Leitsatz

Der Steuerpflichtige, der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt, hat einen Rechtsanspruch auf den Ansatz des ungekürzten Arbeitnehmer-Pauschbetrags, selbst wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind. Bei einem zwingenden gesetzlichen Pauschbetrag verbieten sich Überlegungen, ob im Einzelfall die Besteuerung vereinfacht wird oder nicht.

Erzielt ein Steuerpflichtiger – im Streitfall ein als angestellter Assessor und als selbstständiger Rechtsanwalt tätiger Jurist – sowohl Einnahmen aus selbstständiger als auch aus nichtselbstständiger Arbeit, so sind die durch diese Tätigkeiten veranlassten Aufwendungen den jeweiligen Einkunftsarten gegebenenfalls nach einer im Schätzungsweg vorzunehmenden Aufteilung der Aufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuzuordnen. Sind die Werbungskosten niedriger als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, so ist dieser in voller Höhe anzusetzen. Der Steuerpflichtige kann keine beliebige Bestimmung treffen und auf diese Weise neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag sämtliche nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über das Verhältnis von Betriebsausgabenabzug und Werbungskostenpauschale bei vergleichbaren Aufwendungen für zwei Einkunftsarten. Der Kläger ist Jurist. Er erzielte als angestellter Assessor Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und bezog daneben aus einer freiberuflichen Tätigkeit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Den Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Als Betriebsausgaben machte er u.a. Raumkosten (Miete und Energiekosten für einen Büroraum), Versicherungen, Beiträge, Gebühren, Kfz-Kosten, Bewirtungskosten, Porto, Telefon, Bürobedarf, Fachliteratur, Steuerberatungskosten und Bankgebühren geltend. Sein Gewinn aus selbstständiger Arbeit betrug danach 46 189 DM, seine Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit 128 180 DM. Werbungskosten machte er nicht gesondert geltend.

Das beklagte FA wich von der ESt-Erklärung 1998 in der Weise ab, dass es den Gewinn um 824 DM erhöhte, weil die nichtselbstständige und die selbstständige Tätigkeit vergleichbar seien, weshalb typische Aufwendungen nur einmal anfielen. Als Werbungskosten könne der Kläger nur spezifische, vom FA im Schätzungsweg ermittelte Aufwendungen aus seiner nichtselbstständigen Tätigkeit abziehen. Die durch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag überhöhte Berücksichtigung von Werbungskosten könne im Rahmen der Gesamtbemessungsgrundlage durch Streichung von Betriebsausgaben in dieser Höhe ausgeglichen werden. Für das Streitjahr 1999 verfuhr das FA in entsprechender Weise.

Das FG Köln wies die Klage mit Urteil vom 27.01.2005, 2 K 5754/01 (Haufe-Index 1334643, EFG 2005, 777) als unbegründet ab.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Das FG habe zu Unrecht den Arbeitnehmer-Pauschbetrag gekürzt. Mangels ausreichender Feststellungen könne nicht abschließend geprüft werden, ob der geltend gemachte Betriebsausgabenabzug zumindest i.H. des jeweiligen Differenzbetrags von 824 DM versagt werden müsse.

Das FG habe im zweiten Rechtsgang zunächst zu prüfen, ob die geltend gemachten Betriebsausgaben überhaupt die Gesamtaufwendungen des Klägers aus seiner juristischen Tätigkeit als Rechtsanwalt und als Angestellter umfassten. Für jede einzelne Betriebsausgabenposition bedürfe es insbesondere der Feststellung, ob die als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen einen im Schätzungsweg zu bestimmenden "Werbungskostenanteil" enthielten. Ergebe diese Prüfung, dass die als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge tatsächlich insgesamt ausschließlich als Werbungskosten zu qualifizierende Einzelaufwendungen oder gemischt veranlasste Einzelaufwendungen mit einem zu schätzenden Werbungskostenanteil enthielten, so sei der Betriebsausgabenabzug entsprechend ganz oder teilweise zu versagen.

Nach dieser Zuordnung und gegebenenfalls Aufteilung der Aufwendungen sei sodann zu ermitteln, ob die Werbungskosten insgesamt höher oder niedriger als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag seien. Seien sie niedriger, so sei der Pauschbetrag in voller Höhe anzusetzen. Der um die Werbungskosten bereinigte Teil der als Betriebsausgaben geltend gemachten Gesamtaufwendungen sei sodann bei der Ermittlung des Gewinns aus freiberuflicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Die vom FA vorgenommene Schätzungsmethode führe hingegen je nach Umfang der geschätzten Werbungskosten zu völlig unterschiedlichen, geradezu willkürlichen Ergebnissen.

 

Hinweis

1. Der BFH stellt zunächst in Übereinstimmung mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung und der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum klar, dass es sich bei dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag gem. § 9 Abs. 1 Buchst. a. S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG um eine zwingende Regelung handelt. Danach hat der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf den Ansatz des un...

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