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Auf einen Blick:

Versorgungsrenten sind lebenslange wiederkehrende Versorgungsleistungen gegen Übertragung von Vermögenswerten. Sie erleichtern vor allem die Hofübergabe an die nächste Generation sowie die Nachfolge bei anderen Unternehmen, werden aber nur unter engen Voraussetzungen als Sonderausgaben abgezogen (vgl § 10 Abs 1a Nr 2 EStG).

A. Einführung

I. Versorgungsrenten als Sonderausgaben – eine steuersystematische Besonderheit –

 

Rz. 1

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Der Begriff der Versorgungsrente wird im EStG nicht verwendet. Bis zum VZ 2007 verwendete der Gesetzgeber die Formulierung ‚Renten und dauernde Lasten’, die seit 2008 durch ‚lebenslang wiederkehrende Versorgungsleistungen’ ersetzt worden ist (> Rz 7, 8). Diese müssen, damit sie als > Sonderausgaben abzugsfähig sind, auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen (> Rz 20 ff). Für den Zahlungspflichtigen können sie unbeschränkt abziehbare SA sein (§ 10 Abs 1a Nr 2 EStG), wenn sie nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (> Rz 47), und sie auch keine Raten (> Renten Rz 21) oder Unterhaltsleistungen iSd § 12 Nr 2 EStG sind (> Rz 101).

 

Rz. 2

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Neben den für wiederkehrende Leistungen zu beachtenden besonderen Voraussetzungen (> Rz 20 ff) müssen die allgemeinen Voraussetzungen für den SA-Abzug gegeben sein. Dazu gehört zB die unbeschränkte Steuerpflicht des die Versorgung erbringenden Stpfl und – wegen der korrespondierenden Besteuerung – auch die des Empfängers (zu Einzelheiten > Rz 108 ff). Außerdem muss der Stpfl durch Ausgaben belastet sein (zu Einzelheiten > Sonderausgaben Rz 1 ff), die nicht im Zusammenhang mit Einkünften stehen, weil der Abzug von WK/BA dem Abzug als SA vorgeht.

II. Anwendungsbereich Familienbetriebe

 

Rz. 3

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Der Regelungsbedarf für den Hauptanwendungsfall des § 10 Abs 1a Nr 2 EStG hat sich aus der Generationen übergreifenden Hof- und Betriebsübergabe entwickelt. Zur Anwendung auf andere Fälle der Übergabe von Betrieben > Rz 35 ff. Bei vorweggenommener Erbfolge werden Vermögenswerte typischerweise unentgeltlich übertragen; dann bestimmt sich der Umfang der wiederkehrenden Leistungen nach dem Versorgungsbedarf der weichenden älteren Generation. Das Steuerrecht stützt den SA-Abzug auf die > Typisierende Betrachtungsweise, dass die weichende Generation das Vermögen zwar unentgeltlich übergibt, sich aber Erträge ihres Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen, um sie als Versorgungsleistungen erbringen zu können. Zu Einzelheiten > Rz 30 ff.

 

Rz. 4

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Obwohl Vermögen innerhalb der Familie idR gegen eine Versorgungsrente übergeben wird, schließt dies nicht aus, dass auch Familienmitglieder die Leistungen und Gegenleistungen wie Fremde vereinbaren, sodass es sich bei der Gegenleistung nicht um eine Versorgungsrente, sondern um einen Kaufpreis (> Rz 31) handelt. Abweichend vom Regelfall kann auch unter Fremden eine Versorgungsrente vereinbart werden, wenn besondere Beziehungen zwischen dem Leistenden und dem Vermögensübergeber bestehen (> Rz 32).

 

Rz. 5

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Die Voraussetzungen für eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsrente im Einzelnen und die erforderliche Abgrenzung gegenüber ähnlichen Fallgestaltungen (> Rz 100 ff) hat die Rechtsprechung im Auslegungswege entwickelt. Zusammengefasst gilt (vgl BFH 219, 160 = BStBl 2008 II, 123): Wiederkehrende Leistungen sind als > Sonderausgaben abziehbar,

wenn Vermögen übertragen wird, das ausreichende Erträge abwirft, um die vom Übernehmer zu erbringenden Versorgungsleistungen abdecken zu können (> Rz 43 ff),
wenn der Empfänger der Versorgungsleistungen zum Generationennachfolge-Verbund gehört (> Rz 25, 26) und
wenn die Versorgungsleistungen abänderbar sind (> Rz 66 ff).

Die Versorgungsrente wird idR in einem Übergabevertrag geregelt, kann ihren Rechtsgrund aber auch in einer vorweggenommenen Erbfolge oder in einer letztwilligen Verfügung haben (> Rz 20 ff).

Zu der ausführlichen Stellungnahme der FinVerw zu Vermögensübertragungen nach dem 31.12.2007 vgl BMF vom 11.03.2010, BStBl 2010 I, 227 – sog 4. Rentenerlass – mit vielen praktischen Hinweisen und Beispielen (dessen Rz 85 zur Anwendung von BFH 250, 78 = BStBl 2016 II, 331 neu gefasst durch BMF vom 06.05.2016, BStBl 2016 I, 476 [> Rz 82]; ferner Rz 8 des Erlasses ergänzt durch BMF vom 20.11.2019, Rz 40, BStBl 2019 I, 1291). Vgl auch LFD Thüringen vom 12.04.2010 – S 2221 A-80-A 2.15, DStR 2010, 1288. Auf seinerzeit offen gebliebene Fragen verweist Wälzholz, DStR 2010, 850.

III. Rechtsentwicklung

 

Rz. 6

Stand: EL 130 – ET: 05/2022

Die ‚Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen’ hat eine lange Historie (zu Einzelheiten vgl BFH 165, 225 = BStBl 1992 II, 78; Spiegelberger, DStR 2007, 1277 mwN). Sie geht zurück auf eine langjährige Rechtsprechung, die es für geboten hielt, bei einer vorweggenommenen Erbfolge die finanzielle Absicherung der weichenden Generation bei Übergabe von Vermögen ‚mit warmen Händen’ innerhalb einer Familie mit steuerlichen Maßnahmen zu ermöglichen. Die Regelung s...

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