Leitsatz

1. Die vom Steuerpflichtigen getragenen Herstellungskosten eines fremden Gebäudes, das er zu betrieblichen Zwecken nutzen darf, sind bilanztechnisch "wie ein materielles Wirtschaftsgut" zu behandeln und nach den für Gebäude geltenden AfA-Regeln abzuschreiben.

2. Für die Behandlung von Herstellungskosten eines fremden Gebäudes "wie ein materielles Wirtschaftsgut" ist ohne Bedeutung, ob

  1. die Nutzungsbefugnis des Steuerpflichtigen auf einem unentgeltlichen oder auf einem entgeltlichen Rechtsverhältnis beruht,
  2. dem Steuerpflichtigen zivilrechtliche Ersatzansprüche gegen den Eigentümer des Grundstücks zustehen oder ob er von vornherein auf solche Ansprüche verzichtet, und
  3. die Übernahme der Herstellungskosten durch den Steuerpflichtigen eine unentgeltliche Zuwendung an den Eigentümer des Grundstücks oder Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks ist.
 

Normenkette

§ 7 Abs. 4, § 4 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Eine Besitz-GbR hatte das an die Betriebsgesellschaft vermietete Gebäude auf einem Grundstück errichtet, das sie von der Ehefrau bzw. Mutter der Gesellschafter gepachtet hatte. Der Pachtvertrag war 1983 für eine Dauer von 15 Jahren mit einer Verlängerungsoption um weitere 10 Jahre geschlossen worden. Die Verlängerungsoption wurde 1996 unter Vereinbarung einer erneuten Verlängerungsoption bis 2021 ausgeübt. Die GbR hatte nach Ausübung einer Verlängerungsoption keinen Anspruch auf Entschädigung für das Gebäude.

Zunächst hatte die GbR das Gebäude als solches bilanziert und nach § 7 Abs. 4 EStG abgeschrieben. Im Wirtschaftsjahr 1997/98 errichtete sie einen Anbau und bilanzierte die Anschaffungskosten als bis 2021 zeitanteilig aufzulösenden aktiven RAP. Nachdem das FA der Meinung war, die Baumaßnahmen hätten nur zu nachträglichen Herstellungskosten des Altgebäudes geführt, machte die GbR geltend, auch für den Restwert des Altgebäudes sei ein zeitanteilig aufzulösender RAP zu bilden.

Das FA ging für ursprüngliche und neue Herstellungskosten von einer linearen AfA über die von § 7 Abs. 4 EStG geregelte Nutzungsdauer aus. Die dagegen erhobene Klage war erfolglos (FG Köln, Urteil vom 11.05.2005, 4 K 641/02, Haufe-Index 1707150, EFG 2007, 570).

 

Entscheidung

Der BFH wies auch die Revision zurück. Unabhängig davon, wer wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes sei, könne die GbR die dafür aufgewendeten Herstellungskosten wie ein Wirtschaftsgut nach den Regeln für Gebäude über die dafür gesetzlich typisierte Nutzungsdauer abschreiben.

 

Hinweis

1. Das Urteil enthält eine Vereinfachung für betrieblich genutzte Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Es entwickelt Entscheidungen des Großen Senats des BFH zum sog. Drittaufwand weiter.

Im Beschluss vom 30.01.1995, GrS 4/92 (Haufe-Index 65629, BStBl II 1995, 281) hatte der Große Senat aus dem objektiven Nettoprinzip abgeleitet, dass derjenige, der ein Gebäude errichtet, um es zur Erzielung von Einkünften zu nutzen, die entstandenen Aufwendungen einkünftemindernd abziehen können muss. Nach dem Beschluss des Großen Senats vom 23.08.1999, GrS 1/97 (BFH/NV 2000, 131) steht dem Abzug auch nicht entgegen, dass das Gebäude auf einem Grundstück des Ehegatten errichtet wird, selbst wenn sich die Schaffung von Eigentum für den Ehegatten mangels eines Ersatzanspruchs als Zuwendung qualifizieren lassen könnte.

Hier setzt das jetzige Urteil an, indem es klarstellt, dass es ohne Bedeutung ist, ob derjenige, der das Gebäude errichtet, das betreffende fremde Grundstück entgeltlich oder unentgeltlich nutzt und ob er zivilrechtliche Ersatzansprüche gegenüber dem Grundstückseigentümer hat.

2. Steuerbilanziell sind die Aufwendungen "wie ein Wirtschaftsgut" zu behandeln, also wie ein dem Steuerpflichtigen gehörendes Gebäude. Das bedeutet, dass auch die AfA nach den für ein Gebäude geltenden Regeln zu bemessen ist. Es kommt deshalb nicht in Betracht, die Herstellungskosten auf einen ggf. kürzeren Zeitraum der Nutzungsbefugnis zu verteilen. Wie der Urteilsfall zeigt, kann die Nutzungsbefugnis schon deshalb kein geeigneter Indikator für die Verteilung der Aufwendungen sein, weil die Befugnis leicht verlängert oder abgekürzt werden kann.

3. Bei Ablauf der Nutzungsbefugnis ist ein noch vorhandener Restwert gewinnmindernd auszubuchen. Eine etwaige Entschädigung des Grundstückseigentümers würde als Betriebseinnahme den Gewinn erhöhen. Ist die typisierte Nutzungsdauer in diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen und ist der Grundstückseigentümer eine nahestehende Person, wird von einer Entnahme auszugehen sein, wenn keine angemessene Entschädigung vom Grundstückseigentümer gezahlt wird. Unklar ist dabei, mit welchem Wert die Entnahme zu bewerten wäre. Im Hinblick auf die Behandlung wie ein materielles Wirtschaftsgut könnte evtl. auf den Teilwert des Gebäudes abzustellen sein und nicht auf die vom Restwert repräsentierten bisher nicht abgezogenen Aufwendungen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.02.2010 – IV R 2/07

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