a) Rückforderung von angerechneter KapErtrSt im "cum/ex-Verfahren" ist rechtmäßig

Eine Bank, die Organgesellschaft der Klägerin war, führte außerbörsliche Aktiengeschäfte rund um den Dividendenstichtag durch. Sie erzielte dadurch in den Jahren 2007-2009 Kapitalerträge im mehrstelligen Millionenbereich. Diese wurden der Klägerin als Organträgerin der Bank steuerlich zugerechnet. Das beklagte FA rechnete ursprünglich in den KSt-Bescheiden aufgrund der Aktiengeschäfte Kapitalertragsteuer (KapErtrSt) im zweistelligen Millionenbereich auf die Steuerlast an.

Das FA änderte im April 2020 die KSt-Festsetzungen und nahm die Anrechnungen zurück. Kurz vorher, im März 2020, waren zwei der Anlageberater wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung zugunsten der Bank im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Aktiengeschäften verurteilt worden.

Die Klägerin machte geltend, dass die Urteilsfeststellungen in den Strafverfahren nicht verwertet werden dürften, weil sie unter schweren Mängeln litten. Die Verantwortlichen der Bank hätten keinen Vorsatz hinsichtlich einer Steuerhinterziehung gehabt.

Das FG ist den Argumenten der Klägerin nicht gefolgt: Das FA habe die KSt-Bescheide ändern und die Anrechnungsverfügungen zurücknehmen dürfen.

Die Festsetzungsfrist sei in allen Streitjahren nicht abgelaufen gewesen, weil sie wegen einer Steuerhinterziehung zugunsten der Bank jeweils 10 Jahre betragen habe. Das FG mache sich insoweit die Feststellungen in den rechtskräftigen Urteilen gegen die beiden Anlageberater zu eigen.

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO hätten die KSt-Bescheide geändert werden dürfen. Es hätten neue Tatsachen vorgelegen: Es sei erst nachträglich bekanntgeworden, dass die angerechnete KapErtrSt nicht erhoben worden sei. Die Bank habe sich selbst insoweit inhaltlich unzutreffende Steuerbescheinigungen ausgestellt, deren Beweiskraft erschüttert sei.

Auch die Rücknahme der Anrechnungsverfügungen sei zu Recht erfolgt. Es lägen mit § 130 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 AO drei Rücknahmetatbestände vor. Die Jahresfrist für die Rücknahme der ursprünglichen Anrechnungsverfügungen (§ 130 Abs. 3 S. 1 AO) sei jeweils eingehalten worden und es liege auch keine Zahlungsverjährung vor. Letztere habe mit jeder zwischenzeitlichen Änderung der KSt-Festsetzungen neu zu laufen begonnen.

FG Hamburg v. 9.11.2023 – 6 K 228/20, NZB eingelegt, Az. des BFH: VIII B 17/24

b) Besteuerung von Ausschüttungen in der Organschaft bei wechselseitiger Beteiligung

Der Grundsatz der Einmalbesteuerung im Organkreis gebietet keine einschränkende Auslegung des § 8b Abs. 4 i.V.m. § 14 KStG dahingehend, dass bei einer wechselseitigen Beteiligung der Organgesellschaften die betreffenden Beteiligungserträge freizustellen sind. Die Besteuerung ist auch nicht sachlich unbillig i.S.d. § 163 AO.

FG Köln v. 15.6.2023 – 10 K 1196/17, rkr.

c) Einlagekonto: Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit

Die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 KStG ist wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 AO zu berichtigen, wenn der Anfangs- und Endbestand des steuerlichen Einlagekontos mit 0EUR beziffert wird, anhand der dazu dem Finanzamt eingereichten Unterlagen (Bilanz und Detaillierung zur Bilanz und zur Gewinn- und Verlustrechnung) aber erkennbar ist, dass ein der Erhöhung der Kapitalrücklage entsprechender Betrag tatsächlich zugeflossen ist.

FG Düsseldorf v. 7.9.2023 – 7 K 677/22 F

d) Ab 2004 kein Verstoß der Gesellschafter-Fremdfinanzierung nach § 8a KStG a.F. gegen Unionsrecht

Die Beschränkung des Abzugs von Zinsen nach § 8a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG a.F. war in den Jahren 2004-2007 unionsrechtskonform (Anschluss an Hess. FG v. 7.5.2014 – 11 K 346/17 [nicht veröffentlicht]). Bei der Berechnung des "Safe Haven" nach § 8a Abs. 2 S. 3 KStG a.F. waren nicht nur die aktiven Vermögensgegenstände, sondern auch die Schulden der Personengesellschaft anstelle der Beteiligung an der Personengesellschaft zu berücksichtigen (Anschluss an Hess. FG v. 7.5.2014 – 11 K 346/17 [nicht veröffentlicht]).

Hess. FG v. 29.3.2023 – 4 K 1753/19, rkr.

e) Erlass von Säumniszuschlägen infolge sachlicher Unbilligkeit?

Säumniszuschläge sind wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, wenn die Steuerfestsetzung später aufgehoben wird und der Steuerpflichtige "alles getan" hat, um die AdV des Steuerbescheids zu erreichen, sein Antrag auf AdV aber gleichwohl erfolglos geblieben ist. Aus dem Erfordernis, "alles getan zu haben", um eine AdV zu erreichen, folgt, dass nach erfolgloser Beantragung einer Aussetzung der Vollziehung bei der Finanzbehörde im Anschluss auch ein Antrag beim FG gestellt worden sein muss (gegen FG Köln v. 24.11.2016 – 10 K 3370/14, EFG 2017, 363; Anschluss an AEAO zu § 240 Nr. 5 Buchst. f).

FG Berlin-Bdb. v. 22.11.2022 – 5 K 5146/21, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 2/23

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