Leitsatz (redaktionell)

Die tariflichen Regelungen, nach denen der Anspruch auf Übergangsgeld und anteilige Sonderzuwendung bei eigener Kündigung durch die Angestellte nur dann erhalten bleibt, wenn die Kündigung "wegen Niederkunft in den letzten drei Monaten" erfolgt, sind durch die Einführung des Mutterschaftsurlaubs nicht lückenhaft geworden.

 

Normenkette

BAT § 62; MTA § 62; ZuwAngTVtr § 1 Abs. 2 Nr. 4 b; MuSchG § 8a Fassung: 1979-06-27, § 10 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1979-06-27

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 24.02.1981; Aktenzeichen 19 Sa 652/80)

ArbG Köln (Entscheidung vom 16.09.1980; Aktenzeichen 1 Ca 2056/80)

 

Tatbestand

Die Klägerin war seit dem 1. August 1973 als Verwaltungsangestellte bei dem Arbeitsamt Köln beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (Zuwendungstarifvertrag) vom 17. Dezember 1973 Anwendung.

Am 20. Mai 1979 wurde die Klägerin von einem Sohn entbunden. Im Anschluß an die Mutterschutzfrist nahm sie bis zum 19. November 1979 Mutterschaftsurlaub in Anspruch. Mit Schreiben vom 19. Oktober 1979 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis für die Zeit nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs.

Auf ihre Anfrage vom 7. November 1979, in welcher Höhe ihr Übergangsgeld und eine anteilige Weihnachtszuwendung zustünden, teilte das Arbeitsamt Köln der Klägerin mit Schreiben vom 28. November 1979 unter Hinweis auf § 62 MTA und § 1 Abs. 2 Zuwendungstarifvertrag mit, daß sie keinen Anspruch auf diese Leistungen habe.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte handele treuwidrig, wenn sie sich unter Hinweis auf die einschlägigen tarifvertraglichen Vorschriften darauf berufe, die Klägerin habe die Kündigung später als drei Monate nach der Niederkunft ausgesprochen. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten die Ursache dafür gesetzt, daß die Klägerin nicht innerhalb von drei Monaten nach der Niederkunft gekündigt habe. Aus der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die Dreimonatsfrist hinzuweisen. Nach Einführung des Mutterschaftsurlaubs habe Rechtsunsicherheit darüber bestanden, ob es bei der Dreimonatsfrist verbleibe oder ob die privilegierte Kündigung bis sieben Monate nach der Niederkunft ausgesprochen werden könne. Die Fristenregelung sei seinerzeit zu Gunsten der jungen Mutter in den Tarifvertrag aufgenommen worden, weil man es ihr habe ermöglichen wollen, nach Rückkehr aus dem Schwangerschaftsurlaub und Wiederaufnahme der Tätigkeit noch etwa vier Wochen in der Praxis zu erproben, ob sie ihren Arbeitsplatz neben den Aufgaben als Mutter noch ausfüllen könne. Dieses Recht müsse der Mutter auch nach Neueinführung des Mutterschaftsurlaubs zustehen, ohne daß sie einen Rechtsverlust erleide.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.191,54 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die tariflichen Ausschlußfristen hinzuweisen. Diese seien auch dann anzuwenden, wenn der Anspruchsberechtigte sie nicht gekannt habe. Daran ändere auch nichts, daß einige Mitarbeiter der Personalstelle aus eigener Initiative seit Ende 1979 von sich aus die betreffenden Angestellten auf die einschlägigen tariflichen Fristen hingewiesen hätten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Nach den tariflichen Regelungen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Übergangsgeld und anteilige Jahreszuwendung für 1979 (A). Der eingeklagte Betrag steht ihr auch nicht als Schadenersatzanspruch zu (B).

A. Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen nicht, die die einschlägigen Tarifverträge an die Zahlung des Übergangsgeldes und der Jahreszuwendung stellen.

