Leitsatz

Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Zweitwohnung an einem auswärtigen Beschäftigungsort sind auch dann wegen doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten abziehbar, wenn der Arbeitnehmer zugleich am Ort seines Hausstands beschäftigt ist.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr (1996) wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Abgeordneten des Deutschen Bundestags. Er hatte seine Dienstpflichten sowohl im Wahlkreis des Abgeordneten in Berlin als auch am damaligen Sitz des Bundestags in Bonn zu erfüllen. Neben seinem Hauptwohnsitz in Berlin unterhielt der Kläger auch in Bonn eine eigene Wohnung. Bei der ESt-Veranlagung 1996 machte der Kläger vergeblich Aufwendungen für die Wohnung in Bonn i.H.v. 12.200 DM als Werbungskosten geltend.

Das FG wies die Klage ab (EFG 2003, 1528). Der Tatbestand der doppelten Haushaltsführung sei nicht erfüllt, da der Kläger nicht ausschließlich außerhalb Berlins beschäftigt gewesen sei. Die Aufwendungen für die Zweitwohnung in Bonn unterlägen dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG.

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers war erfolgreich. Die Aufwendungen des Klägers für seine Zweitwohnung in Bonn seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen. Der Tatbestand der doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) sei erfüllt. Entgegen der Ansicht des FG sei die doppelte Haushaltsführung auch beruflich veranlasst.

 

Hinweis

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach Satz 2 der Vorschrift vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH kann auch ein alleinstehender Arbeitnehmer einen doppelten Haushalt führen.

2. Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist der Ort der regelmäßigen, dauerhaften Arbeitsstätte. Dies ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen (siehe z.B. BFH, Urteil vom 22.7.2003, VI R 190/97, BFH-PR 2004, 5). Dabei kann ein Arbeitnehmer auch mehrere Arbeitsstätten haben (z.B. BFH, Urteil vom 5.8.2004, VI R 40/03, BFH-PR 2004, 476).

3. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH klargestellt, dass eine doppelte Haushaltsführung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Kläger auch am Ort seines Hauptwohnsitzes beschäftigt ist. Eine derartige Einschränkung enthält der Tatbestand der doppelten Haushaltsführung nicht. Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sieht nicht vor, dass der Steuerpflichtige ausschließlich außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Die Vorschrift verlangt vielmehr eine Aufspaltung der normalerweise einheitlichen Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte.

Eine solche Aufspaltung ist aber auch gegeben, wenn der Steuerpflichtige am Ort seiner zweiten Arbeitsstätte für die dortigen Arbeitseinsätze eine zweite Wohnung unterhält. Dies entspricht auch dem Zweck der Vorschrift, typische Mehraufwendungen zu erfassen, die dadurch entstehen, dass der Steuerpflichtige aus beruflichen Gründen nicht in seiner Familienwohnung wohnen kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.5.2007, VI R 47/03

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