Leitsatz

1. Musterhäuser eines Fertighausherstellers unterliegen der in § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG für Wirtschaftsgebäude bestimmten Abschreibungsrate (hier – Streitjahre 1995 bis 1998: jährlich 4 %).

2. In die Bemessung der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 S. 2 EStG ist bei Musterhäusern auch der Zeitraum einer nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb voraussichtlichen anschließenden Nutzung des Hauses als Wohngebäude einzubeziehen. Das gilt auch für auf fremdem Grund errichtete Fertighäuser, die zum Zweck der Veräußerung demontiert und anderenorts wieder aufgebaut werden müssen.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, S. 2 EStG 1990/1997 i.d.F. vor dem StSenkG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die sich u.a. mit der Errichtung und dem Vertrieb von Fertighäusern befasst. Sie errichtet überwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser als Typenhäuser in vorgefertigter Holzbauweise. Die vorgefertigten Wandteile, Geschossdecken und Dachelemente werden zur Baustelle transportiert und dort auf einer Kellerdecke oder Bodenplatte aufgestellt und montiert.

In den Streitjahren (1995 bis 1998) unterhielt und errichtete die Klägerin zu Vertriebszwecken Musterhäuser an verschiedenen Standorten im Bundesgebiet. Die Musterhäuser befanden sich zum Teil auf eigenen Grundstücken der Klägerin und teilweise auf gemietetem fremdem Grund und Boden. Soweit die Grundstücke angemietet worden waren, hatten die Mietverträge Laufzeiten zwischen zwei und neun Jahren. Im Regelfall enthielten die Mietverträge Klauseln, nach denen sich die Mietdauer jeweils verlängerte, wenn nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gekündigt würde. Zum Teil wurden die Musterhäuser nach Ablauf der Repräsentationsphase mit dem dazugehörigen Grund und Boden veräußert, zum Teil wurden sie demontiert und verkauft, zum Teil befanden sie sich über die Streitjahre hinaus noch im Betriebsvermögen.

Die Klägerin schrieb die Musterhäuser auf der Grundlage einer auf acht Jahre veranschlagten betrieblichen Nutzungsdauer in den Streitjahren mit 12,5 % jährlich ab; ihrer Auffassung nach handelte es sich bei den Musterhäusern nicht um Gebäude, sondern um Betriebsvorrichtungen. Das FA legte bei der Gewinnermittlung hingegen unter Berufung auf § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG 1990/1997 für die Musterhäuser die für Wirtschaftsgebäude geltende jährliche Abschreibungsrate von 4 % zugrunde.

Auf die dagegen gerichtete Klage hat das FG vorab durch Zwischenurteil zulasten der Klägerin entschieden (Hessisches FG, Zwischenurteil vom 14.05.2007, 4 K 1716/04, Haufe-Index 1849625, EFG 2008, 202).

 

Entscheidung

Der BFH hatte das bestätigt und den regulären Abschreibungssatz von 4 % nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG zugrunde gelegt.

 

Hinweis

Als sog. Musterhäuser eingesetzte Gebäude sind – insbesondere dann, wenn es sich auch noch um solche sind, die in Fertigbauweise errichtet wurden – "hybride" Gebilde: Sie sind gewissermaßen weder Fisch noch Fleisch, halb Gebäude, halb Betriebsvorrichtung.

Es liegt deswegen nicht von vornherein völlig fern, danach zu trachten, solche Häuser einer gegenüber "normalen" Gebäuden kürzeren steuerlichen Nutzungsdauer und Abschreibungsrate zu unterwerfen.

Kurzum: Der BFH sieht dennoch keine Veranlassung, solchem Trachten nachzugeben. Auch Musterhäuser sind objektiv "befriedete", fest mit dem Grund und Boden verbundene Gebilde, die zu Wohnzwecken geeignet sind und die sämtliche einschlägige Voraussetzungen, die das auch für die ESt maßgeblichen Bewertungsrecht für die Annahme eines Gebäudes verlangt, erfüllen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die technische Nutzungsdauer von Musterhäusern einschließlich des Zeitraums der regelmäßig nachfolgenden Anschlussnutzung als Wohnhäuser abweichend von § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG den gesetzlich typisierten Zeitraum von insgesamt 25 Jahren unterschreiten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.09.2008 – I R 47/07

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