Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsbetrag nach § 10e EStG bei Überlassung einer Wohnung an die in der Ausbildung befindlichen Töchter

 

Leitsatz (NV)

Die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG steht den Eigentümern einer hergestellten oder angeschafften Wohnung auch dann zu, wenn sie diese nicht selbst bewohnen, sondern ihren - einkommensteuerlich zu berücksichtigenden - Kindern zur alleinigen Nutzung überlassen.

 

Normenkette

EStG § 10e

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bewohnen in A ein eigenes Einfamilienhaus.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Mai 1988 erwarben sie - ebenfalls in A - zwei nebeneinanderliegende Eigentumswohnungen, die sie zu einer Wohnung umbauten. In die Wohnung zogen ihre beiden 1966 und 1968 geborenen Töchter ein, die sich in den Streitjahren 1988 und 1989 noch im Studium an der Universität B bzw. in der Berufsausbildung in A befanden. Den Unterhalt der Töchter finanzierten in voller Höhe die Kläger.

In der Einkommensteuererklärung 1988 machten die Kläger einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), den Abzug vor Bezug entstandener Aufwendungen nach § 10e Abs. 6 EStG sowie eine Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 2 EStG für zwei Kinder geltend. In der Einkommensteuererklärung 1989 begehrten sie ebenfalls einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG sowie Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 2 EStG.

Der Beklagte und Revsionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gewährte die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG sowie die Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 2 EStG nicht. Er war der Auffassung, die unentgeltliche Überlassung einer Eigentumswohnung an Kinder sei keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG. Die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1988 und 1989 waren erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1992, 327 veröffentlicht.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 10e EStG.

Während des Revisionsverfahrens änderte das FA zunächst den Einkommensteuerbescheid 1988 aus nicht im Streit befindlichen Gründen. Die Kläger machten den Änderungsbescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.

Für den später ebenfalls geänderten Einkommensteuerbescheid 1989 ging innerhalb der Frist des § 68 Satz 2 FGO kein Antrag nach § 68 Satz 1 FGO ein. Auf Hinweis der Geschäftsstelle des X.Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) beantragten die Kläger, den geänderten Einkommensteuerbescheid 1989 ebenfalls zum Gegenstand des Verfahrens zu machen und wegen der versäumten Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist - auch hinsichtlich des Einkommensteuerbescheids 1989 - zulässig.

Wegen der versäumten Frist des § 68 Satz 2 FGO wird den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt. Der Prozeßbevollmächtigte hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, daß die Fristversäumung auf einem Büroversehen beruhte.

2. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

a) Die Inanspruchnahme eines Abzugsbetrages nach § 10e Abs. 1 EStG setzt u.a. voraus, daß der Steuerpflichtige die angeschaffte oder hergestellte Wohnung in dem jeweiligen Jahr des Abzugszeitraums zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat (§ 10e Abs. 1 Satz 2 EStG). Auch der Vorkostenabzug wird nur für Aufwendungen gewährt, die mit der Herstellung oder Anschaffung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung zusammenhängen (§ 10e Abs. 6 EStG).

Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 26. Januar 1994 X R 94/91 (BFHE 173, 345) nutzt der Eigentümer eine Wohnung auch dann zu eigenen Wohnzwecken, wenn einkommensteuerlich zu berücksichtigende Kinder i.S. des § 32 Abs. 1 bis 5 EStG darin einen selbständigen Haushalt führen. Es ist nicht erforderlich, daß der Eigentümer die Wohnung selbst mitbenutzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe seines Urteils vom 26. Januar 1994 X R 94/91 Bezug.

c) Das FG ist dagegen davon ausgegangen, eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liege nur vor, wenn der Eigentümer die Wohnung selbst bewohne. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - aus seiner Sicht zu Recht - die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Vorkostenabzugs nach § 10e Abs. 6 EStG und des Abzugsbetrags nach § 10e Abs. 1 EStG nicht geprüft. Es wird dies bei erneuter Verhandlung und Entscheidung nachholen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 846

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