereits erworbenen Kenntnisse hinaus wissenschaftlich fort- und weiterbilden kann.

b) Die Würdigung des Tatsachenrichters, ob die Befristung eines Arbeitsvertrages sachlich gerechtfertigt ist, kann vom Revisionsgericht nur beschränkt nachgeprüft werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG Urteil vom 22. März 1985 - 7 AZR 487/84 - AP Nr. 89 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 der Gründe, m.w.N.). Bei dem Begriff des sachlichen Grundes für eine Befristung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Eine im Revisionsverfahren nachprüfbare Rechtsverletzung liegt insoweit nur vor, wenn das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen hat.

c) Derartige Rechtsfehler sind weder von der Revision aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Schon angesichts des Arbeitsvertrages vom 5. Januar 1982 kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Zweck des Arbeitsverhältnisses zumindest auch darin bestand, dem Kläger im Rahmen der den Hochschulen obliegenden Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eine vertiefte Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragestellungen, Arbeitsweisen und Methoden zu ermöglichen, um sich wissenschaftlich fort- und weiterzubilden. Insoweit kommt es allein auf die bei Vertragsabschluß vorliegenden Umstände an. Überdies ist der Kläger nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen auch tatsächlich mit den dem Vertragszweck entsprechenden Tätigkeiten beschäftigt worden. Insoweit verweist das Landesarbeitsgericht zu Recht auf die dem Kläger übertragene Leitung der Einführungsseminare in Allgemeiner Psychologie, womit dem Kläger zumindest die Möglichkeit gegeben wurde, Erfahrungen in der wissenschaftlichen Lehrtätigkeit zu sammeln. Darüber hinaus ist der Kläger im Rahmen des Projekts "Experimente zur visuellen Reizverarbeitung" eingesetzt worden, das Teil der allgemeinen universitären Forschungstätigkeit ist und die Aufgabe hatte, die in Experimenten gefundenen Arbeitsergebnisse methodisch zu durchdringen. Damit konnte sich der Kläger über die ihm im Rahmen seines Studiums gebotenen Möglichkeiten hinaus und somit vertieft mit wissenschaftlichen Fragestellungen, Arbeitsweisen und Methoden beschäftigen. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf abgestellt, daß es sich um ein "zeitlich begrenztes Forschungsprojekt" gehandelt habe, sondern darauf, daß es Teil der allgemeinen universitären Forschungstätigkeit gewesen sei und deshalb die Aufgabe gehabt habe, die methodische Durchdringung der im Experiment gefundenen Arbeitsergebnisse darzustellen.

Auch die vereinbarte Dauer des Arbeitsverhältnisses von vier Jahren steht nicht im Widerspruch zu dem Befristungsgrund der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Zwar war der Kläger insgesamt erheblich länger als fünf Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt worden. Insoweit kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger erst im November 1981 das Promotionsverfahren abgeschlossen hat, nachdem das bis 28. Februar 1981 befristete Arbeitsverhältnis bis zum 31. Dezember 1981 verlängert worden war; erst hieran schloß sich das letzte auf vier Jahre befristete Arbeitsverhältnis an. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts befindet sich daher auch in grundsätzlicher Übereinstimmung mit der gesetzlichen Wertung des - für den Entscheidungsfall allerdings noch nicht geltenden - § 57 c Abs. 3 Hochschulrahmengesetz, nach dem Zeiten eines befristeten Arbeitsvertrages, der Gelegenheit zur Vorbereitung einer Promotion gibt, auf die fünfjährige Höchstdauer des § 57 c Abs. 2 Hochschulrahmengesetz nicht anzurechnen sind.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Seidensticker Schliemann Dr. Steckhan

Dr. Blaeser Jubelgas

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441060

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