I.1. Die Grundlage für das von der Klägerin begehrte Übergangsgeld findet sich in § 62 des Manteltarifvertrags für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA), der gleichlautend ist mit § 62 BAT. Danach erhält der vollbeschäftigte Angestellte, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 21. Lebensjahr vollendet hat und mindestens ein Jahr in einem ununterbrochenen Angestelltenverhältnis gestanden hat, beim Ausscheiden ein Übergangsgeld. Jedoch wird nach § 62 Abs. 2 das Übergangsgeld nicht gewährt, wenn u.a. der Angestellte gekündigt hat oder das Arbeitsverhältnis durch Auflösungsvertrag beendet ist. Nach § 62 Abs. 3 gilt hiervon eine Ausnahme für die Angestellte, die wegen Schwangerschaft oder Niederkunft in den letzten drei Monaten gekündigt oder einen Auflösungsvertrag geschlossen hat.

2. Voraussetzung für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 17. Dezember 1973 ist, daß der Angestellte am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht, eine bestimmte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses aufzuweisen hat und nicht bis 31. März des folgenden Kalenderjahres auf eigenen Wunsch ausscheidet. Angestellte, die bis zum 30. November ausgeschieden sind, erhalten unter näher festgelegten Voraussetzungen eine anteilige Leistung. Aus diesen Regelungen folgt, daß die Sonderzuwendung grundsätzlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember und dessen Fortbestand bis 31. März des Folgejahres voraussetzt. Damit wird für die Sonderzuwendung Betriebsbindung erwartet. Soweit die tariflichen Bestimmungen hiervon absehen, handelt es sich um Ausnahmebestimmungen, die deshalb nur in den vom Tarifvertrag normierten Fällen zum Zuge kommen können. Der Ausnahmetatbestand, der im vorliegenden Fall in Betracht kommt, ist in § 1 Abs. 2 Nr. 4 b ZuwendungsTV niedergelegt. Danach erhält die Angestellte, deren Arbeitsverhältnis spätestens mit Ablauf des 30. November endet, wenn sie mindestens vom Beginn des Kalenderjahres an ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gestanden hat, eine Zuwendung, wenn sie wegen Niederkunft in den letzten drei Monaten gekündigt oder einen Auflösungsvertrag geschlossen hat.

II.1. Die Klägerin hat das Arbeitsverhältnis gekündigt. Deshalb stand ihr an sich weder ein Übergangsgeld noch eine anteilige Zuwendung nach den entsprechenden tariflichen Bestimmungen zu. Die Klägerin hat die Voraussetzungen der in beiden Tarifverträgen genannten Ausnahmetatbestände nicht erfüllt. Sie hat ihre Kündigung nicht innerhalb von drei Monaten nach der Niederkunft ausgesprochen.

2. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagten sei es verwehrt, sich auf "die Versäumung der tariflichen Verfallfristen" zu berufen. Sie hat dabei auf die Rechtsprechung zu den Ausschlußfristen verwiesen.

Mit dieser Auffassung kann die Klägerin keinen Erfolg haben. Es geht vorliegend nicht um Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Ansprüche. Die Tarifverträge haben vielmehr Tatbestandsvoraussetzungen festgelegt, die erfüllt sein müssen, um den tariflichen Anspruch auf Zuwendung oder Übergangsgeld zu begründen. Soweit die Klägerin bemängelt, die Beklagte habe sie nicht auf die privilegierte Kündigungsfrist hingewiesen, kann es lediglich darauf ankommen, ob die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin über das von ihr zu beobachtende Verhalten zu belehren und ob hieraus Schadenersatzansprüche folgen. Hierzu wird auf die Ausführungen unter B verwiesen.

