Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine gewinnneutrale Realteilung bei Beendigung einer ehelichen Zugewinngemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Die vom Großen Senat des BFH aufgestellten Grundsätze über die Erbauseinandersetzung eines sog. Mischnachlasses mit der Möglichkeit einer gewinnneutralen Realteilung können nicht auf die Aufteilung gemeinschaftlichen Vermögens bei Beendigung einer ehelichen Zugewinngemeinschaft unter Lebenden angewandt werden.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 16 Abs. 1-2; BGB §§ 752, 1363
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (EFG 2001, 566) |
Tatbestand
I. Im März 1993 wurde die 1971 geschlossene Ehe der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) mit dem Beigeladenen geschieden. In einer Scheidungsvereinbarung setzten sich die Eheleute über das gemeinschaftliche Vermögen auseinander. Dieses Vermögen bestand im Wesentlichen aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte, und dem bisher gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus, das den Eheleuten zu je 1/2 Miteigentumsanteil gehörte.
Die GbR war aus einer OHG hervorgegangen, die ihre aktive Tätigkeit aufgegeben und ihr Betriebsvermögen ―Betriebsgrundstück, Maschinen, Anlagen etc.― an eine A-GmbH verpachtet hatte. Zweck der OHG wie auch später der GmbH waren die Herstellung und der Vertrieb von Computersystemen für das grafische Gewerbe, insbesondere in der Fotosatz-Technik. Nach dem Ausscheiden fremder Mitgesellschafter waren nur noch der Beigeladene und die Klägerin an der A-GmbH und der GbR ―an letzterer zu je 1/2 Anteil― beteiligt.
1986 ging die A-GmbH in Konkurs. Sie wurde im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.
In der Folgezeit verpachtete die GbR das bisher der A-GmbH überlassene Betriebsvermögen an die branchengleiche B-GmbH, an der der Beigeladene allein beteiligt war. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) ging zunächst davon aus, dass die Betriebsaufspaltung infolge des Wegfalls der personellen Verflechtung beendet sei und dass die stillen Reserven im Anlagevermögen der GbR aufgedeckt werden müssten. Schließlich einigten sich das FA und der Steuerberater der GbR jedoch darauf, dass der Betrieb der letzteren als Verpachtungsbetrieb fortgeführt werde, da der B-GmbH nicht nur das Betriebsgrundstück, sondern auch weitere Wirtschaftsgüter (Maschinen, Anlagen, Geschäftsausstattung, PKW) vermietet wurden.
Kurz vor der Ehescheidung, am 12. März 1993, ließen die Eheleute eine von ihren Scheidungsanwälten ausgehandelte Scheidungsvereinbarung notariell beurkunden. In einem mit "Zugewinnausgleich und dessen Abwicklung" überschriebenen Abschnitt ist vereinbart, dass die Klägerin ―mit dinglicher und rechtlicher Wirkung zum 31. Dezember 1992, 24.00 Uhr― den ihr gehörenden Gesellschafteranteil an der GbR auf den Beigeladenen übertrage. Der Beigeladene verpflichtete sich gegenüber der Klägerin zur Freistellung von Verbindlichkeiten der GbR gegenüber der Bank und von der Restschuld der Klägerin gegenüber dem ehemaligen Gesellschafter, dessen Anteil an der GbR die Klägerin nach dessen Ausscheiden hinzuerworben hatte. Der Beigeladene verpflichtete sich, seine Miteigentumshälfte an dem gemeinsamen Einfamilienhaus alsbald auf die Klägerin zu übertragen, die sich ihrerseits verpflichtete, den Beigeladenen von allen Verpflichtungen hinsichtlich dieses Grundstücks, insbesondere zwei Bankdarlehen über rd. 114 000 DM und rd. 49 000 DM freizustellen. Ein Bausparvertrag, von dem nicht gesagt wurde, ob er sich in der Anspar- oder in der Tilgungsphase befand, sollte auf den Beigeladenen übergehen. Schließlich verpflichtete sich der Beigeladene, an die Klägerin 45 000 DM zu zahlen. Damit sollten alle Zugewinnausgleichsansprüche erledigt sein. Auf etwaige weitere Zugewinnausgleichsansprüche wurde beiderseits verzichtet. Die Klägerin und der Beigeladene waren sich auch darüber einig, dass zwischen ihnen keine sonstigen weiter gehenden Ansprüche bestanden. Darüber, ob Kapitalvermögen oder Lebensversicherungen vorhanden waren und wie etwa bezüglich dieser die Vermögensauseinandersetzung und der Zugewinnausgleich vollzogen werden sollten, ist der Scheidungsvereinbarung nichts zu entnehmen. Auch die alleinige Beteiligung des Beigeladenen an der B-GmbH wird in der Scheidungsvereinbarung nicht erwähnt. Gegenseitige Unterhaltsansprüche waren ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte 1992 (Streitjahr) war ―wie bereits in den Vorjahren― lediglich vom Beigeladenen unterzeichnet. Sie enthielt einen laufenden Verlust in Höhe von rd. 29 000 DM sowie einen Aufgabegewinn der Klägerin in Höhe von 301 200 DM. Der Beigeladene hatte diesen Aufgabegewinn in der Weise berechnet, dass er von der Hälfte des von ihm ermittelten Verkehrswertes des Betriebsgrundstücks (rd. 1 241 000 DM), das den wesentlichen Aktivposten des Betriebsvermögens darstellte, die Kapitalkonten der Klägerin abgezogen hatte. Im Feststellungsbescheid 1992 folgte das FA dieser Erklärung. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch und ließ unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Gutachterausschusses der Gemeinde geltend machen, der Verkehrswert des Betriebsgrundstücks betrage lediglich 953 000 DM. Sie vertrat daher ―ohne nähere Darstellung der Berechnung― die Auffassung, der Veräußerungsgewinn verringere sich auf 157 181 DM. Das FA setzte den Veräußerungsgewinn auf 268 529 DM herab und wies den weiter gehenden Einspruch zurück. Die Behörde errechnete für die Klägerin einen Abfindungsanspruch von 639 348 DM, der sich im Wesentlichen aus dem hälftigen Verkehrswert des ihr in der Scheidungsvereinbarung zugesprochenen selbstgenutzten Einfamilienhauses, der vom Beigeladenen zugesagten Freistellung von betrieblichen Schulden und der Ausgleichszahlung in Höhe von 45 000 DM zusammensetzte. Hiervon zog das FA Kapitalkonten der Klägerin aus der Gesellschafts- und Ergänzungsbilanz in Höhe von insgesamt 370 819 DM ab.
