Leitsatz

Ersetzt der Arbeitgeber aufgrund einer tarifvertraglichen Verpflichtung dem als Orchestermusiker beschäftigten Arbeitnehmer die Kosten der Instandsetzung des dem Arbeitnehmer gehörenden Musikinstruments, so handelt es sich dabei um steuerfreien Auslagenersatz.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 50 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin (eine Stadt) beschäftigte in einem von ihr betriebenen Theater Musiker als Arbeitnehmer. In den Jahren 1994 und 1995 ersetzte sie einzelnen Musikern, die für ihre Berufstätigkeit eigene Instrumente benutzten, die für die Instandhaltung angefallenen Kosten. Hierfür behielt sie keine LSt ein. Die Kostenerstattung war in einem Tarifvertrag geregelt.

Das FA vertrat die Auffassung, die von der Klägerin erstatteten Kosten seien steuerpflichtiger Arbeitslohn. Es erließ deshalb insoweit gegenüber der Klägerin einen Haftungsbescheid. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin war erfolgreich. Die Klägerin sei zu Unrecht wegen der Ersatzleistungen in Haftung genommen worden.

 

Hinweis

1. Die Vorschrift des § 3 Nr. 50 EStG erklärt Beträge für steuerfrei, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und die Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz). Richtigerweise sind diese Beträge schon gar nicht steuerbar. Vom Auslagenersatz zu unterscheiden ist der sog. Werbungskostenersatz durch den Arbeitgeber. Nach der Rechtsprechung gehört der Werbungskostenersatz zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, dem beim Arbeitnehmer allerdings regelmäßig Werbungskosten in gleicher Höhe gegenüberstehen.

2. Die Frage, wann Auslagenersatz bzw. Werbungskostenersatz vorliegt, ist – nach wie vor – "noch nicht im Einzelnen für alle Fälle abschließend geklärt". Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal des § 3 Nr. 50 EStG, wonach Auslagen des Arbeitnehmers "für den Arbeitgeber" vorliegen müssen, ist auslegungsbedürftig.

3. In dem Besprechungsurteil werden nochmals die verschiedenen, in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Lösungsansätze aufgeführt, welche im Einzelfall die Beurteilung ermöglichen sollen, ob Aufwendungen des Arbeitgebers als Werbungskostenersatz oder Auslagenersatz einzuordnen sind.

So soll sich die Unterscheidung etwa danach richten,

a) wessen Geschäft der Arbeitnehmer mit den später vom Arbeitgeber ersetzten Ausgaben führt bzw. in wessen Sphäre die Aufwendungen fallen,

b) ob der Arbeitnehmer die ursprünglichen Ausgaben für Rechnung des Arbeitgebers tätigt,

c) ob der Arbeitgeber die Ausgaben nach allgemeinen arbeits- oder auftragsrechtlichen Regeln zu ersetzen hat.

4. In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH Auslagenersatz (jedenfalls) dann angenommen, wenn der Arbeitnehmer im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers Aufwendungen tätigt, die der Arbeitsausführung dienen und nicht zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Hieran knüpft der BFH auch im Besprechungsfall an, ohne zu den verschiedenen, vorgenannten Lösungsansätzen abschließend Stellung zu nehmen.

5. Der BFH führt in der Besprechungsentscheidung zutreffend an, dass es zwar grundsätzlich Sache der Orchestermusiker als Eigentümer der beruflich genutzten Musikinstrumente sei, sich um die erforderlichen Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen zu kümmern und auch die hierfür anfallenden Kosten zu tragen. Ungeachtet des Umstands, dass diese Maßnahmen also gewöhnlich in die Sphäre der Musiker als Arbeitnehmer fallen, sieht es der BFH hier indes als entscheidend an, dass die Klägerin als Arbeitgeberin tarifvertraglichen Regelungen unterworfen war; diese waren überdies durch ein zulasten der Klägerin gehendes arbeitsgerichtliches Urteil bestätigt worden.

Diese tarifrechtlichen Regelungen verpflichteten die Klägerin, ihren Musikern die als erforderlich nachgewiesenen Instandsetzungskosten zu ersetzen. Demnach lag das Risiko des Entstehens dieser Reparaturkosten für die Instrumente nicht bei den Musikern, sondern bei der Klägerin. Soweit die Musiker die Instandsetzungskosten getragen haben, verfolgten sie nicht unmittelbar eigene Interessen; vielmehr waren die Ausgaben durch die Belange des Arbeitgebers bedingt und gingen auf dessen Rechnung.

6. Ausgehend vom Begriff des Arbeitslohns war für den BFH entscheidend, dass den Zahlungen des Arbeitgebers aufgrund der arbeitsrechtlichen (tarifrechtlichen) Rechtslage kein Entlohnungscharakter zuzusprechen war. Insbesondere handelte es sich auch nicht um eine bloße Kostenübernahme aufgrund einer Individualvereinbarung zwischen den einzelnen Musikern und der Klägerin. Die Erstattungsleistungen führten auch zu keiner Bereicherung der Musiker. Sie erhielten Geld, das ihr Vermögen wirtschaftlich nicht vermehrte, sondern das nur Geldbeträge ausglich, die sie der Klägerin aus ihrem Vermögen vorübergehend zur Verfügung gestellt hatten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.3.2006, VI R 24/03

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