III.1. Die tariflichen Regelungen, nach denen die Ansprüche auf Übergangsgeld und anteilige Sonderzuwendung bei eigener Kündigung durch die Angestellte nur dann erhalten bleiben, wenn die Kündigung "wegen Niederkunft in den letzten drei Monaten" erfolgt, sind durch die Änderung des Mutterschutzgesetzes nicht lückenhaft geworden.

a) Durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Mutterschutzgesetzes vom 27. Juni 1979 (BGBl. I S. 823) ist der Mutterschaftsurlaub eingeführt worden. Danach haben Mütter Anspruch auf Mutterschaftsurlaub im Anschluß an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG bis zu dem Tag, an dem das Kind sechs Monate alt wird. Diesen Urlaub muß die Mutter spätestens vier Wochen vor Ablauf der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG verlangen (§ 8 a MuSchG). Gleichzeitig wurde durch den neu eingeführten § 10 Abs. 1 Satz 2 MuSchG der Mutter ermöglicht, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende ihres Mutterschaftsurlaubs zu kündigen, soweit nicht eine kürzere Kündigungsfrist gilt. Bestehen geblieben ist die schon vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen am 1. Juli 1979 gegebene Kündigungsmöglichkeit zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung.

b) Der Mutterschaftsurlaub soll die berufstätige Frau in die Lage versetzen, wenigstens in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes sich ebenso wie die nicht im Erwerbsleben stehende Mutter ohne Belastung durch berufliche Pflichten ihrem Kind zu widmen. Hieraus ergeben sich jedoch keine Rückwirkungen für die im Zuwendungstarifvertrag und in § 62 MTA eingeräumte privilegierte Kündigung, die für den Erhalt der Zuwendung und des Übergangsgeldes unschädlich ist.

2. Die Ausnahmeregelungen in den Tarifbestimmungen sollen nach ihrem Sinn und Zweck der Mutter nicht die Prüfung ermöglichen, ob sie Kindeserziehung und Arbeitstätigkeit miteinander vereinbaren kann; vielmehr soll der Belastung der Mutter durch die Niederkunft Rechnung getragen werden. Der Vierte Senat hat in seinem Urteil vom 20. März 1974 (4 AZR 274/73 - AP Nr. 1 zu § 62 BAT mit zust. Anm. von Zängl) hierzu ausgeführt, tarifpolitisch habe nicht der Gedanke der Erziehung des Kindes durch die Mutter und die Aufrechterhaltung der besonderen Mutter-Kind-Beziehungen im Vordergrund gestanden, sondern die Belastung durch die Niederkunft als solche. Sonst wäre es nicht sinnvoll gewesen, den Anspruch nur dann zu gewähren, wenn die Niederkunft nicht länger als drei Monate zurückliegt. Dieser Erwägung ist zu folgen. Das gilt insbesondere, wenn man den weiteren Ausnahmetatbestand, daß nämlich auch eine Kündigung während der Schwangerschaft unschädlich sein soll, mit berücksichtigt. In diesem Fall spielt die Kindeserziehung ebenfalls keine Rolle.

Im übrigen muß man in der von den Tarifvertragsparteien eingeführten Regelung, bei der sich die von der Arbeitnehmerin ausgehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Übergangsgeld und Sonderzuwendung nicht nachteilig auswirken soll, einen Anreiz sehen, den Beruf wegen der bevorstehenden oder erfolgten Geburt eines Kindes aufzugeben. Deshalb knüpfen die tariflichen Bestimmungen daran an, daß eine Schwangerschaft oder die Niederkunft vorliegen und die Kündigung veranlaßt haben. Wenn die Frau noch bis zu drei Monaten nach der Niederkunft die Kündigung aussprechen kann, so ist ihr damit eine Überlegungsfrist eingeräumt worden, deren Länge die Tarifvertragsparteien in diesem Ausmaß für angemessen angesehen haben. Im Gegensatz hierzu soll der Mutterschaftsurlaub es der Frau erleichtern, ihre Berufstätigkeit fortzusetzen, indem ihr die volle Hinwendung zum Kinde während dessen ersten Lebenshalbjahres durch den Mutterschaftsurlaub unter Fortzahlung des Mutterschaftsgeldes eröffnet wird.

Bei dieser Wertung liegt in der Einführung des Mutterschaftsurlaubs ein anderer Sachverhalt mit anderer Zielrichtung vor als der, der in den tariflichen Regelungen über die hier streitigen Ansprüche erfaßt worden ist.

