Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Verstoß der Besteuerung von Einkünften aus schwarzen US-Fonds gemäß § 6 InvStG gegen EU-Recht oder gegen das Grundgesetz
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist der Steuerpflichtige an sog. schwarzen US-Investmentfonds, die die Publizitätsanforderungen nach § 5 Abs. 1 InvStG nicht erfüllen, beteiligt, so ist die deswegen durchgeführte Besteuerung der Einkünfte aus den US-Investmentfonds nach § 6 Abs. 1 InvStG nicht verfassungswidrig oder EU-rechtswidrig; sie verstößt insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit, das Verbot einer (versteckten) Diskriminierung, den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz oder das Verbot einer übermäßigen Besteuerung.
2. Dass in § 5 Abs. 1 S. 1 Nrn. 4, 5 InvStG spezifische, nur von ausländischen Investmentgesellschaften einzuhaltende Anforderungen enthalten sind, führt nicht zu einer diskriminierenden Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit.
3. Es ist EU-rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass das – grundsätzlich nach § 2 Abs. 2 InvStG anwendbare – Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG im Anwendungsbereich von § 6 InvStG nicht gilt und dass der Gesetzgeber durch §§ 2, 4 InvStG einerseits und § 6 InvStG andererseits unterschiedliche Vorschriften für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Einnahmen aus Investmentanteilen geschaffen sowie für inländische und ausländische Investmentgesellschaften im Investmentsteuergesetz teilweise unterschiedliche Fondsbegriffe geregelt hat.
4. Im Urteilsfall kann offen bleiben, ob die im Falle eines Verlustes bei Rückgabe oder Veräußerung von Investmemtanteilen dennoch eintretende Versteuerung nach § 6 InvStG von 6 % des letzten Rücknahmepreises verfassungsgemäß ist.
Normenkette
InvStG § 2 Abs. 2, §§ 4, 6, 5 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 5; EStG § 3 Nr. 40, § 20 Abs. 1 Nr. 1; EGV Art. 56 Abs. 1, Art. 58 Abs. 1a, 3; AEUV Art. 63, 65; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die miteinander verheirateten Kläger wurden im Streitjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin, die amerikanische Staatsangehörige ist, erzielt u. a. Einkünfte aus Anteilen an US-Investmentfonds, die nicht die sich aus § 5 Abs. 1 Investmentsteuergesetz – InvStG – ergebenden Publizitätsanforderungen erfüllen.
Die Kläger erklärten für das Jahr 2004 unter anderem Kapitaleinkünfte der Klägerin aus ausländischen Investmentfonds i. H. v. 17.494 EUR. Die Einkünfte setzten sich neben Aktiendividenden vornehmlich aus Ausschüttungen aus insgesamt 20 verschiedenen Investmentfonds zusammen. Eine Berechnung der Einkünfte auf der Grundlage von § 6 InvStG legten die Kläger nicht vor. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer am 31. August 2005 zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest und forderte die Kläger auf, Berechnungen nach § 6 InvStG vorzulegen. Die Kläger legten am 21. September 2005 Einspruch ein; § 6 InvStG verstoße gegen Europarecht. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens legten sie eine Berechnung vor, wonach die Einkünfte der Klägerin nach § 6 InvStG aus den ausländischen Fondsanteilen ohne Ausschüttungen auf 32.931 EUR beziffert wurden. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Änderungsbescheid vom 9. November 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf nunmehr 22.975 EUR fest, wobei er die Kapitaleinkünfte der Klägerin auf 83.933 EUR bezifferte. Darin waren die nach § 6 InvStG berechneten Einkünfte in der erklärten Höhe enthalten.
Nachdem die Kläger die so ermittelten Einkünfte aus den US-Investmentfonds ohne Ausschüttungen auf 38.222 EUR korrigiert hatten, setzte der Beklagte die Einkommensteuer mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2008 auf 25.130 EUR herauf. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb aufrechterhalten. Dabei legte der Beklagte Kapitaleinkünfte der Klägerin i. H. v. 89.224 EUR der Besteuerung zu Grunde. Zur Begründung machte er geltend, Ausschüttungen und Erträge im Sinne des § 2 InvStG seien als Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – anzusehen, soweit die Fondsgesellschaften die sich aus § 5 InvStG ergebenden Veröffentlichungspflichten erfüllten. Das sei vorliegend nicht der Fall, so dass die aus den Fonds erzielten Einkünfte nach § 6 InvStG zu ermitteln seien. Die Vorschrift betreffe in- und ausländische Fonds gleichermaßen, so dass ein Verstoß gegen die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit des EU-Vertrages nicht vorliege. Die Pauschalsteuer sei im Hinblick auf die nur eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung bei Vorgängen mit Auslandsbezug gerechtfertigt und knüpfe an die in § 90 Abs. 2, 3 Abgabenordnung – AO – geregelten besonderen Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten an. Die Regelung sei verhältnismäßig. Sie diene dazu, die steuerlich relevanten Grundlagen ausländischer Investmentfonds zu erfassen. Eine ...