Leitsatz

Nutzt ein Steuerpflichtiger ein häusliches Arbeitszimmer während einer Phase der Erwerbslosigkeit zur Vorbereitung auf eine künftige Erwerbstätigkeit, so kann er die Aufwendungen für das Arbeitszimmer regelmäßig nur geltend machen, wenn und soweit ihm der Werbungskostenabzug auch unter den zu erwartenden Umständen der späteren beruflichen Tätigkeit zustehen würde.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war zunächst als Beamtin des gehobenen Diensts für die A-Verwaltung tätig. Aus gesundheitlichen Gründen wurde sie vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Ende 1995 wurde anlässlich einer ärztlichen Nachuntersuchung festgestellt, dass die Klägerin zwischenzeitlich wieder dienstfähig war. In der Folgezeit war die Klägerin kurzfristig im Rahmen eines Arbeitsversuchs bei der B-Verwaltung im aktiven Dienst beschäftigt. Nachdem diese der Klägerin mitteilte, dass eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht beabsichtigt sei, ließ sich die Klägerin im Jahr 2001 als Selbstständige nieder.

Bei der ESt-Veranlagung für das Streitjahr 1996 machte die Klägerin vergeblich Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Keller ihres Wohnhauses i.H.v. rd. 5.000 DM als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Sie entspreche den vorgenannten Rechtsgrundsätzen. Die gesetzlichen Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG seien auch dann zu beachten, wenn die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten geltend gemacht werden. Das FG weise zu Recht darauf hin, dass eine generelle unbegrenzte Abzugsmöglichkeit für Erwerbslose zu einer – mit Sinn und Zweck des Gesetzes – nicht zu vereinbarenden Besserstellung gegenüber erwerbstätigen Steuerpflichtigen führen würde, soweit diese von den Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG betroffen sind.

Das FG habe – in einer den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Weise – festgestellt, dass der Klägerin von ihrem künftigen Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden wäre, wenn der Dienstherr von seiner Befugnis zur Reaktivierung des Dienstverhältnisses Gebrauch gemacht hätte. Das FG habe es ferner – in einwandfreier tatrichterlicher Würdigung – für ausgeschlossen gehalten, dass die Klägerin mehr als die Hälfte ihrer beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verbringen würde. Da somit bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen beschränkten Werbungskostenabzug (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG) nicht vorlägen, komme auch die beantragte unbeschränkte Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen nicht in Betracht.

 

Hinweis

1. In verschiedenen, nicht veröffentlichten Entscheidungen hatte der VI. Senat bereits entschieden, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer – unter bestimmten Voraussetzungen – auch während einer Tätigkeitsunterbrechung als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden können. So wurde u.a. im Urteil vom 19.8.2004, VI R 103/01, BFH/NV 2005, 48 erkannt, dass Aufwendungen einer Steuerpflichtigen, die sich im Erziehungsurlaub befindet, vorab entstandene Werbungskosten sein können, sofern die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in einem hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Zusammenhang mit erwarteten steuerbaren Einnahmen stehen. Gleiches gilt im Fall einer vorübergehenden Erwerbslosigkeit.

Wie auch sonst obliegt es dem Steuerpflichtigen, diesen Zusammenhang darzulegen und zu konkretisieren. Die bloße Behauptung, bestimmte Aufwendungen seien aus beruflichem Anlass entstanden, genügt nicht. Es muss also geprüft werden, ob in der Phase der (vorübergehenden) Erwerbslosigkeit das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird bzw. wirklich erforderlich ist. Zur Bedeutung des – der Vorschrift der § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zugrunde liegenden – Leitgedankens der Erforderlichkeit: siehe z.B. BFH, Urteil vom 7.8.2003, VI R 17/01, BFH-PR 2003, 447.

2. Mit dieser Rechtsprechung hat sich der BFH der gelegentlich geäußerten (restriktiven) Auffassung nicht angeschlossen, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer seien überhaupt nur unter der Voraussetzung als Werbungskosten zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige im betreffenden VZ beruflich tätig ist.

3. Weiterhin müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG im Hinblick auf die zu erwartenden Umstände der späteren beruflichen Tätigkeit geprüft werden. Das heißt, die in der genannten Vorschrift enthaltenen Abzugsbeschränkungen gelten auch für vorab entstandene Erwerbsaufwendungen.

Es ist somit z.B. zu prüfen, ob dem Steuerpflichtigen bei der angestrebten Tätigkeit von seinem Arbeitgeber ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt bzw. ob die berufliche Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers mehr als 50 % seiner späteren Gesamttätigkeit ausmachen würde.

Mit dieser Rechtsprechung ist auch entschieden, da...

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