3. Hinzu kommt folgendes:

a) Die tarifliche Regelung hat auch vor Einführung des Mutterschaftsurlaubs die Drei-Monats-Frist für die Kündigung unabhängig von den nach dem Mutterschutzgesetz geltenden Regelungen für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses festgelegt. Die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG mit dem absoluten Beschäftigungsverbot endet grundsätzlich acht Wochen nach der Entbindung. Die Kündigung, die zum Erhalt der Ansprüche auf Zuwendung und Übergangsgeld führt, konnte die Mutter noch bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Entbindung aussprechen. Da dabei dann die Kündigungsfristen noch einzuhalten waren, die sich aus § 53 BAT oder den entsprechenden Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst ergeben, mußte die Frau unter Umständen noch längere Zeit ihrer Beschäftigung nachgehen. Die Kündigungsfrist beträgt z.B. bei einer Beschäftigungszeit zwischen einem Jahr und fünf Jahren sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Auch dies deutet darauf hin, daß die Hinwendung zur Kindeserziehung nicht das Motiv dafür gewesen sein kann, die Kündigung bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Entbindung zu privilegieren. Wenn durch den Mutterschaftsurlaub die Kindesbetreuung bis zum Ablauf des sechsten Monats nach der Geburt ermöglicht werden soll, so berührt dies nicht die Frage, ob die Frau sich wegen der Niederkunft in den drei Monaten danach zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entschließt oder nicht.

b) Die tariflichen Regelungen sind auch nicht in einen Wertungswiderspruch zu den Bestimmungen über den Mutterschaftsurlaub geraten. Es ist nicht richtig, wenn die Klägerin geltend macht, der Tarifvertrag habe es der Mutter ermöglichen wollen, nach Ablauf der Schutzfrist durch Aufnahme ihrer Tätigkeit zu erproben, ob Beschäftigung und Kindesbetreuung miteinander zu vereinbaren sind. Denn es konnte nicht in allen Fällen vor Ablauf der drei Monate erprobt werden, ob Berufstätigkeit und Kindesbetreuung miteinander zu vereinbaren sind. So beträgt beispielsweise die Schutzfrist nach § 6 Abs. 1 Satz 2 MuSchG für Mütter nach Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen; deshalb steht bis zum Ablauf der Drei-Monats-Frist nur noch eine Arbeitswoche zur Verfügung. Wenn daher bei Inanspruchnahme des Mutterschaftsurlaubs die Kündigung ausgesprochen sein muß, bevor nach der Entbindung eine Tätigkeit wieder aufgenommen wurde, so beeinträchtigt dies die Stellung der Frauen nicht.

c) Verkürzt wird durch die tariflichen Regelungen zu Lasten der Frau nur die Überlegungsfrist, ob sie ihr Arbeitsverhältnis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs mit der durch § 10 Abs. 1 Satz 2 MuSchG eingeräumten besonderen Kündigungsmöglichkeit beenden will. Die genannte Regelung ermöglicht der Frau, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat das Arbeitsverhältnis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs zu kündigen. Will sie ihre Rechte aus dem Zuwendungstarif und aus § 62 MTA bzw. BAT nicht verlieren, muß sie schon zwei Monate früher ihre Kündigung aussprechen, sofern sie es nicht bei einer Kündigung belassen will, die mit den für die ordentliche Kündigung für sie geltenden Fristen zu erklären ist. Auch insoweit haben die Bestimmungen über den Mutterschaftsurlaub und die Regelungen über die tariflichen Leistungen unterschiedliche Regelungsinhalte; sie bestehen daher unabhängig nebeneinander.

4. Die Regelungen über den Mutterschaftsurlaub haben daher nicht zu einer Tariflücke in der Frage der Kündigungsmöglichkeit nach der Niederkunft geführt. Hierzu ist auch darauf zu verweisen, daß die Tarifvertragsparteien seit 1979 die entsprechenden Bestimmungen nicht geändert haben, obgleich sie durch den 39. Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung des MTA vom 22. September 1981 (Dienstblatt der Bundesanstalt für Arbeit Nr. 169/81) verschiedene tarifliche Regelungen (§ 23 a Nr. 4 Satz 2 und § 47 Abs. 7 Unterabs. 2) wegen der Einführung des Mutterschaftsurlaubs neu gestaltet haben (vgl. dazu BAG Urteil vom 24. Mai 1978 - 4 AZR 769/76 - AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie).

B. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht aus Schadenersatz herleiten.

I. Die Klägerin macht mit ihrer Revision in erster Linie geltend, die Beklagte sei zum Schadenersatz verpflichtet, weil sie im Verlaufe des Schriftwechsels über die Gewährung des Mutterschaftsurlaubs und die Kündigung nicht auf die nach § 1 Abs. 2 ZuwendungsTV und § 62 MTA einzuhaltende Frist für die Kündigung hingewiesen habe. Damit habe die Beklagte ihre Fürsorgepflicht verletzt.

II. Ein Schadenersatzanspruch scheitert schon daran, daß eine objektive Pflichtverletzung der Beklagten nicht vorliegt.

1. Eine generelle Hinweispflicht des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes auf mögliche Ansprüche des Arbeitnehmers aus Gesetz, Tarif oder Individualvereinbarung besteht nicht. Es hieße die Fürsorgepflicht überspannen, wenn man den Arbeitgeber generell für verpflichtet hielte, den Arbeitnehmer auf die Möglichkeit hinzuweisen, irgendwelche Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen zu können (BAG Urteil vom 26. Juli 1972 - 4 AZR 365/71 - AP Nr. 1 zu § 4 MTB II).

2. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat zwar unter gewissen Voraussetzungen eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers angenommen. Dies ist in erster Linie bejaht worden für Versorgungsansprüche mit den weitreichenden Folgerungen bei Versäumung notwendiger Schritte. Dabei ist aber ausgesprochen worden, dem Arbeitgeber dürfe nur das zugemutet werden, was von ihm nach den Umständen erwartet werden könne (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 24. Mai 1974 - 3 AZR 422/73 - AP Nr. 6 zu § 242 BGB Ruhegehalt-VBL).

III. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin nur die unverändert weiter geltenden tariflichen Bestimmungen zu beachten. Insoweit muß der Arbeitnehmer aber wissen, was an tariflichen Rechten für ihn niedergelegt ist. Unklarheiten über die Voraussetzungen für die Ansprüche ergeben sich aus den tariflichen Regelungen nicht. Ob diese sich wegen der Einführung des Mutterschaftsurlaubs, der hier gerade erfolgt war, im Wege einer Anpassung änderten, war eine Frage, die zu beurteilen nicht der Beklagten oblag. Die Beklagte konnte und mußte ebenso wie die Klägerin davon ausgehen, daß die Regelungen unverändert weitergalten. Hierauf hinzuweisen hatte sie keinen Anlaß.

Die Klägerin ist auch nicht mit dem Begehren um Auskunft an die Beklagte herangetreten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Beklagte auf Anfrage ihre Meinung hätte kundtun müssen und inwieweit sie für eine falsche Auskunft hätte haften müssen. Die Beklagte hätte allenfalls erklären können, die Klägerin müsse innerhalb von drei Monaten nach der Niederkunft kündigen. Nichts anderes ergab sich für die Klägerin aus den tariflichen Bestimmungen, deren Kenntnis von ihr zu erwarten war.

Dr. Thomas Dr. Heither Michels-Holl Ed. Schleinkofer Dr. Hirt

 

Fundstellen

BAGE 40, 237-244 (Leitsatz 1 und Gründe)

BAGE, 237

BB 1983, 1156-1157 (Leitsatz 1 und Gründe)

DB 1983, 1367-1368 (Leitsatz 1 und Gründe)

FamRZ 1983, 698-699 (Leitsatz 1 und Gründe)

AP § 8a MuSchG 1968 (Leitsatz 1 und Gründe), Nr 1

AP MuSchG 1968 § 8a, Nr. 1 Meisel

AR-Blattei, ES 1220 Nr 67 (Leitsatz 1 und Gründe)

AR-Blattei, Mutterschutz Entsch 67 (Leitsatz 1 und Gründe)

EzA § 8a MuSchG, Nr 3 (Leitsatz 1 und Gründe)

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