OFD Frankfurt, 30.06.2000, S 2121 A - 14 - St II 20

Im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff. des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) werden sog. Erziehungs- und Familienhelfer eingesetzt, die das Kind oder den Jugendlichen § 30 SGB VIII) oder die Familie § 31 SGB VIII) durch pädagogische und therapeutische Hilfen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen oder bei der Erfüllung von Erziehungsaufgaben unterstützen sollen. Hierfür werden die Erziehungs- und Familienhelfer von den Trägern der Jugendhilfe beauftragt und bezahlt. Aufgrund der bei der Jugendhilfe anzutreffenden Vielfalt von Trägern mit unterschiedlichsten Wertorientierungen werden die Erziehungs- und Familienhelfer teils im Rahmen von Dienstverhältnissen als Arbeitnehmer, teils im Rahmen von sog. Honorarverträgen als freie Mitarbeiter beschäftigt.

In diesem Zusammenhang wurde die Frage vorgelegt, wie die von den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe gewährten Vergütungen an selbstständig tätige Erziehungs- und Familienhelfer ertragsteuerlich zu behandeln sind. Hierzu wird wie folgt Stellung genommen:

Ob der Erziehungs- und Familienhelfer nichtselbstständig oder selbstständig tätig ist, richtet sich nach den von der Rechtsprechung aufgestellten und inH 67 (Allgemeines) LStH 2000 zusammengestellten Grundsätzen. Danach sind die für oder gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale ihrer Bedeutung entsprechend gegeneinander abzuwägen. Wird der Erziehungs- und Familienhelfer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig, haben die Träger der Jugendhilfe die Arbeitgeberpflichten – insbesondere den LSt-Abzug – zu beachten; unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitslohn steuerfrei bleiben § 3 Nr. 39 EStG) oder pauschal versteuert werden § 40 a EStG).

Liegt der Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers kein Dienstverhältnis zu Grunde, gilt folgendes:

 

Zahlungen durch einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe

Bezüge aus öffentlichen Mitteln sind nach § 3 Nr. 11 EStG u.a. dann steuerfrei, wenn sie als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Hierbei setzt der Begriff der öffentlich-rechtlichen Beihilfe eine uneigennützig gewährte Unterstützungsleistung voraus. Werden Leistungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht, können sie nicht als Beihilfe qualifiziert werden (BFH-Urteil vom 23.9.1998, XI R 11/98, BStBl 1999 II S. 133).

Die Voraussetzungen für die Behandlung der Bezüge als Beihilfe sind bei den Zahlungen an die Erziehungs- und Familienpfleger regelmäßig nicht gegeben. Denn den Erziehungs- und Familienpflegern werden durch die Zahlungen aus öffentlichen Mitteln regelmäßig nicht nur die im Zusammenhang mit der Tätigkeit entstehenden Kosten in angemessenem Umfang erstattet, sondern auch Tätigkeitsvergütungen gewährt, die den Aufwand an Zeit und die Arbeitsleistung abgelten sollen. Demzufolge unterliegen die gesamten Zahlungen – einschließlich einer ggf. gewährten Auslagenpauschale – der Einkommensteuerpflicht. Die Zahlungen sind den Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen (vgl. das inzwischen durch das BMF-Schreiben vom 7.2.1990, BStBl 1990 I S. 109 überholte BMF-Schreiben vom 16.11.1982, BStBl 1984 I S. 133 zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung des aus öffentlichen Kassen gezahlten Pflegegelds und Erziehungsbeitrags (Erziehungsgelds) für Kinder in Familienpflege).

 

Vergütungen durch einen Träger der freien Jugendhilfe (z.B. durch einen Verein)

In Ermangelung einer dem § 3 Nr. 11 EStG entsprechenden Steuerbefreiungsvorschrift für Zahlungen aus privaten Mitteln unterliegen die gesamten Zahlungen – einschließlich einer ggf. gewährten Auslagenpauschale – der Einkommensteuerpflicht. Die Zahlungen sind den Einkünften aus selbstständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen (vgl. BMF-Schreiben vom 20.1.1984, BStBl 1984 I S. 134, zur einkommensteuerlichen Behandlung der von privater Seite gezahlten Pflegegelder).

 

Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG

Nimmt die Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch und wird die einem Erzieher vergleichbare Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder im Rahmen der freien Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke §§ 52 bis 54 AO) ausgeübt, sind die hierfür gewährten Entgelte bis zur Höhe von 2.400 DM jährlich als Aufwandsentschädigung für eine nebenberufliche Tätigkeit steuerfrei § 3 Nr. 26 EStG). Die neben der eigentlichen Hauptaufgabe zusätzlich zu erbringende hauswirtschaftliche praktische Versorgung einer in Not geratenen Familie oder einer Einzelperson kann insoweit vernachlässigt werden. Diese Regelung gilt für Kalenderjahre bis einschließlich 1999. A...

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