Mit Vorstandsbeschluss Nr. 12/2022 vom 27.1.2022 (ANBA 2022 Nr. 5 S. 1) hat der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit für Fälle mit besonderen Schutzbedarfen die „Familienkasse Zentraler Kindergeldservice (ZKGS), in Sachsen-Anhalt Nord (Standort Magdeburg) gegründet. Dies war im Streitfall die Beklagte, da sie die Einspruchsentscheidung erlassen hatte. Ein zeitliches Inkrafttreten ist in dem Beschluss nicht geregelt. Zum sachlichen Anwendungsbereich heißte es unter "2.1. Zuständigkeit für besondere Personengruppen":

Personen, deren Daten – und damit der gesamte Fall – besonders schützenswert sind. Dies ist z.B. gegeben, wenn

  • eine Person in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht
  • Die Daten einer Person mit einem Schutzkennzeichen zu schützen sind. Dies sind aktuell:

    • Mitarbeiter-Sperre,
    • Auskunftssperre,
    • Adoptionspflege-Sperre,
    • Melderecht-Sperre,
    • Kind mit Behinderung.

Das FG hat die Gründung des ZKGS als unwirksam verworfen. Zwar sei der Vorstand gem. § 5 Abs. 1 Nr. 11 S. 4 FVG befugt gewesen innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs, abweichend von den Vorschriften der AO über die örtliche Zuständigkeit von Finanzbehörden, die Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten einer anderen Familienkasse zu übertragen. Dabei sei allerdings zu beachten, dass für den Steuerpflichtigen erkennbar sein müsse an welche Behörde er sich wenden kann und muss bzw. welcher Behörde er eine etwaige Abtretungserklärung anzeigen müsse.

Diesen Anforderungen genügt der Vorstandsbeschluss nach Ansicht des Gerichts nicht. So regele der in den amtlichen Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichte Vorstandsbeschluss schon nicht den Zeitpunkt seines Inkrafttretens, sondern überlasse dies vielmehr internen Anweisungen der Bundesagentur für Arbeit in Form von E-Mails innerhalb der Behörde. Ferner sei schon nicht erkennbar von wem diese E-Mails stammten bzw. stammen müssten. Vorstandsbeschlüsse lägen zum zeitlichen Inkrafttreten nicht vor und eine Delegationsbefugnis enthalte § 5 Abs. 1 Nr. 11 S. 4 FVG nicht.

Unabhängig davon sei auch nicht klar, ob mit Personen, deren Daten besonders schützenswert seien die Kindergeldberechtigten, die Kinder oder beide gemeint sein sollten. Sofern damit Kinder angesprochen werden sollten sei auch weiterhin unklar, ob dann die ZKGS allein für das behinderte Kind zuständig werde oder auch für andere, weitere Kinder desselben Kindergeldberechtigten.

Letztlich sei auch nicht geklärt worden, was mit "besonders schützenswerten Daten" gemeint sei. Da es sich bei Familienkassen um Finanzbehörden i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 6 AO handele, unterlägen die Daten für Kindergeld im Besteuerungsverfahren ohnehin gem. § 30 AO dem Steuergeheimnis. Vor diesem Hintergrund sei schon im Ansatz nicht verständlich was mit "besonders schützenswerten Daten" gemeint sein könnte, da die AO eine solche Differenzierung nicht vorsehe. Die weiteren Erläuterungen der besonderen Schutzbedürftigkeit seien allein schon wegen ihres nur beispielhaften Charakters und da sie ausdrücklich nicht abschließend sein, zur weiteren Definition nicht geeignet (wird zu den Merkmalen "öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis", "mit einem Schutzkennzeichen", Mitarbeiter-Sperre”, "Auskunftssperre", "Adoptionspflege-Sperre" und "Melderecht-Sperre" ausgeführt).

Prozessual ging das Gericht deshalb davon aus, dass die ZKGS für die Klage nicht passivliegitimiert sei, da es aufgrund der unwirksamen Gründung nicht zu einem Zuständigkeitswechsel gem. § 63 Abs. 2 Nr. 1 FGO gekommen sei. Es sah daher die regionale Familienkasse, die auch den Ausgangsbescheid erlassen hatte weiterhin als zuständig an.

FG Berlin-Brandenburg v. 13.12.2023 – 16 K 16111/23, Revision BFH III R 4/24. Instruktiv zum Zeitraum vor Erlass des Vorstandsbeschlusses Nr. 12/2022: FG Düsseldorf v. 26.7.2022 – 10 K 2692/21 Kg

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