Entscheidungsstichwort (Thema)

Jubiläumszuwendung - Teilzeitbeschäftigte

 

Orientierungssatz

Parallelverfahren zu BAG Urteil vom 22.5.1996 - 10 AZR 618/95.

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 12.09.1995; Aktenzeichen 3 Sa 54/95)

ArbG Berlin (Urteil vom 03.02.1995; Aktenzeichen 68 Ca 31947/94)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der teilzeitbeschäftigten Klägerin eine volle tarifliche Jubiläumszuwendung zusteht.

Die Klägerin ist seit dem 1. Juli 1969 bei dem beklagten Land als Angestellte beschäftigt. Sie war bis zum 13. März 1983 vollzeitbeschäftigt, seit dem 14. März 1983 ist sie teilzeitbeschäftigt, zuletzt mit 75 % der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.

In § 39 BAT ist - soweit vorliegend von Interesse - folgendes geregelt:

"§ 39

Jubiläumszuwendung

(1) Die Angestellten des Bundes und der Länder

erhalten als Jubiläumszuwendung bei Vollen-

dung einer Dienstzeit (§ 20)

von 25 Jahren 600,-- DM,

von 40 Jahren 800,-- DM,

von 50 Jahren 1000,-- DM.

Zur Dienstzeit i.S. des Satzes 1 rechnen ...

Zeiten in einem Beschäftigungs- oder Ausbil-

dungsverhältnis mit weniger als der durch-

schnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Ar-

beitszeit werden in vollem Umfange berücksich-

tigt. Nichtvollbeschäftigte erhalten von der

Jubiläumszuwendung den Teil, der dem Maß der

mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Ar-

beitszeit entspricht.

..."

Nachdem die Klägerin Ende Juni 1994 eine Jubiläumsdienstzeit von 25 Jahren vollendet hatte, zahlte ihr das beklagte Land eine anteilige Jubiläumszuwendung entsprechend ihrer Arbeitszeit am Tag der Vollendung der maßgebenden Jubiläumsdienstzeit in Höhe von 450,00 DM (= 75 % des vollen Betrages von 600,00 DM).

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe auch als Teilzeitkraft die Jubiläumszuwendung in voller Höhe zu.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie

150,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. November

1994 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das beklagte Land ist der Ansicht, für die Höhe der Jubiläumszuwendung sei nach § 39 Abs. 1 BAT die Arbeitszeit der Klägerin im Zeitpunkt der Vollendung der Jubiläumsdienstzeit maßgeblich. Diese Regelung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Das beklagte Land beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie hat Anspruch auf eine volle Jubiläumszuwendung in Höhe von 600,00 DM.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, nach § 39 Abs. 1 BAT stehe der Klägerin als Teilzeitbeschäftigte nur eine anteilige Jubiläumszuwendung zu. Die tarifliche Bestimmung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.

Dem kann der Senat nicht folgen.

II. Die Regelung des § 39 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 2 BAT, daß nichtvollbeschäftigte Angestellte nur eine anteilige Jubiläumszuwendung erhalten, verstößt gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und ist demnach gemäß § 134 BGB nichtig.

1. Nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Dabei hat das "Behandeln" im Sinne des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nicht die Rechtsform, sondern die Rechtserheblichkeit des Arbeitgeberverhaltens im Auge.

Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich somit sowohl auf einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers als auch auf vertragliche Abmachungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Des weiteren ist auch die Behandlung von Arbeitnehmern auf Grund von Tarifverträgen dem Benachteiligungsverbot unterworfen. Insbesondere gestattet es die Tariföffnungsklausel des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 den Tarifvertragsparteien nicht, vom Grundsatz der Gleichbehandlung, wie er in § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 konkretisiert ist, abzuweichen (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. BAG Urteil vom 23. Juni 1993 - 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT, m.w.N.).

Demnach muß auch eine unterschiedliche Behandlung von teilzeit- und vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern auf Grund tarifvertraglicher Regelungen nach § 2 Abs. 1 2. Halbsatz BeschFG 1985 durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein.

2. Die Klägerin wird wegen ihrer Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Angestellten dadurch benachteiligt, daß ihr nach § 39 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 2 BAT alleine deshalb nur der Teil der Jubiläumszuwendung gewährt wird, "der dem Maß der mit ihr vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht", weil sie zum Zeitpunkt der Vollendung ihres Jubiläumsdienstalters nicht vollbeschäftigt war.

