Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an freiberufliche Tätigkeit einer beratenden Betriebswirtin. Vergleichbarkeit der Tätigkeit einer „Diplom-Öconomin” als Baubetreuerin mit der eines Architekten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine beratende Betriebswirtin ist nur dann freiberuflich tätig, wenn der Schwerpunkt der Beratung auf typischen Gebieten der Betriebswirtschaft liegt, also auf den Feldern u. a. der Produktion, des Absatzes, der Investitionen, der Finanzierung oder des betrieblichen Rechnungswesens. Das ist nicht der Fall, wenn die Klägerin in die Betriebsstruktur des zu beratenden Unternehmens eingebunden und dort leitend mit Entscheidungskompetenz tätig ist.

2. Die Tätigkeit einer „Diplom-Öconomin” als Baubetreuerin ist derjenigen eines Architekten nicht vergleichbar, wenn sie kein entsprechendes Hoch- oder Fachhochschulstudium absolviert und auch nicht darzulegen vermocht hat, dass sie eine in Breite und Tiefe dem Architekturstudium vergleichbare autodidaktische Ausbildung erfolgreich durchgeführt hat. Dazu hätte sie im Einzelnen in ausreichendem Maße darlegen müssen, welche Kurse sie besucht und welche Werke sie im Selbststudium durchgearbeitet haben will.

3. Hat die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren keinen einzigen Kurs benannt, den sie zur Erlangung von Fachkenntnissen auf dem Gebiet der Architektur besucht hätte, sondern nur auf die Durchführung eines fachbezogenen praktischen Studiensemesters während des Betriebswirtschaftsstudiums verwiesen, und war sie auch in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, den Umfang ihres eigenen Selbststudiums darzulegen, so musste das FG anderweitigen Beweisermittlungsanträgen, durch die neue, zusätzliche Informationen oder Beweise ausgeforscht und weitere Erkenntnisquellen erschlossen werden sollten, nicht nachgehen.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1-2, § 15 Abs. 2; FGO § 76 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 02.03.2006; Aktenzeichen XI B 79/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin im Streitjahr 1993 gewerblich oder freiberuflich tätig war.

Die Klägerin wendet sich gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 vom 26.6.1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.1.2001, mit welchem der Beklagte die von der Klägerin als Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit als „Diplom Öconomin” in Höhe von 278.125,– DM erklärten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einordnete.

Die Klägerin hatte Betriebswirtschaftslehre an der Handelshochschule L studiert und im Jahr 1988 abgeschlossen. Ab Oktober 1990 hatte sie ein Studium an der G -Fachhochschule in N angeschlossen, das sie im Jahr 1993 mit dem Abschluß zur Diplom-Betriebswirtin (FH) beendete. Während der Fachhochschulausbildung hatte sie ein praktisches Studiensemester bei dem Bauplanungs- und Ingenieurbüro W durchgeführt (vgl. Ausbildungsvertrag vom 25.9.1990, Bl. 47 der Rechtsbehelfsakte). Von 1997 bis 2001 studierte die Klägerin an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur L (FH) Architektur und erlangte den Abschluß als Diplom-Ingenieurin (FH).

Die Klägerin war seit Juni 1992 als „selbständige Baubetreuerin” tätig gewesen. Zur Erläuterung ihrer Tätigkeit hatte sie während des Einspruchsverfahrens folgende Rechnungen und Verträge vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird:

  • Rechnung Nr. vom 24.6.1992 (Bl. 55 der Rechtsbehelfsakte), „für die Bereitstellung von Stromkästen”;
  • Rechnung Nr. vom 23.8.1992 (Bl. 56 der Rechtsbehelfsakte), „für die Eingabepläne”;
  • Bauleitungsvertrag vom 16.11.1992 (Bl. 57 der Rechtsbehelfsakte, darauf beruhende Rechnungen Bl. 155 ff. d.A.) über die „selbständige Bauleitung” mit den Inhalten „Überprüfen der erhaltenen Unterlagen … Pläne”, „Bauzeitenplan Soll-Ist Vergleich”, „Dokumentation”, „Einsatz der Arbeiter u. Geräte des AG auf Baustell. des AN überwachen”, „Koordinieren des ges. Bauablaufes”, „Übergabe des Bauwerkes/Abnahme”, „Mängelbeseitigung”, „Nachunternehmer Rechnung u. Leistung überwachen u. prüfen”, „Geldeingang/Abschlagszahlungen überwachen”, „Schlußrechnung erstellen u. Eingang überw.”
  • Architektenvertrag vom 15.2.1996 (Bl. 63 der Rechtsbehelfsakte)
  • Architektenvertrag vom 6.11.1995 (Bl. 68 der Rechtsbehelfsakte)

Mit Verfügung vom 6.11.2003 hat der Berichterstatter die Klägerin aufgefordert, alle Tätigkeiten im Streitjahr 1993 vorzutragen und alle Verträge und alle Rechnungen, die das Streitjahr betreffen, vorzulegen. Daraufhin hat die Klägerin folgende Rechnungen und Verträge zum Nachweis ihrer Tätigkeit im Streitjahr 1993 vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird:

  • Bauleitungsvertrag vom 7.5.1993 (Bl. 166 d.A.), „örtliche Bauleitung für den Auftraggeber” und „Bauüberwachung”
  • Bauleitungsvertrag vom 29.7.1993 (Bl. 171 d.A.), „örtliche Bauleitung für den Auftraggeber” und „Bauüberwachung”
  • Rechnung Nr. vom 17.6.1993 (Bl. 177 d.A.)
  • Rechnung Nr. vom 19.7.1993 (Bl. 178 d.A.)
  • Vertrag über die Objektüberwachung (Bauleitungsvertra...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge