Steuerpflichtige Sachausschüttung oder steuerbegünstigte Abspaltung: Der BFH hat im Urteil v. 1.7.2021 entschieden, dass für den Fall, dass eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft inländischen Anteilseignern im Wege eines sog. "Spin-Off" Aktien ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft zuteilt, grundsätzlich Kapitaleinkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG vorliegen, soweit es sich nicht um eine Abspaltung i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG handelt (BFH v. 1.7.2021 – VIII R 9/19, FR 2021, 1136). Die Aktienzuteilung i.R. eines US-amerikanischen "Spin-Off" ist nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral, wenn die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S.d. § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind. Die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV gebietet eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch auf ausländische Vorgänge. Der Begriff der "Abspaltung" i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist typusorientiert auszulegen. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht erforderlich. Entscheidend ist bei einer "Abspaltung" i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.

Problem: Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kl.) hielten in 2015 (Streitjahr) über ihre Depotbank Aktien der Hewlett-Packard Company (HPC), einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Nachdem die HPC in Hewlett-Packard Inc. (HPI) umbenannt worden war, übertrug die HPI das Unternehmenskundengeschäft auf die Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE), eine Tochtergesellschaft und ebenfalls Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Die Aktionäre erhielten sodann für eine alte Aktie der HPC eine Aktie der umbenannten HPI. Zusätzlich teilte ihnen die HPI ihre bereits an der HPE gehaltenen Anteile zu, so dass die Aktionäre fortan im selben Verhältnis an den beiden Gesellschaften – der HPI und der HPE – beteiligt waren. Die Depotbank wies in der Jahressteuerbescheinigung für das Streitjahr die zugeteilten HPE-Aktien als Kapitalertrag aus. Das FA behandelte die zugeteilten HPE-Aktien als steuerpflichtigen Kapitalertrag, allerdings hatte die hiergegen erhobene Klage Erfolg (vgl. Urteil des FG Düsseldorf v. 12.3.2019 – 13 K 1762/17 E, EFG 2019, 1117).

Steuerpflichtige Sachausschüttung: Die Zuteilung der HPE-Aktien von der HPI an die Kl. führt bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, für den Deutschland das Besteuerungsrecht zusteht. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile, Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien. Unerheblich ist es insofern, ob es sich bei der ausschüttenden Gesellschaft um eine in- oder ausländische Gesellschaft handelt (vgl. insofern BFH v. 20.10.2010 – I R 117/08 Rz. 13 m.w.N., EStB 2011, 139 [Krämer]). Dementsprechend ist den Kl. mit der Einbuchung der HPE-Aktien auf ihrem Depot ein Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung zugeflossen.

Kein Ausschluss des Besteuerungsrechts für laufende Erträge im Inland: Für diese Sachausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von der in den USA ansässigen HPI steht Deutschland abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu. Die Kl. waren im VZ 2015 unstreitig im Inland wohnhaft und mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig i.S.d. § 1 Abs. 1 EStG. Das DBA zwischen Deutschland und den USA vom 29.8.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 4.6.2008 (BGBl. I 2008, 612, BStBl. I 2008, 784) weist das Besteuerungsrecht für Dividenden aus Aktien, die eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft an eine im Inland ansässige Person zahlt, nach Art. 10 Abs. 1 DBA USA 1989/2008 dem Ansässigkeitsstaat des Aktieninhabers zu.

Keine Besteuerung aufgrund steuerbegünstigter Abspaltung gem. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG: Nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG gilt abweichend von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG und § 15 des UmwStG die Regelung in § 20 Abs. 4a Satz 1, 2 EStG entsprechend, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften übergeht. Abspaltung: Voraussetzung ist zunächst der Vermögensübergang durch "Abspaltung". Eine solche liegt nach nationalem Recht gem. § 123 Abs. 2 UmwG vor, wenn ein Rechtsträger von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger überträgt oder der oder die übernehmenden Rechtsträger erst durch die Übertragung entstehen und die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers als Gegenleistung Anteile am übernehmenden Rechtsträger erhalten. Übertragung auf ausländische Vorgänge: Die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist auch auf ausländische Vorgänge anwendbar, die bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung de...

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