Wird das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich (Uneinbringlichkeit der Forderung), gilt dies als Änderung der Bemessungsgrundlage.[1] Wenn die Voraussetzung der Uneinbringlichkeit gegeben ist, kann der leistende Unternehmer die von ihm geschuldete Umsatzsteuer berichtigen, der Leistungsempfänger hat die gezogene Vorsteuer zu korrigieren. Die Frage der Uneinbringlichkeit ist dabei nach kaufmännischem Ermessen zu beurteilen. Nach den Feststellungen des BFH[2] ist eine Forderung uneinbringlich, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung ganz oder teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann. Fälle der Uneinbringlichkeit liegen insbesondere dann vor, wenn der Leistungsempfänger nachweisbar zahlungsunfähig ist oder die Einrede der Verjährung erheben kann. Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt (spätestens) zur Uneinbringlichkeit der Forderung.

Regelmäßig ist auch davon auszugehen, dass die Forderung uneinbringlich ist, wenn und ggf. soweit der Leistungsempfänger das Bestehen der Entgeltsforderung selbst oder deren Höhe substantiiert bestreitet und damit erklärt, dass er die Forderung ganz oder teilweise nicht bezahlen werde.[3]

 
Wichtig

Ertragsteuerrechtliche Wertberichtigungen sind unbeachtlich

Ertragsteuerlich zulässige pauschale Wertberichtigungen oder zulässige Einzelwertberichtigungen führen noch nicht zu einer Uneinbringlichkeit der Forderung und ziehen somit keine Änderung der Bemessungsgrundlage nach sich.

Eine Uneinbringlichkeit kann sich aber auch nachträglich ergeben, wenn der Unternehmer eine schon erhaltene Zahlung aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung eines Insolvenzverwalters nach § 129 ff. InsO wieder an den Insolvenzverwalter zurückzahlen muss.[4] Die Berichtigung erfolgt dabei im Zeitpunkt der Rückzahlung, sodass beim insolventen Unternehmer der korrespondierende Berichtigungsanspruch eine Masseverbindlichkeit darstellt.

Der BFH[5] hat darüber hinaus festgestellt, dass bei Sicherheitseinbehalten (typischerweise in der Bauwirtschaft) der leistende Unternehmer nicht verpflichtet ist, die Umsatzsteuer mehrere Jahre vorzufinanzieren. Insoweit sieht der BFH eine Uneinbringlichkeit, wenn der leistende Unternehmer den Sicherheitseinbehalt nicht durch eine Bankbürgschaft ablöst bzw. ablösen kann (z. B. wegen Versagung einer Bürgschaft durch das finanzierende Kreditinstitut). Der Unternehmer hat die Voraussetzungen für eine Minderung der Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit nachzuweisen. Aus den Nachweisen muss sich leicht und einwandfrei ergeben, dass für jeden abgeschlossenen Vertrag konkrete, im Einzelnen vom Unternehmer begehrte Gewährleistungsbürgschaften beantragt und abgelehnt wurden. Gleichzeitig kann sich dann insoweit auch keine Vorsteuerabzugsberechtigung bei dem Leistungsempfänger ergeben.[6]

Ob diese Beurteilung der Uneinbringlichkeit mit der neueren Rechtsprechung des EuGH[7] zur Steuerentstehung bei Ratenzahlungen vereinbar ist, wird sich erst durch weitere Rechtsprechung klären lassen. Fraglich wird dabei sein, ob die Schlusszahlung nach Ablauf der Gewährleistungsfrist als "unter einer Bedingung stehend"[8] angesehen werden kann.

Soweit eine Forderung als uneinbringlich behandelt wurde, später aber dann doch noch eine Zahlung für die damalige Leistung vereinnahmt wird, ist der leistende Unternehmer verpflichtet, die Umsatzsteuer nach den zum Zeitpunkt der damaligen Leistung geltenden Rechtsvorschriften nachzuentrichten, der (damalige) Leistungsempfänger hat insoweit einen Vorsteuerabzugsanspruch aus der ursprünglich erhaltenen Leistung.

 
Praxis-Beispiel

Mehrfache Änderung der Bemessungsgrundlage

Hersteller H hatte an den Großhändler G im März 2018 Monatshygieneartikel im Wert von 59.500 EUR geliefert (19 % Umsatzsteuer in 2018). Da eine Zahlung des G nicht erfolgte, wurde die Forderung im Januar 2019 nach Kenntnis über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von H nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG berichtigt. Die für den Voranmeldungszeitraum März 2018 abgeführte Umsatzsteuer i. H. v. 9.500 EUR wurde vom Finanzamt im Rahmen der Voranmeldung Januar 2019 erstattet. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens erhält H im Juli 2022 noch eine Zahlung i. H. v. 5.950 EUR.

H muss im Juli 2022 eine Umsatzsteuer i. H. v. 19 % aus den erhaltenen 5.950 EUR an sein Finanzamt abführen. Damit entstehen 950 EUR Umsatzsteuer für den nachträglich vereinnahmten Forderungsbetrag. Da die Leistung in 2018 ausgeführt wurde, unterliegt die nachträgliche Zahlung dem in 2018 anzuwendenden Regelsteuersatz von 19 % und nicht dem im Jahr der Auszahlung anzuwendenden ermäßigten Steuersatz von 7 %[9] für Artikel der Monatshygiene.

 
Praxis-Tipp

Keine Anzeigeverpflichtung

Der leistende Unternehmer ist nicht verpflichtet, dem Leistungsempfänger Mitteilung davon zu machen, wenn er eine Forderung als uneinbringlich beh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge