Leitsatz

Erlangt aus einem Vertrag zugunsten Dritter der begünstigte Dritte einen frei verfügbaren Anspruch auf die Leistung gegen den Versprechenden, ist der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt. Erwerbsgegenstand ist in einem solchen Fall die – als Folge des Abschlusses des Vertrags zugunsten Dritter entstandene – Forderung des Dritten gegen den Verpflichteten. Die Steuer entsteht mit der Begründung des Forderungsrechts des Dritten.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ErbStG , § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG , § 328 Abs. 1 BGB

 

Sachverhalt

Die Eltern des Klägers waren Eigentümer mehrerer Grundstücke. 1990 übertrugen sie diesen Grundbesitz schenkweise auf seine Schwester (S). S verpflichtete sich, die Hälfte des Grundbesitzes unentgeltlich dem Kläger zu übereignen, "soweit dieser es wünscht". Im Fall eines Verkaufs von Grundstücken hatte S die Zustimmung des Klägers einzuholen und den Erlös mit ihm zu teilen. 1998 veräußerte S einige Grundstücke und gab die Hälfte des Erlöses an den Kläger weiter. Wegen der Auskehrung des Erlöses setzte das FA Schenkungsteuer gegen den Kläger fest. Dagegen wandte er sich erfolglos an das FG mit der Begründung, die Schenkung an ihn sei bereits 1990 erfolgt und die Festsetzungsfrist mittlerweile abgelaufen.

 

Entscheidung

Der BFH gab dem Kläger Recht. Die Frage, ob bei Schenkungen unter der Auflage, eine Leistung an einen Dritten zu erbringen, die Begünstigung des Dritten nach Nr. 1 oder 2 des § 7 Abs. 1 ErbStG zu besteuern ist, richtet sich danach, ob der begünstigte Dritte aus der Anordnung des Schenkers einen frei verfügbaren Anspruch auf die Leistung erlangt hat oder nicht. Ein aufschiebend bedingter Anspruch ist noch nicht frei verfügbar in diesem Sinn.

Der Kläger hat bereits 1990 einen frei verfügbaren Anspruch erworben. Daran ändert der Zusatz "soweit er es wünscht" nichts, weil es sich dabei um eine allein vom Willen des Klägers abhängige (Potestativ-)Bedingung handelt. Auch die Regelungen für den Fall einer Weiterveräußerung der Grundstücke durch S sind insoweit ohne Bedeutung. Sie räumten dem Kläger kein Wahlrecht ein – wie das FG meinte –, sondern dienten lediglich der Sicherstellung des dem Kläger 1990 zugewendeten Eigentumsverschaffungsanspruchs. Da der Anspruch bereits mit Abschluss des Vertrags zwischen den Eltern und S entstand, entstand nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gleichzeitig die Steuer.

 

Hinweis

Erlangt der Dritte bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 Abs. 1 BGB einen unbedingten Anspruch, besteht – falls sich aus dem Verhältnis des Dritten zum Versprechensempfänger nichts anderes ergibt – die Bereicherung des Dritten in diesem Anspruch und ist die Schenkung bereits mit dem Abschluss des Vertrags zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger ausgeführt. Es bedarf zur Ausführung der Schenkung keines Vollzugs seitens des Versprechenden mehr, so dass auch die Schenkungsteuer in der Person des Dritten sofort entsteht.

Zwischen dem Dritten und dem Versprechensempfänger können allerdings Rechtsbeziehungen bestehen, die einer Bereicherung des Dritten entgegenstehen und damit eine Schenkung ausschließen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.1.2005, II R 20/03

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