Ob der Richtervorbehalt bei der Überwachung einer Telekommunikation nach §§ 100a, 100e Abs. 1 StPO durch die Ermittlungsbehörden umgangen wird oder der Ermittlungsrichter seiner Funktion als Kontrollorgan der Strafverfolgungsorgane nicht ordnungsgemäß nachkommt, sondern ohne objektiv hinreichende richterliche Prüfung eine solche Maßnahme anordnet, kann wertmäßig nicht unterschiedlich behandelt werden (zu sog. "Copy-Paste-Anträgen" vgl. Peters, AO-StB 2021, 372; ferner zu rechtswidriger Bezugnahme auf polizeiliche Zuschriften LG Kiel v. 20.3.2009 – 46 Qs 17/09, StV 2010, 354; zu formularmäßiger Übernahme eines staatsanwaltschaftlichen Antrags vgl. LG Siegen v. 25.10.2010, 10 Qs 104/09, NStZ-RR 2011, 316). Denn der Richtervorbehalt (vgl. auch Art. 13 Abs. 2 GG) ist keine bloße Formsache. Durch ihn soll gewährleistet werden, dass eine unabhängige und neutrale Instanz durch eine vorbeugende Kontrolle der beantragten Maßnahme dafür Sorge trägt, dass die Interessen der Beteiligten gebührend Berücksichtigung finden (vgl. BVerfG v. 20.4.2004 – 2 BVR 2043/03, 2 BvR 2104/03, PStR 2004, 176 = wistra 2005, 21 = HFR 2005, 1249; v. 20.2.2001 – 2 BvR 1444/00, juris).

Wenn es für die Frage der Verwertbarkeit eines Beweismittels keinen Unterschied machen würde, ob der die Maßnahme anordnende Richter die Eingriffsvoraussetzungen vor Unterzeichnung eines Beschlusses mit einiger Sorgfalt geprüft hat oder nicht, würde das Prinzip des Richtervorhalts ad absurdum geführt. Dann ist aber auch belanglos, ob ein Ermittlungsrichter, der sich ordnungsgemäß mit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der beantragten Maßnahme auseinandergesetzt hätte, diese angeordnet hätte. Auf einen möglichen hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlauf kommt es nicht an.

LG Paderborn v. 12.7.2021 – 02 KLs 6 Js 44/19 – 3/19

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