Erlass für Grundbesitz, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt

 

(1) 1Die Grundsteuer kann für Grundbesitz ganz oder zum Teil erlassen werden, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt (Kulturgut) und die jährlichen Kosten nach Absatz 6 in der Regel den Rohertrag nach Absatz 5 übersteigen (kein Reinertrag). 2Zwischen der Kulturguteigenschaft und der Unrentabilität des Grundbesitzes muss ein Kausalzusammenhang bestehen. 3Der Antragsteller hat den Kausalzusammenhang nachzuweisen (BVerwG vom 5. Mai 2015 9 C 6.14). 4Die erforderliche Kausalität fehlt, wenn bereits unwirtschaftlicher Grundbesitz durch die Kulturguteigenschaft noch unrentabler wird (BVerwG vom 8. Juli 1998 8 C 23.97, BStBl. II S. 590). 5Im Rahmen der Abwägung ist darauf abzustellen, ob und in welchem Maß die Erhaltung im öffentlichen Interesse die Nutzung des Grund und Bodens beeinträchtigt. 6Wird die Nutzung aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses faktisch ausgeschlossen, ist die Grundsteuer vollständig zu erlassen.

 

(2) 1Liegt nur die Erhaltung eines Teils des Grundbesitzes im öffentlichen Interesse, sind für diesen Teil der Rohertrag nach Absatz 5 und die jährlichen Kosten nach Absatz 6 gesondert zu ermitteln. 2Wenn für diesen Teil des Grundbesitzes der Rohertrag nach Absatz 5 in der Regel unter den jährlichen Kosten liegt, ist nur die hierauf entfallende Grundsteuer zu erlassen.

 

(3) 1Ein öffentliches Interesse kann nur angenommen werden, soweit für den Grundbesitz rechtliche Vorgaben z. B. des förmlichen Denkmalschutzes bestehen, die die Nutzung des Grundbesitzes in besonderem Maße einschränken. 2Die Erfüllung üblicher baurechtlicher Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Umgebung, die z. B. die Grundstücks- und Gebäudegestaltung im Allgemeinen betreffen, führen regelmäßig nicht zur Annahme öffentlichen Interesses (BVerwG vom 21. September 1984, 8 C 62.82, BStBl. II 1984, S. 870). 3Ist zweifelhaft, ob die Erhaltung des Grundbesitzes im öffentlichen Interesse liegt, ist eine Bestätigung der zuständigen Landesbehörde vorzulegen.

 

(4) 1Liegen die Voraussetzungen für den Erlass der Grundsteuer vor, so kommt es nicht darauf an, ob der Grundbesitz der Öffentlichkeit zugänglich ist. 2Garten- und Parkanlagen müssen jedoch in einem billigerweise zu fordernden Umfang der Öffentlichkeit zugänglich sein. 3Es genügt, dass sie mindestens den interessierten Kreisen ohne weiteres zugänglich sind und dies auch allgemein erkennbar ist. 4Vgl. hierzu auch die Behandlung von Grünanlagen in den Absätzen 8 bis 10.

 

(5) 1Zum Rohertrag gehören sämtliche mit dem Grundbesitz erwirtschafteten Einnahmen und aus diesem gezogene sonstige Vorteile. 2Zu den Einnahmen rechnen z. B. die Miet- und Pachteinnahmen und die Einnahmen aus Besichtigungen und Führungen. 3Zu den sonstigen Vorteilen gehört auch der Nutzungswert, den die eigene Benutzung für den Eigentümer hat. 4Der Nutzungswert ist mit den bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung zu erzielenden ortsüblichen Miet- und Pachteinnahmen anzusetzen.

 

(6) 1Zu den Kosten gehören alle im Zusammenhang mit dem Grundbesitz stehenden Verwaltungs- und Betriebsausgaben, nicht jedoch nutzungsabhängige Kosten (Wasser- und Abwassergebühr, Heizkosten, Reinigung, Gartenunterhalt und Einfriedung – es sei denn, dass für die Erhaltung des Gartens und der Einfriedung ebenfalls ein öffentliches Interesse besteht). 2Die Erstattung solcher nutzungsabhängigen Kosten durch Mieter oder Dritte bleiben auch als Einnahmen unberücksichtigt. 3Kosten im Sinne des § 56 Absatz 1 Nummer 1 LGrStG sind auch gewöhnliche Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung, nicht dagegen einkommensteuerrechtlich zugelassene Sonderabschreibungen. 4Zu den Kosten zählen nicht Schuld- und Eigenkapitalzinsen (BVerwG vom 15. Februar 1991, 8 C 3.89, BStBl. II 1992, Seite 577). 5Tilgungsleistungen gehören ebenfalls nicht zu den Verwaltungs- und Betriebsausgaben. 6Bei Gebäuden können auch Rückstellungen für größere Reparaturen als Kosten berücksichtigt werden. 7Zu den Kosten gehören außerdem die Aufwendungen, die sich aus Besichtigungen und Führungen ergeben.

 

(7) 1Der Grundbesitz darf nachhaltig keinen Reinertrag abwerfen. 2Das schließt nicht aus, dass ausnahmsweise in einem Jahr ein geringer Überschuss erwirtschaftet wird. 3Da erst rückblickend festgestellt werden kann, ob der Rohertrag in der Regel unter den jährlichen Kosten liegt, soll im Zweifelsfall die Gemeinde die Grundsteuer des laufenden Kalenderjahres und der beiden folgenden Kalenderjahre bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres mit dem Ziel des Erlasses stunden. 4Der Steuerpflichtige hat nach Ablauf der Stundungsfrist die Erlassvoraussetzungen nachzuweisen. 5Wird der Nachweis nicht erbracht oder ist in mindestens zwei Jahren ein Überschuss erzielt worden, so ist die Grundsteuer rückwirkend für diese drei Jahre zu erheben. 6Werden die Erlassvoraussetzungen nachgewiesen, kann die Grundsteuer für diese drei Jahre erlassen werde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge