Leitsatz

1. Der Senat hält auch für Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sowie Art. 13 Abs. 2 DBA-Belgien daran fest, dass Deutschland für (laufende und Veräußerungs-)Verluste, die ein in Deutschland ansässiges Unternehmen in seiner in Belgien belegenen Betriebsstätte erwirtschaftet, kein Besteuerungsrecht hat (sog. Symmetriethese; ständige Rechtsprechung).

2. Ein Verlustabzug kommt abweichend davon aus Gründen des Unionsrechts nur ausnahmsweise in Betracht, sofern und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im Quellenstaat – als sog. finale Verluste – steuerlich unter keinen Um-ständen anderweitig verwertbar sind (Anschluss an die ständige Rechtsprechung des EuGH). Eine derartige "Finalität" ist gegeben, wenn die Verluste im Quellenstaat aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden können oder ihr Abzug in jenem Staat zwar theoretisch noch möglich, aus tatsächlichen Gründen aber so gut wie ausgeschlossen ist und ein wider Erwarten dennoch erfolgter späterer Abzug im Inland verfahrensrechtlich noch rückwirkend nachvollzogen werden könnte (Bestätigung des Senatsurteils vom 9.6.2010, I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744, BFH/PR 2010, 405).

3. Wird eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte entgeltlich oder unentgeltlich übertragen, ist ein nach § 2a Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG 1997 abgezogener Betriebsstättenverlust nach § 2a Abs. 4 Nr. 2 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 i.d.F. des StBereinG 1999 (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009) im VZ der Übertragung dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen; § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 ist in der vorgenannten Fassung für die VZ 1999 bis 2005 anzuwenden. Die Vorschrift bleibt im VZ 1999 danach unanwendbar, wenn die Übertragung der Betriebsstätte (hier durch Verkauf an eine Kapital­gesellschaft) zwar im abweichenden Wirtschaftsjahr 1998/1999, tatsächlich jedoch noch im Kalenderjahr 1998 vorgenommen worden ist.

 

Normenkette

Art. 43, Art. 48 EG (= Art. 49, Art. 54 AEUV); § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, Art. 13 Abs. 2, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DBA-Belgien; § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997; § 2a Abs. 4 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Sätze 2 und 5 EStG 1997 i.d.F. des StBereinG 1999 (= § 52 Abs. 3 Sätze 4 und 7 EStG 2009)

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 28.2., deren Geschäftsanteile im Streitjahr 1999 zu 60 % von der R-GmbH – zugleich einem Zuliefererbetrieb der Klägerin – und zu jeweils 20 % von den Brüdern P gehalten wurden. Im Jahre 1996 gründete sie eine Zweigniederlassung in Belgien, deren Aufbau sie mit einem Darlehen der R-GmbH finanzierte. Für die Niederlassung erstellte die Klägerin eine gesonderte Buchführung, deren Ergebnisse in den deutschen Jahresabschluss eingingen. Als Ergebnisse der belgischen Betriebsstätte berücksichtigte die Klägerin in ihren deutschen Jahresabschlüssen für den VZ 1997 aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 einen Verlust i.H.v. rd. 90.000 DM und im VZ 1998 aus dem Wirtschaftsjahr 1997/1998 einen Verlust i.H.v. rd. 355.000 DM. Insoweit fand die Regelung in § 2a Abs. 3 EStG 1997 Anwendung, die letztmals für den VZ 1998 anzuwenden war (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999, jetzt § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 2009), jeweils i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999.

Durch Kaufvertrag vom 12.11.1998 veräußerte die Klägerin das Betriebsvermögen ihrer belgischen Niederlassung rückwirkend zum 31.8.1998 an eine belgische Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter ebenfalls die Gebrüder P waren. In ihrer Gewinnermittlung für das Rumpfwirtschaftsjahr 1998/1999 berücksichtigte sie aus dem Wirtschaftsjahr vom 1.3. bis 31.8.1998 aus der belgischen Betriebsstätte gewinnmindernd einen laufenden Verlust i.H.v. rd. 170.000 DM und einen Veräußerungsverlust i.H.v. rd. 505.000 DM, ferner Zinszahlungen aus dem Aufbaudarlehen i.H.v. rd. 40.000 DM; diese Zahlungen hatte sie nicht der gesonderten Buchführung der belgischen Betriebsstätte zugeordnet.

Das FA lehnte es ab, im Streitjahr die Verluste aus der belgischen Betriebsstätte zu berücksichtigen. Sie seien sämtlich nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sowie Art. 13 Abs. 2 DBA-Belgien von der deutschen Besteuerung auszunehmen.

Die Klage gegen den hiernach geänderten KSt-Bescheid 1999 war erfolgreich (Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.6.2011, 6 K 445/09, Haufe-Index 2762751, EFG 2011, 2088).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG bestätigt. Die zwischenzeitliche EuGH-Rechtsprechung bestätige den ausnahmsweisen Abzug der ausländischen Betriebsstättenverluste, falls eine rechtliche Verlustnutzung im Ausland unter allen erdenklichen Umständen ausgeschlossen sei. Das sei hier der Fall. Und dass die belgische Betriebsstätte "voluntativ" mit Blick auf die Verlustfinalität konzernintern veräußert worden sei, lasse ein missbräuchliches Gestalten nicht erkennen, das nicht zuletzt deshalb, weil die Beteiligten im Jahre 1998 kaum hätten antizipi...

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