Der Kläger stellte einen Tag vor der mündlichen Verhandlung um 19:44 Uhr einen Terminverlegungsantrag und fügte diesem Antrag ein ärztliches Attest bei, nach dem er nicht in der Lage gewesen sei, am Folgetag an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Gleichwohl lehnte das FG den Terminverlegungsantrag ab. Der Kläger rügte mit seiner NZB die fehlende Gewährung rechtlichen Gehörs. Der BFH wertete das ärztliche Attest trotz der bestehenden erhöhten Anforderungen an die Glaubhaftmachung bei einem "Antrag in letzter Minute" (BFH v. 21.4.2020 – X B 13/20, BFH/NV 2020, 900) als ausreichende Glaubhaftmachung. Ein "in letzter Minute" gestellter Terminverlegungsantrag, bei dem auch ohne Hinweis des Gerichts erhöhte Anforderungen an die sofortige Glaubhaftmachung der erheblichen Gründe gelten, ist anzunehmen, wenn er erst am Sitzungstag selbst gestellt wird und dem Gericht keine Zeit bleibt, den Antragsteller zur Glaubhaftmachung aufzufordern. Dieser Maßstab gilt auch für einen am Vortag der mündlichen Verhandlung erst nach Dienstschluss gestellten Antrag (BFH v. 4.11.2019 – X B 70/18, BFH/NV 2020, 226). Gleichwohl entschied der BFH, dass die Ablehnung des Terminverlegungsantrags durch das FG im Streitfall ermessensgerecht war. Selbst bei Vorliegen erheblicher Gründe wie einer Erkrankung kann die Ablehnung einer Terminverlegung je nach den Umständen des Einzelfalls ermessensgerecht sein. So liegt es beispielsweise, wenn der Beteiligte seine Mitwirkungspflichten im Veranlagungs- und Rechtsbehelfsverfahren erheblich verletzt und trotz einer bereits seit geraumer Zeit bestehenden Erkrankung oder bei der Ankündigung des Gerichts, eine Verhinderung könne nur bei Vorlage eines amtsärztlichen Attests angenommen werden, keine Vorsorge für die Wahrnehmung eines Termins trifft (BFH v. 24.6.2014 – III B 12/13, BFH/NV 2014, 1581). Ersteres traf im Streitfall zu. Die Kl. waren im Veranlagungs- und im anschließenden Rechtsbehelfsverfahren mit der Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten säumig. Sie haben gegen Bescheide, mit denen das FA die Besteuerungsgrundlagen mangels Abgabe von Steuererklärungen geschätzt und Verspätungszuschläge festgesetzt hatte, Klage erhoben, jedoch nicht innerhalb der vom FG gesetzten Ausschussfrist gem. § 65 Abs. 2 FGO ihr Klagebegehren bezeichnet. Dies wertete der BFH als schwerwiegende Verletzung der Mitwirkungspflichten der Kl. Des Weiteren hatten die Kl. trotz einer seit geraumer Zeit bestehenden Erkrankung und der mehrfachen Verlegung des Termins durch das FG keine prozessuale Vorsorge zur Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung getroffen.

BFH v. 28.5.2021 – VIII B 103/20

 

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Service: Borgdorf, Aktuelle Rechtsprechung zum Verfahrensrecht, AO-StB 2019, 227; abrufbar unter steuerberater-center.de

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