Entscheidungsstichwort (Thema)

Neuregelung der Rentenbesteuerung mit dem AltEinkG. Feststellungslast für das Vorliegen einer Doppelbesteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ungleichbehandlungen, die mit der Anwendung der mit dem AltEinkG geschaffenen Übergangsregelungen verbunden sind, sind angesichts der Komplexität der zu regelnden Materie und der außerordentlich hohen Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen grundsätzlich solange hinzunehmen, als keine der Vergleichsgruppen einer unzulässigen doppelten Besteuerung unterworfen wird.

2. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer etwaigen verfassungswidrigen doppelten Besteuerung im Einzelfall liegt beim Steuerpflichtigen.

3. Der Darlegungslast kann nicht dadurch genügt werden, dass der Steuerpflichtige anstelle erforderlicher Ausführungen zu seinen Altersvorsorgeaufwendungen und deren Besteuerung sowie zu den für ihn zu erwartenden steuerfreien Rentenzuflüssen auf abstrakte Abhandlungen verweist, die allgemeine Erwägungen und Modellberechnungen auf der Grundlage modellhafter Zahlen- und Prozentwerte enthalten.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2-3; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Besteuerung einer Altersrente.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Im Streitjahr 2017 trat der am 5. Mai 1955 geborene Kläger in den Ruhestand und erhielt beginnend mit dem 1. Juni 2017 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ausweislich seiner Steuererklärung belief sich der Rentenbetrag für das Jahr 2017 auf insgesamt 10.719,– EUR. Der Beklagte ließ hiervon einen Anteil von 26 % und damit 2.787,– EUR steuerfrei. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und trugen vor, der Kläger habe bis zum 30. November 2004 Beiträge zur Rentenversicherung geleistet. Ab 2005 seien keine steuerentlastenden Beitragszahlungen mehr zu verzeichnen. Die Rentenzahlungen basierten mithin auf Beiträgen, die vor Einführung des Alterseinkünftegesetzes geleistet worden seien. Eine Besteuerung dieser Renteneinkünfte führe zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung. Für die Versteuerung der Renteneinkünfte könne ein maximaler Prozentsatz von 50 % zu Ansatz gelangen. Zum Nachweis reichten die Kläger eine mit „Anlage 2” und „Versicherungsverlauf vom 08.07.2014 für (Name des Klägers)” betitelte Aufstellung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See über Arbeitsentgelte und Verdienstzeiträume des Klägers ein, auf die hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage wiederholen die Kläger ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und ergänzen, die Rentenbeträge, die der Kläger bis 2004 geleistet habe, hätten „voll” der Besteuerung unterlegen. Lediglich die Arbeitgeberbeiträge seien steuerfrei geblieben. Daher sei nur die Hälfte der Einkünfte zu besteuern. Darüber hinaus verweisen die Kläger auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages sowie auf einen „Artikel von Schindler und Braun in NWB Heft 11/2020 Seite 784ff.”. Letztere wiesen finanzmathematisch nach, in welchem Umfang die einzelnen Jahrgänge von einer Doppelbesteuerung betroffen seien.

Das Gericht hat unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Mai 2021 (X R 33/19, BFH/NV 2021, 992) und vom 21. Juni 2016 (X R 44/14, BFH/NV 2016, 1791) darauf hingewiesen, dass die Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete steuerliche Doppelbelastung trügen und hierzu grundsätzlich konkreten und substantiierten Sachvortrag zu leisten hätten. Dies sei bisher noch nicht geschehen.

Die Kläger haben hierzu mitgeteilt, sie machten sich die Berechnungen des Diplom-Mathematikers Dr. Klaus Schindler und des Diplom-Kaufmanns und Steuerberaters Heinrich Braun (NWB 2020, S. 784 ff.) zu eigen. Ausweislich der Ergebnistabelle hätten die Autoren für einen Eckrentner mit 45 Beitragsjahren und einem Rentenbeginn in 2017 eine Doppelbesteuerung in Höhe von 18,4 % ermittelt. Danach seien beim Kläger 44,4 % der Rente steuerfrei zu stellen. Hierzu haben die Kläger eine Kopie der genannten Abhandlung vorgelegt, auf die hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird.

In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht darauf hingewiesen, dass für die Prüfung einer Doppelbesteuerung, die nach den Maßgaben in der bereits mitgeteilten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu erfolgen habe, weiterhin konkrete Angaben fehlten. Das Gericht hat vorgetragen, welche Rentenbeiträge aus dem vorgelegten Versicherungsverlauf hergeleitet werden könnten und welche Besteuerung sich für die bis zur Wiedervereinigung in der DDR geleisteten Beiträge ergebe. Für die Besteuerung ab 1991 fehlten jedoch Informationen über die Vorsorgeaufwendungen, die bei der Entlastung nach § 10 EStG für die Kläger im Einzelnen berücksichtigt worden seien. Aber auch bei einer unterstellten vollumfänglichen Besteuerung der Rentenb...

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