Leitsatz

1. Ein Arbeitnehmer, der typischerweise an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten beruflich tätig ist und dabei am Ort einer solchen auswärtigen Tätigkeitsstätte vorübergehend eine Unterkunft bezieht, kann die Entfernungspauschale weder für die Wege zwischen seiner Wohnung und dem Tätigkeitsort noch – unabhängig von der Entfernung – für die Wege zwischen auswärtiger Unterkunft und Tätigkeitsstätte ansetzen.

2. Die Aufwendungen für solche Fahrten sind in der nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Höhe abziehbar.

3. Bei Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber scheidet mangels Aufwands des Arbeitnehmers ein Werbungskostenabzug für diese Fahrten aus.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 9 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 4 und 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger mit Wohnung in S wurde im Streitjahr 2001 auf wechselnden Baustellen als Elektriker eingesetzt (u.a. fünf Wochen in B und drei Wochen in F). In der Nähe dieser beiden Einsatzorte wurde der Kläger jeweils in einer vom Arbeitgeber gestellten, 10 bzw. 35 km von der Baustelle entfernten Unterkunft untergebracht. Für sämtliche Fahrten nahm der Kläger eine vom Arbeitgeber unentgeltlich angebotene Sammelbeförderung in Anspruch. Seinen Antrag, bei der Veranlagung für alle genannten Fahrten die Entfernungspauschale anzuwenden, lehnte das FA ab.

Das FG gab der Klage nur hinsichtlich der Fahrten zwischen auswärtiger Unterkunft vor Ort und Baustelle statt und wies sie im Übrigen ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf, soweit der Klage des Klägers stattgegeben worden war. Das FG habe zwar im Ergebnis zutreffend erkannt, dass dem Kläger ein Werbungskostenabzug für die Zwischenheimfahrten von den auswärtigen Tätigkeitsstätten zu seinem Wohnort in S wegen der unentgeltlich in Anspruch genommenen Sammelbeförderung nicht zustehe. Entgegen der Ansicht des FG könne der Kläger aber mangels eigenen Aufwands auch für die Fahrten zwischen den für die einzelnen Einsätze bezogenen auswärtigen Unterkünften und den wechselnden Tätigkeitsstätten keine Werbungskosten geltend machen. Die Klage sei deshalb auch insoweit abzuweisen.

 

Hinweis

1. Der BFH bezieht sich zunächst auf seine beiden Urteile VI R 70/03, BFH-PR 2005, 399 und VI R 25/04, BFH-PR 2005, 401). Danach ist Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur die regelmäßige Arbeitsstätte und damit der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Die Entfernungspauschale ist folglich weder für die Wege zwischen Wohnung und den auswärtigen Unterkünften noch für die Wege zwischen den auswärtigen Unterkünften und den vorübergehenden Tätigkeitsstätten (Baustellen) anwendbar. Vielmehr sind insoweit die tatsächlichen Kosten anzusetzen.

2. Im Übrigen konnte sich der BFH im Streitfall auf das Urteil VI R 7/02, BFH-PR 2005, 403 beziehen. Danach begründet das Beziehen einer Unterkunft an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten keine doppelte Haushaltsführung. Denn diese setzt voraus, dass sich der Arbeitnehmer am Ort einer solchen regelmäßigen, auf Dauer angelegten Arbeitsstätte eine Unterkunft nimmt. Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist nur der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte. Das Wahlrecht zwischen den Rechtsfolgen der doppelten Haushaltsführung und denen der Einsatzwechseltätigkeit bei Beschäftigung an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten entfällt.

3. Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH konnten Arbeitnehmer, die auf ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigt waren, die Aufwendungen für Fahrten zu solchen Arbeitsstätten, die im üblichen Arbeitsstätten-Einzugsbereich zur Wohnung liegen, nur mit dem km-Pauschbetrag des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten geltend machen (zuletzt: BFH, Urteil vom 10.10.1994, VI R 2/92, BStBl II 1995, 137; vgl. auch R 38 Abs. 3 Satz 1 LStR). Der Streitfall gab keine Veranlassung zu entscheiden, ob hieran noch festzuhalten ist. Die Frage dürfte zu verneinen sein. Die frühere Rechtsprechung zum Einzugsbereich (und die Entfernungsgrenze von 30 km) ist auf den neuen Rechtszustand nicht übertragbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.5.2005, VI R 34/04

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