Tenor

Auf die Erinnerung der Schuldnerin wird festgestellt, dass der durch den Lastschriftwiderruf vom 7.12.2008 auf das Konto des Treuhänders gelangte Betrag von Euro 1 736,44 nicht zur Insolvenzmasse gehört.

 

Tatbestand

A.

I. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde mit Beschluß vom 13.11.2007 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt … zum Treuhänder bestellt.

Dieser hat unter Hinweis auf Entscheidungen des BGH vom 4.11.2004, Az IX ZR 22/03 sowie des AG Hamburg vom 28.6.2007, Az 68g IK 272/07 mit Fax vom 7.12.2007 der kontoführenden Sparkasse gegenüber Lastschriften auf dem Girokonto der Schuldnerin für den Zeitraum 1.10.–13.11.2007 widersprochen.

Die Sparkasse hat daraufhin 1 736,44 Euro auf das ihr mitgeteilte Treuhandkonto überwiesen und zugleich erklärt, sie werde das Konto der Schuldnerin künftig nur noch als Habenkonto führen.

Vom Lastschriftwiderruf betroffen sind die Wohnraummieten für Oktober und November 2007 sowie Forderungen von Versorgungsund Telefonunternehmen.

Die Schuldnerin, die Sozialhilfe bezieht, erhält den auf sie und auch den auf ihrem Ehemann entfallenden Teil der Kosten für Unterkunft und Heizung von der Arge für Beschäftigung München GmbH auf ihr Konto überwiesen. Von dort zieht der Vermieter aufgrund der ihm erteilten Ermächtigung den jeweils fälligen Betrag ein.

II. Mit Schreiben vom 6.2.2007 legte die Schuldnerin durch ihren Anwalt Erinnerung ein und beantragt, den Treuhänder anzuweisen, sämtliche durch den Lastschriftwiderruf gutgeschriebenen Beträge an die jeweiligen Vertragspartner der Schuldnerin zu zahlen.

Alle Lastschriften stammten aus dem unpfändbaren Einkommen der Schuldnerin, die Mieten sogar aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II, die nach den §§ 850 ff. ZPO unpfändbar seien.

In Insolvenzverfahren, die wie vorliegend nur aufgrund einer Stundung der Verfahrenskosten eröffnet wurden, führe der Lastschriftwiderruf regelmäßig nicht dazu, dass eine verteilbare Masse entstehe. Vielmehr würden nur die gestundeten Kosten den Vermietern, Versorgungsunternehmen etc. überbürdet, obwohl diese ihre Leistung ordnungsgemäß erbracht haben.

Dem Ehemann der Schuldnerin, der Mitmieter der Wohnung ist, könne aufgrund des zweimonatigen Mietrückstands fristlos gekündigt werden, da er nicht durch § 112 InsO geschützt sei.

Der Treuhänder erklärt, das tatsächliche Vorbringen der Schuldnerin sei richtig.

 

Entscheidungsgründe

B.

I. Die Erinnerung der Schuldnerin, mit der sie nach § 36 IV Satz 1 InsO iVm §§ 4 InsO, 766 ZPO die Feststellung begehrt, die durch den Lastschriftwiderruf erlangten Beträge gehörten nicht zur Insolvenzmasse, ist zulässig. Den Antrag kann auch – obwohl in § 36 IV InsO nicht ausdrücklich erwähnt – der Schuldner stellen (Kübler- Prütting, InsO, Rdn. 40 zu § 36).

Sie ist auch begründet. Das Gericht hat jedoch abweichend vom Antrag der Schuldnerin nur die fehlende Massezugehörigkeit festgestellt, da der Treuhänder so zunächst prüfen kann, ob Forderungen einzelner vom Lastschriftwiderruf betroffener Gläubiger nicht bereits durch den mitverpflichteten Ehemann der Schuldnerin erfüllt wurden.

II. Mit der Entscheidung des AG Hamburg (ZinsO 2007, 721 ff.) stimmt das erkennende Gericht nur insoweit überein, als dieses Treuhänder und Insolvenzverwalter, was deren Berechtigung zum Lastschriftwiderruf betrifft, gleich behandelt.

Im Übrigen folgt es weder der Rechtsauffassung des AG Hamburg, noch der des BGH in drei weitgehend gleichlautenden Entscheidungen zum Lastschriftwiderruf in Insolvenzeröffnungs- und Insolvenzverfahren vom 4.11.2004 (u.a. BGHZ 161, 49 ff.) sowie im Urteil vom 25.10.2007, Gz IX ZR 217/06 (ZIP 2007, 2273).

1.) Die zentralen Fragen, wann Forderungen von Gläubigern im Einzugsermächtigungsverfahren erfüllt sind und ob Treuhändern bzw. Insolvenzverwaltern eine weiterreichende Befugnis zum Lastschriftwiderruf zusteht, als dem Schuldner, sind trotz dieser Urteile noch nicht abschließend geklärt. Über beide wird der Bankrechtssenat des BGH in einem unter Gz XI ZR 283/07 anhängigen Verfahren noch zu befinden haben. Da dessen Vorsitzender und ein Mitglied des Senats ihre Rechtsauffassung, die der des IX. Senats konträr ist, bereits sorgfältig begründet und publiziert haben (Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 ff.), dürfte erst eine Entscheidung des Großen Zivilsenats endgültige Rechtssicherheit bringen.

2.) Eine am Willen der Parteien orientierte Auslegung der Lastschriftabrede, §§ 133, 157 BGB, ergibt, dass der Anspruch eines Gläubigers, der aufgrund einer ihm erteilten Ermächtigung berechtigt eine Forderung einzieht, bereits dann erfüllt ist, wenn der eingezogene Betrag seinem Konto vorbehaltslos gutgeschrieben wurde.

a. Am Einzugsermächtigungsverfahrens beteiligt sind der Schuldner, der Gläubiger, die Gläubiger- und die Schuldnerbank.

Zwischen Schuldner und Gläubiger besteht ein gegenseitiger Vertrag. Hauptpflicht des (Geld-)Gläubigers ist es, die geschuldete Sachleistung zu erbringen, Hauptpflicht des (Geld-) Schuldners den vereinbarten Betrag fristge...

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