3. Diese Benachteiligung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

So rechtfertigt insbesondere der Sinn und Zweck der gewährten Jubiläumszuwendung keine Ungleichbehandlung.

a) Die Zahlung einer Zuwendung durch den Arbeitgeber nach Vollendung einer bestimmten Dienstzeit stellt grundsätzlich eine einmalige Leistung des Arbeitgebers im Hinblick auf die erbrachte Betriebstreue dar (vgl. BAG Urteil vom 10. Februar 1993 - 10 AZR 207/91 - AP Nr. 149 zu § 611 BGB Gratifikation).

Dies gilt auch für die Jubiläumszuwendung nach dem BAT. Auch diese ist eine Belohnung für die besondere Treue des Angestellten zum öffentlichen Arbeitgeber (vgl. Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, Stand: Februar 1996, BAT, § 39 Erl. 1) und stellt somit einen Ausdruck der Anerkennung für eine langjährige Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst dar (vgl. Crisolli/Ramdohr, BAT, Stand: April 1996, § 39 Erl. 1; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand: April 1996, § 39 Rz 1).

b) Die Tarifvertragsparteien machen die Höhe der Jubiläumszuwendung auch nicht vom früheren oder jetzigen Verdienst des Angestellten abhängig. Dadurch wird klar, daß nach Sinn und Zweck der Jubiläumszuwendung die Art und Weise sowie die Wertigkeit der vom Angestellten im Bezugszeitraum erbrachten Dienste durch die Jubiläumszuwendung nicht mithonoriert werden sollen.

c) Auch ist Voraussetzung für die Gewährung der Jubiläumszuwendung alleine das Zurücklegen einer bestimmten Dienstzeit, ohne daß es darauf ankommt, in welchem Umfange der Angestellte während dieser Dienstzeit für den öffentlichen Arbeitgeber Arbeitsleistungen erbracht hat. So stellt § 39 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT als Anspruchsvoraussetzung für eine Jubiläumszuwendung ausschließlich auf die Dauer der vollendeten Dienstzeit im Sinne des § 20 BAT ab. Als Beschäftigungszeiten im Sinne des § 19 BAT zählen zu diesen Dienstzeiten auch Beurlaubungen des Angestellten im dienstlichen Interesse, § 50 Abs. 2 BAT, und der Erziehungsurlaub (bzw. der frühere Mutterschaftsurlaub) (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand: April 1996, § 19 Rz 27; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler, BAT, Stand: Februar 1996, § 19 Erl. 4; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand: Januar 1996, § 19 Erl. 8). Somit werden durch die Jubiläumszuwendung auch Zeiten, in denen der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbracht hat und in denen ggf. das Arbeitsverhältnis sogar - wie beim Erziehungsurlaub - geruht hat, honoriert.

Dadurch kommt ebenfalls zum Ausdruck, daß Sinn und Zweck der tariflichen Jubiläumszuwendung ausschließlich die Anerkennung für den langjährigen Bestand eines Arbeitsverhältnisses und die damit durch den Angestellten erwiesene Treue zum öffentlichen Dienst ist und daß mit der Zuwendung keine Honorierung für Art, Wertigkeit und Umfang der geleisteten Dienste bezweckt wird.

Diese Treue zum öffentlichen Dienst haben aber Teilzeitkräfte in gleicher Weise wie Vollzeitbeschäftigte erbracht, wenn sie die in § 39 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT geforderte Dienstzeit vollendet haben. Deshalb rechtfertigt sich insoweit keine Ungleichbehandlung gegenüber den vollzeitbeschäftigten Angestellten.

4. Ist damit die anteilige Kürzung der Jubiläumszuwendung für Teilzeitbeschäftigte entsprechend dem tatsächlichen Umfang ihrer Beschäftigung wegen Fehlens eines sachlichen Grundes im Sinne des § 2 Abs. 1 2. Halbsatz BeschFG 1985 nichtig, ist die Klägerin nach der für Vollzeitbeschäftigte geltenden Regelung zu behandeln (vgl. BAG Urteil vom 27. Juli 1994 - 10 AZR 538/93 - AP Nr. 37 zu § 2 BeschFG 1985; BAG Urteil vom 17. Juni 1993 - 6 AZR 620/92 - BAGE 73, 262 = AP Nr. 32 zu § 2 BeschFG 1985, m.w.N.).

Die Klägerin hat somit Anspruch auf die Jubiläumszuwendung in voller Höhe, so daß ihre Klage auf die eingeklagte Differenz in der unstreitigen Höhe von 150,00 DM begründet ist.

Auf die Revision der Klägerin war demnach die entgegenstehende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Berufung des beklagten Landes gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Matthes Hauck Böck

Enck Großmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 436673

DStR 1996, 1823 (K)

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