Rz. 19

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Der Stpfl muss durch Aufwendungen (> Rz 16 ff) belastet sein, die ihm unvermeidbar entstehen (> Rz 40 ff). In der persönlichen Lebenssphäre des Stpfl muss ein Ereignis eintreten, das ihn zwingt, Ausgaben selbst zu tragen (> R 33.1 Satz 1–3 EStR).

 

Rz. 20

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Es ist unerheblich, ob der Stpfl die Ausgaben aus den im VZ erzielten Einnahmen oder aus dem vorhandenen Vermögen geleistet hat. Darauf kommt es ebenso wie bei den BA/WK/SA auch bei AgB nicht an (BFH 175, 332 = BStBl 1995 II, 104 mwN). In der Praxis ist es ohnehin schwierig festzustellen, ob der Stpfl die Aufwendungen im konkreten Einzelfall tatsächlich aus seinen laufenden Einnahmen oder aus seinem Vermögen (zB aus Sparguthaben oder Kontoüberziehung) bestritten hat. Anders ist es idR nur bei außergewöhnlich hohen Aufwendungen, die die laufenden Einnahmen des Stpfl deutlich übersteigen, wie zB bei der Zahlung eines Lösegelds. Als Folge dessen kann die Belastung auch bei Finanzierung der Aufwendungen durch ein Darlehen entstehen (> Rz 17).

 

Rz. 21

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Nur soweit Werte aus seinem Vermögen oder seinem laufenden Einkommen endgültig abfließen, ist der Stpfl ‚belastet’. AgB erkennt der BFH allgemein nicht an, wenn der Stpfl für seine Aufwendungen einen Gegenwert erhält. Gegenwert ist, was für den Stpfl von bleibendem Wert oder Nutzen ist und ihm einen nicht nur vorübergehenden Vorteil in Geld oder Geldeswert bringt (BFH 82, 535 = BStBl 1965 III, 441; BFH 182, 333 = BStBl 1997 II, 491; BFH/NV 2006, 931). IdR führen solche Aufwendungen lediglich zu Vermögensumschichtungen (BFH 71, 160 = BStBl 1960 III, 309). Die Verfassungsmäßigkeit der Gegenwerttheorie bestätigt BVerfG 21, 1 = BStBl 1967 III, 106.

 

Rz. 21/1

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

In engen Ausnahmen hat der BFH allerdings anderen Gesichtspunkten den Vorrang vor dem Gegenwertprinzip gegeben, besonders wenn die Aufwendungen so stark von einer sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit veranlasst sind, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalles in den Hintergrund tritt. So hält er Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Hauses regelmäßig als AgB abziehbar (BFH 226, 536 = BStBl 2010 II, 280; BFH 232, 518 = BStBl 2011 II, 1012; BFH/NV 2011, 1691). Erforderlich ist ein Kausalzusammenhang zwischen der Behinderung und der Baumaßnahme. Zu weiteren Einzelheiten vgl > Rz 75 Behindertengerechte Wohnung. Andererseits hat der BFH zB den Mehraufwand für den Erwerb eines größeren Baugrundstücks, das mit einem behindertengerechten Bungalow bebaut werden soll, im Hinblick auf den entstehenden Gegenwert nicht als AgB anerkannt (BFH 246, 360 = BStBl 2014 II, 931). Zu weiteren Besonderheiten > Rz 22.

 

Rz. 21/2

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Für die Frage, ob ein Gegenwert erlangt wurde, kommt es mithin weiterhin darauf an, ob ein Gegenstand oder eine Dienstleistung bestellt wird, die nicht nur für den Stpfl oder eine von ihm unterstützte Person, sondern auch für einen (fremden) Dritten von Vorteil ist, also eine gewisse Marktgängigkeit besitzt. Diese kommt in einem bestimmten Verkehrswert zum Ausdruck (BFH 138, 73 = BStBl 1983 II, 378; BFH 166, 266 = BStBl 1992 II, 290; H 33.1–33.4 EStH). Vgl zB BFH 111, 491 = BStBl 1974 II, 335 – Umstellung auf Erdgas; BFH 113, 301 = BStBl 1974 II, 745 – Geschirrspüler; BFH 118, 24 = BStBl 1976 II, 194 – schalldämmende Fenster. Zum Unterhalt von Angehörigen, die bedürftig werden, weil sie ihr Vermögen unentgeltlich auf den Stpfl übertragen haben, > Unterhaltsleistungen Rz 144.

 

Rz. 22

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Als Korrektiv zur Gegenwertlehre dient die Unterscheidung der Vermögensumschichtung von verlorenem Aufwand. Dieser entsteht, wenn dem Stpfl ein Verlust (Schaden) entstanden ist, der sein Vermögen endgültig mindert, und dieser Schaden durch Aufwendungen behoben wird. Deshalb kann § 33 EStG angewendet werden, wenn Gegenstände des lebensnotwendigen Bedarfs infolge eines unabwendbaren Ereignisses verloren gehen oder existenzbedrohende Gefahren beseitigt werden müssen. Allerdings gilt dies nur im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen (keine Luxussanierung) und wenn der Stpfl den Schaden nicht verschuldet hat und er ihm von anderer Seite nicht ersetzt wird.

 

Rz. 22/1

Stand: EL 111 – ET: 01/2017

Das betrifft zum einen Fälle, in denen der Stpfl lebensnotwendige Wirtschaftsgüter ersetzt, die er auf Grund eines unabwendbaren Ereignisses verloren hat (BFH 113, 301 = BStBl 1974 II, 745). Bei Schäden an Sachen ist der Stpfl im Vergleich zum Zeitpunkt vor Schadenseintritt "ärmer", wenn er den Schaden beseitigen lässt und ihm dafür Ausgaben entstehen. So zB für die Beseitigung von Wasserschäden am selbstgenutzten Wohneigentum (BFH 175, 332 = BStBl 1995 II, 104; > Rz 75 Wasserschaden), allerdings nur gemindert um eine mit der Wiederherstellung zugeflossene Werterhöhung (> Rz 23). Ebenso kann es bei der Asbestsanierung der Außenfassade eines Wohnhauses sein, wenn ein...

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