Eine Durchsuchungsanordnung nach § 103 StPO, die einen Dritten betrifft, setzt, anders als die Maßnahme beim Tatverdächtigen (§ 102 StPO), voraus, dass hinreichend individualisierte Beweismittel für die den Gegenstand des Verfahrens bildende Straftat gesucht werden. Diese Gegenstände müssen im Durchsuchungsbeschluss so weit konkretisiert werden, dass weder bei dem Betroffenen noch bei dem die Durchsuchung vollziehenden Beamten Zweifel über die zu suchenden und zu beschlagnahmenden Gegenstände entstehen können. Ausreichend ist es, wenn die Beweismittel der Gattung nach näher bestimmt sind (vgl. hierzu BGH v. 15.10.1999 – StB 9/99, NStZ 2000, 154; Hadamitzky in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 4. Aufl. 2020, § 103 Rz. 5; Tormöhlen in Papperitz/Keller, ABC Betriebsprüfung, Fach 5 Stichwort "Durchsuchung" Rz. 11 [Juni 2017]).

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, in jedem Verfahrensstadium das jeweils mildeste Mittel anzuwenden. Die Durchsuchung bei einem Nichtbeschuldigten, der durch sein Verhalten keinen Anlass zu den Ermittlungsmaßnahmen gegeben hat, stellt darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Deshalb ist nichtverdächtigen Betroffenen zumindest vor der Vollstreckung der Zwangsmaßnahme i.d.R. Gelegenheit zur freiwilligen Herausgabe des sicherzustellenden Gegenstandes zu geben. Diese Abwendungsbefugnis ist auch in die Anordnungsentscheidung aufzunehmen.

Vor diesem Hintergrund kann es im Einzelfall sogar geboten sein, anstelle einer Durchsuchungsanordnung nach § 103 StPO ein Herausgabeverlangen nach § 95 StPO vorzunehmen. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn sicher ist, dass sich ein beschlagnahmefähiger Beweisgegenstand im Gewahrsam des Drittbetroffenen befindet, es nicht auf einen Überraschungseffekt ankommt, der Beschleunigungsgrundsatz nicht entgegensteht und weder ein das Ermittlungsverfahren bedrohender Verlust des fraglichen Gegenstandes zu befürchten noch etwaige Verdunkelungsmaßnahmen zu besorgen sind (vgl. auch LG Halle v. 22.7.2022 – 2 Qs 2/22, n.v.).

BGH v. 18.11.2021 – StB 6/21 BGH v. 18.11.2021 – StB 7/21

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