Entscheidungsstichwort (Thema)

Kapitalrückzahlungen einer amerikanischen Tochtergesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Kapitalrückzahlung einer amerikanischen Tochtergesellschaft, die über keine ausschüttungsfähigen Gewinne verfügt, bewirkt eine erfolgsneutrale Minderung des steuerlichen Buchwerts der Beteiligung; § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG findet auf die Kapitalrückzahlung keine Anwendung.

2) Für Drittstaaten-KapG kommt weder eine Anwendung des § 27 Abs. 1 bis 7 KStG noch eine analoge Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG in Betracht.

3) Die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EGV (Art. 63 AEUV) gebietet eine geltungserhaltende Reduktion des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V. mit § 27 KStG dahingehend, dass in Fällen, in denen ein Drittstaaten-KapG nachweislich über keine ausschüttungsfähigen Gewinne verfügt, eine Kapitalrückzahlungen erfolgsneutral mit dem BW der Beteiligung zu verrechnen ist.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 27; EGV Art. 56; AEUV Art. 63; KStG § 8b Abs. 5 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.04.2019; Aktenzeichen I R 15/16)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zahlungen einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft bei der Klägerin als Dividenden oder als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sind und im Falle einer Einlagenrückgewähr, ob diese gewinnneutral zu erfassen ist.

Die Klägerin ist die Obergesellschaft und körperschaftsteuerliche Organträgerin des A Konzerns. Im Streitjahr 2008 war sie noch in der Rechtsform einer AG tätig (AG C HRB …). Mit Beschluss vom … erfolgte die Umwandlung in die A [Körperschaft] (AG C HRB …).

Die Klägerin hielt (zumindest) seit dem Jahr 1975 100 % der Anteile an der A Inc., … [amerikanische Anschrift] (bis etwa … firmierend als E Inc.), einer nach dem Recht des amerikanischen Bundesstaates Delaware gegründeten Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz und den Ort ihrer Geschäftsleitung in G hat. Nach verschiedenen Kapitalerhöhungen verfügt die A Inc. seit dem … 1994 über ein Nennkapital i.H.v. … US-$. Die Klägerin leistete in den Jahren 1975 bis 2004 Einlagen in die A Inc. i.H.v. insgesamt 7.885.998 US-$ (nach Verrechnung mit Leistungen der A Inc. im Wirtschaftsjahr 1985/1986 und ohne die für die Aufstockung des Nennkapitals benötigten Einlagen). Die Gewinne/Verluste der A Inc. schwankten zwischen … US-$ und ./. … US-$. Im Streitjahr 2008 erhielt die Klägerin von der A Inc. Leistungen i.H.v. 1.000.000 US-$, deren Qualifikation zwischen den Beteiligten streitig ist. Damit ergab sich in den Jahren 2004 bis 2008 folgende Entwicklung (alle Beträge in US-$):

Gewinn/Verlust

Übriges Kapital (ohne Nennkapital); Summe aus „Capital reserve” und „Retained earnings” (ohne „Subscribed capital”)

Summe der Einlagen abzügl. erbrachter Leistungen/Zahlungen der A Inc.; „Capital reserve” in den Bilanzen der A Inc.

Differenz zwischen dem übrigen Kapital und der Summe der Einlagen (abzügl. Leistungen) und „Retained Earnings” in der Bilanz der A Inc.

31.12.2004

118.996

lt. Anl. 9.725.870

lt. Bilanz …

7.885.998

lt. Anlage 1.839.872

lt. Bilanz …

31.12.2005

./. 2.033.050

7.692.820

7.885.998

./. 193.178

31.12.2006

./. 50.137

7.642.683

7.885.998

./. 243.315

31.12.2007

./. 314.679

7.328.003

7.885.998

./. 557.995

31.12.2008

./. 2.460.527

3.867.476

6.885.998

./. 3.018.521

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Schriftsatz der Klägerin 15.03.2015 beigefügte Anlage 1 („Entwicklung des Einlagenbestandes in US-Dollar”) Bezug genommen, allerdings ohne die in den Spaltenbezeichnungen vorgenommene Qualifikation als „Ausschüttbarer Gewinn”, „Einlagenkonto”, „Einlagenrückgewähr”. Außerdem wird auf die Bilanzen der A Inc. auf den … 1975 bis 31.12.2009 verwiesen.

Zu den vorgenannten Leistungen der A Inc. liegt ein in englischer Sprache abgefasster Beschluss mit Datum vom …. 2008 vor. Die Klägerin hat dazu eine Übersetzung in die deutsche Sprache eingereicht, deren Richtigkeit unstreitig ist:

„EINSTIMMIGE SCHRIFTLICHE ZUSTIMMUNG

DES EXEKUTIVAUSSCHUSSES

DES VERWALTUNGSRATS

ZU EINER KAPITALMASSNAHME [„CORPORATE ACTION”]

VON A, INC.

Anstelle einer Sondersitzung des Exekutivausschusses des Verwaltungsrats („Exekutivausschuss”) von A, INC, einer nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware gegründeten und eingetragenen Gesellschaft („der Gesellschaft”), erklären die Unterzeichneten, bei denen es sich um die Gesamtheit aller Mitglieder des Exekutivausschusses handelt, hiermit gemäß § 141(f) des allgemeinen Aktienrechts (General Corporation Law) des US-Bundesstaats Delaware, dass am heutigen Tag vom Exekutivausschuss der Gesellschaft die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen zu beschließen sind und hiermit beschlossen werden.

NACHDEM der Exekutivausschuss festgestellt hat, dass (a) die Gesellschaft nicht zahlungsunfähig ist, (b) die Zahlung der nachfolgenden Ausschüttung [„the dividend described below”] nicht zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt, (c) durch die Festsetzung und Zahlung dieser Ausschüttung [„dividend”] keine in der Satzung der Gesellschaft enthaltenen Beschränkungen verletzt werden und (d) das nach der ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge