Der BFH hat die Anforderungen an die Aussetzung des Verfahrens bei einer zweifelhaften Annahme einer typischen Gesellschaft konkretisiert. Im Streitfall hatte das FG ein Klageverfahren gegen Einkommensteuerbescheide nicht gem. § 74 FGO ausgesetzt, um den Abschluss eines Verfahrens zur gesonderten und einheitliche Feststellung von Einkünften abzuwarten. Diese Vorgehensweise begründete einen Verfahrensfehler, der auch ohne Rüge im Revisionsverfahren zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung führt, damit das FG die gebotene Aussetzung vornehmen kann (vgl. BFH 22.2.2017 – I R 35/14, BStBl. II 2018, 33). Gegenstand der Klage im Streitfall waren Einkünfte aus einer stillen Beteiligung, die der Kl. als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt hatte. Der BFH hielt es aufgrund der konkreten vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich der Beteiligung des Kl. zumindest für möglich, dass er Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG als atypisch stiller Gesellschafter bezogen hatte. Die Frage der Klärung einer Mitunternehmerschaft hat im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung zu erfolgen. Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung muss bereits dann durchgeführt werden, wenn zweifelhaft ist oder es nur möglich erscheint, dass Einkünfte vorliegen, an denen mehrere im Inland ansässige Personen beteiligt sind (BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587; v. 19.2.2020 – I R 38/17, BFH/NV 2021, 1). Unerheblich ist, ob die Zweifel rechtlicher oder tatsächlicher Natur sind. In beiden Fällen entspricht es dem materiell-rechtlichen Zweck des Feststellungsverfahrens und der der Vorschrift des § 179 AO zugrunde liegenden Kompetenzverteilung, eine inhaltlich identische Sachbehandlung gegenüber allen potentiell betroffenen Steuerpflichtigen sicherzustellen (BFH v. 1.3.2018 – IV R 38/15, BStBl. II 2018, 587; v. 19.2.2020 – I R 38/17, BFH/NV 2021, 1). Eine gesonderte und einheitliche Feststellung kann nur unterbleiben, wenn – anders als im Streitfall – ein Fall von geringer Bedeutung i.S.d. § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO vorliegt (vgl. BFH v. 9.6.2015 – X R 38/12, BFH/NV 2015, 1588).

BFH v. 12.4.2021 – VIII R 46/18

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