rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmeranteil ist Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Arbeitnehmeranteil zur Gesamtsozialversicherung ist steuerpflichtiger Arbeitslohn.

2) Der beschränkte Abzug von Vorsorgeaufwendungen ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1; LStDV § 2 Abs. 1; EStG § 10 Abs. 3, § 19 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.05.2004; Aktenzeichen VI B 120/03)

BFH (Beschluss vom 19.05.2004; Aktenzeichen VI B 120/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob in Höhe des sog. Arbeitnehmeranteils zur Gesamtsozialversicherung bei einem nichtselbstständig Tätigen steuerbare Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Sinne des § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegen und der beschränkte Abzug der Vorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß ist.

Die Kläger sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Im Streitjahr 1997 erzielte der Kläger nach der Bescheinigung des Arbeitgebers auf der Lohnsteuerkarte Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 70.563 DM. Davon wurde u.a. ein Arbeitnehmeranteil zur Gesamtsozialversicherung in Höhe von 15.329 DM einbehalten. Die Kläger leisteten darüber hinaus folgende Vorsorgeaufwendungen:

Kranken- und Pflegeversicherung

352 DM

Unfallversicherung

2.096 DM

Lebensversicherung

1.226 DM

Haftpflichterversicherung

588 DM

Der Beklagte folgte der Einkommensteuererklärung und setzte mit Bescheid vom 10.03.1999 die Einkommensteuer 1997 auf 9.186 DM fest. Er berücksichtigte hierbei Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 8.220 DM (verbleibender Vorwegabzug gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 320 DM, Grundhöchstbetrag 5.220 DM, hälftiger Höchstbetrag 2.610 DM). Der Bescheid erging gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufig hinsichtlich verfassungsrechtlicher Zweifelsfragen, nicht aber hinsichtlich des beschränkten Abzugs der Vorsorgeaufwendungen.

Der Einspruch, der auf Berücksichtigung eines verfassungsgemäßen Familienexistenzminimums gerichtet war, blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage machen die Kläger geltend, die nachgewiesenen Vorsorgeaufwendungen seien nicht gemäß § 10 Abs. 3 EStG zu kürzen. Die notwendigen Vorsorgeaufwendungen erhöhten das Existenzminimum und müssten in voller Höhe abgezogen werden können. Dies ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Schuldner der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sei der Arbeitgeber. Dieser sei lediglich berechtigt, 50 % der von ihm geschuldeten Gesamtbeiträge auf die Arbeitnehmer weiterzubelasten. Ein individualisierbarer rechtlicher Anspruch oder wirtschaftlicher Vorteil des Arbeitnehmers bestehe nicht. Auf Grund der Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Juni 2000 B 4 RA 57/98 R (BSGE 86, 262) und des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Juni 2002 VI R 178/97 (BFH/NV 2003, 97) sei geklärt, dass § 3 Nr. 62 EStG lediglich deklaratorischen Inhalt habe, da weder ein Einkommenstatbestand noch ein Zufluss vorliege. Unter Beachtung der §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 19 EStG sei der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung nicht steuerbar. Wegen der Einzelheiten wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 14.04.2003 verwiesen.

Mit Bescheid vom 13.05.2002 hat der Beklagte die Einkommensteuer 1997 weiterhin auf 4 696,73 EUR (9.186 DM) festgesetzt, aber die Vorläufigkeit nunmehr auch auf die beschränkte Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen erstreckt. In den Erläuterungen hat der Beklagte ergänzend vermerkt, dass dieser Vorläufigkeitsvermerk auch die Frage erfasse, ob die Kürzungsregelung des § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei.

Die Kläger beantragen,

bei der Festsetzung der Steuerveranlagung 1997 die Bemessungsgrundlagen der Einkünfte aus § 19 EStG um die sogenannten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu mindern und gleichzeitig die Vorsorgeaufwendungen entsprechend zu kürzen sowie die verbleibenden Vorsorgeaufwendungen in voller Höhe vom zu versteuernden Einkommen abzusetzen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, der Klage sei hinsichtlich des Abzugs der Vorsorgeaufwendungen durch den Bescheid mit dem von ihm ergänzten Vorläufigkeitsvermerk zur beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 EStG abgeholfen. Im Übrigen teile er die Auffassungen der Kläger nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat am 2. Juni 2003 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers sind der Besteuerung zutreffend zu Grunde gelegt worden.

1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt we...

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