Leitsatz

Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) steht einer nationalen Vorschrift entgegen, die einer beschränkt steuerpflichtigen Person nicht erlaubt, die Steuerberatungskosten, die ihr für die Erstellung ihrer ESt-Erklärung entstanden sind, nicht in gleicher Weise wie eine unbeschränkt steuerpflichtige Person von ihren steuerpflichtigen Einkünften als Sonderausgaben abzuziehen.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1997, Art. 52 EGV (jetzt Art. 43 EG)

 

Sachverhalt

Der Kläger, Herr Conijn, ist niederländischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in den Niederlanden. Im Streitjahr 1998 erzielte er aus der Beteiligung an einer inländischen Kommanditgesellschaft über eine Erbengemeinschaft inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die inländischen Einkünfte betrugen weniger als 90 % seiner Gesamteinkünfte.

In seiner ESt-Erklärung machte er die auf ihn entfallenden Steuerberatungskosten für die Erstellung der Steuererklärung von 1.046 DM als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1997 geltend. Das FA erkannte den Abzug dieser Ausgaben unter Hinweis auf § 50 Abs. 1 Satz 5 EStG 1997 nicht an.

Die Klage gegen den hiernach ergangenen Steuerbescheid blieb erfolglos (EFG 2004, 563).

 

Entscheidung

Der EuGH sah keinen Grund, weshalb Herr Conijn schlechter behandelt werden sollte als ein x-beliebiger Gebietsansässiger: Der Abzug ist ihm zu gewähren.

In diesem Sinn wird der BFH wegen des Vorrangs von Gemeinschaftsrecht nun wohl zugunsten von Herrn Conijn über die bei ihm immer noch anhängige und ausgesetzte Revision befinden müssen.

 

Hinweis

Es handelt sich hierbei um die "Antwort" des EuGH auf den Vorlagebeschluss des BFH vom 26.5.2004, I R 113/03, der Ihnen in BFH-PR 2004, 393 vorgestellt wurde.

Diese Vorlage, die darauf abzielte, einem beschränkt steuerpflichtigen (hier niederländischen) Gebietsfremden entgegen § 50 Abs. 1 Satz 5 EStG den Abzug von Steuerberatungsaufwand für die Erstellung seiner Steuererklärung (als Mitunternehmer) gegenüber seinem deutschen FA zu sichern, hat in gewisser Weise (zweifelhafte) Rechtsgeschichte gemacht. Denn dem Verlauten nach gab sie den Anstoß für die Streichung jenes § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG mit Wirkung vom VZ 2006 an.

Sieht man von dieser mehr oder weniger unsinnigen Reaktion der Finanzverwaltung und des Gesetzgebers einmal ab, so konnte gegenüber dem Ergebnis, das der EuGH gefunden hat, kein Zweifel bestehen:

Auch dem Gebietsfremden ist der Sonderausgabenabzug zu gewähren. Dass jener Abzug von Sonderausgaben nach Maßgabe der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung (vgl. z.B. Urteil vom 12.6.2003, C-234/01 "Gerritse", BFH-PR 2003, 342) prinzipiell dem Wohnsitz- und nicht dem Quellenstaat obliegt, kann daran nichts ändern. Bei den Steuerberatungskosten für die ESt-Erklärung handelt es sich zwar der Sache nach um Privataufwand. Der Katalog abzugsfähiger Sonderausgaben ist indes derart heterogen, dass er sich nicht auf "reinen" Privataufwand reduzieren lässt. Entscheidend ist, dass der In- wie der Ausländer gleichermaßen von der Steuererklärungspflicht betroffen ist.

In der Zukunft – nach Abschaffung von § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG – ist der Gebietsfremde ebenso wie der Gebietsansässige gehalten, die Beratungskosten in den betrieblichen/beruflichen Bereich "herüberzuziehen", um den Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu gewährleisten.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 6.7.2006, Rs. C-346/04 – Conijn –

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