Leitsatz

1. Verlangt das FA die Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung, richtet sich der Anlauf der Festsetzungsfrist auch dann nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, wenn das Nachlassgericht dem FA die Erteilung von Erbscheinen und die eröffneten Verfügungen von Todes wegen bereits angezeigt hat.

2. Eine Erbschaftsteuererklärung setzt nur dann die Festsetzungsfrist in Lauf, wenn sie unterschrieben ist.

 

Normenkette

§ 170 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO , § 30 Abs. 1 ErbStG , § 30 Abs. 3 Satz 1 EbStG , § 31 ErbStG , § 34 ErbStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres 1989 verstorbenen Ehemanns. Das Nachlassgericht hat 1990 das eröffnete Testament und die Erteilung des Erbscheins angezeigt. Nach Aufforderung durch das FA reichte die Klägerin im November 1990 eine nicht unterschriebene Erbschaftsteuererklärung ein. Die Unterschrift holte sie im März 1991 nach.

Im September 1995 erließ das FA einen vorläufigen Erbschaftsteuerbescheid. Im August 1997 setzte es die Steuer nach einer Außenprüfung herauf.

Diesen Änderungsbescheid focht die Klägerin erfolgreich an. Das FG war der Ansicht, bereits bei Erlass des ursprünglichen Bescheids im September 1995 sei Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Der Anlauf der Festsetzungsfrist sei durch die Aufforderung zur Erklärungsabgabe im Jahr 1990 nicht gehemmt worden, da dem FA durch die Anzeige des Gerichts alle Umstände bekannt geworden seien, die es zur Prüfung einer Erbschaftsteuerpflicht benötigt habe.

Dagegen legte das FA mit der Begründung Revision ein, die Anzeige des Gerichts sei für die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO bedeutungslos.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision statt. Die 1990 abgegebene Erbschaftsteuererklärung hatte keinen Einfluss auf die Anlaufhemmung, da sie nicht unterschrieben war. Eine Umdeutung dieser Erklärung in eine die Anlaufhemmung beendende Anzeige entfällt, da die Klägerin nach § 30 Abs. 3 Satz 1 ErbStG nicht anzeigepflichtig war.

Entgegen der Ansicht des FG hat die Festsetzungsfrist auch nicht deshalb mit Ablauf des Jahrs 1990 begonnen, weil das Nachlassgericht seine Anzeigepflicht erfüllt hat. Wie die Anzeige des Erwerbers nach § 30 Abs. 1 ErbStG soll nämlich auch die Anzeige des Nachlassgerichts eine Erbschaftsteuererklärung nicht vorwegnehmen und das FA noch nicht in die Lage versetzen zu prüfen, ob und ggf. in welcher Höhe Erbschaftsteuer tatsächlich angefallen ist.

Die Anzeigepflichten sollen lediglich das möglichst vollständige Erfassen aller Erwerbe sicherstellen und dienen in erster Linie dazu, dem FA die Prüfung zu erleichtern, ob und wen es im Einzelfall zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung auffordern soll.

 

Hinweis

Im Ergebnis läuft die vorliegende Entscheidung darauf hinaus, dass die Erfüllung der Anzeigepflicht durch Behörden, Gerichte und Notare für den Anlauf der Festsetzungsfrist unerheblich ist. Dies deckt sich mit den zur GrESt ergangenen Entscheidungen des BFH vom 16.2.1994, II R 125/90 (BStBl II 1994, 866 unter II. 2. b) sowie vom 4.8.1999, II R 63/97 (BFH/NV 2000, 409). Dort hat der BFH ausgeführt, die Reihung der Begriffe "Steuererklärung", "Steueranmeldung" und "Anzeige" in § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO weise darauf hin, dass das Gesetz nur auf solche Anzeigen abstellen will, zu deren Erstattung der Steuerpflichtige verpflichtet ist, nicht aber auch auf solche, die vom Steuerpflichtigen unabhängige Dritte abzugeben haben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.11.2004, II R 1/03

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