Die hiergegen gerichtete Klage der Klägerin hatte Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die ertragsteuerlichen Regeln des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Vermögensverteilung eines Mischnachlasses unter Miterben (BFH-Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) könnten auch auf Auseinandersetzungen unter Ehegatten anlässlich der Ehescheidung übertragen werden. Eine erfolgsneutrale (unentgeltliche) Realteilung liege vor, wenn die Ehegatten ―wie im Streitfall― bei großzügiger und überschlägiger Bewertung ihr gemeinschaftliches Betriebsvermögen und das gemeinschaftliche Privatvermögen als im Wesentlichen gleichwertig ansähen und bei der Realteilung dem Ehemann das Betriebsvermögen und der Ehefrau das Wohngrundstück (Einfamilienhaus) mit den jeweils zugehörigen Belastungen zuteilten, ohne einen Spitzenausgleich zu vereinbaren. In dem vom Beigeladenen an die Klägerin zu zahlenden Betrag von 45 000 DM sei kein ―verdeckter― Spitzenausgleich, sondern ein Zugewinnausgleich zu sehen. Aber selbst wenn man mit dem FA in dem Scheidungsfolgenvertrag vom März 1993 eine gewinnrealisierende Auseinandersetzung über gemeinschaftliches Betriebsvermögen sehen wolle, so könne diese Vereinbarung nicht mit steuerlicher Auswirkung in das Vorjahr (1992) rückbezogen werden. Schließlich hätte das FA, wenn es von einer entgeltlichen Auseinandersetzung nach Tauschgrundsätzen ausgehe, die Freistellung des ausscheidenden Ehegatten von Betriebsschulden nicht noch einmal als Gegenleistung erfassen dürfen, wenn diese zuvor das Kapitalkonto gemindert hätten. Die Leitsätze des FG-Urteils sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 566 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Es beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Zum einen vermag der Senat dem FG nicht darin beizupflichten, dass die Klägerin ihren Mitunternehmeranteil an der GbR unentgeltlich auf den Beigeladenen übertragen habe. Zum anderen kann der Senat aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, wie hoch der von der Klägerin erzielte Veräußerungsgewinn ist.
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die GbR im Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin gewerblich tätig war. Zwar war die ursprünglich bestehende Betriebsaufspaltung beendet, nachdem der Betrieb der Betriebsgesellschaft (A-GmbH) eingestellt worden war. Die GbR hatte ihren Betrieb nunmehr aber ohne zwischenzeitliche Betriebsaufgabe an die B-GmbH verpachtet, da sie dieser Gesellschaft alle wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlassen hatte. Die B-GmbH war nach den Feststellungen des FG auch in derselben Branche wie zuvor die A-GmbH tätig. Die Annahme einer Betriebsverpachtung scheitert nicht daran, dass die GbR nicht zuvor selbst eine ihrer Art nach gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hatte. Aber selbst wenn man die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung verneinen wollte, wäre die GbR als ruhender Gewerbebetrieb anzusehen gewesen, weil sie die Vermietung von bisher zum Betriebsvermögen gehörendem Grundbesitz wie bisher fortgeführt hat und sich weder aus den äußerlich erkennbaren Umständen ergab, dass der Betrieb endgültig aufgegeben werden sollte, noch eine eindeutige Erklärung dieses Inhalts gegenüber dem FA abgegeben wurde (BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 VIII R 72/96, BFHE 188, 397, BFH/NV 1999, 1422). Vielmehr hat die GbR stets Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erklärt und sich in ihren Jahresabschlüssen als "ruhender Gewerbebetrieb" bezeichnet. Über diese Frage besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
2. Entgegen der Auffassung des FG hat die Klägerin ihren Anteil an der GbR aber nicht unentgeltlich auf den Beigeladenen übertragen. Insbesondere finden die Grundsätze keine Anwendung, die der Große Senat des BFH in seinem Beschluss in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, Abschn. C. II. Nr. 3 für die Erbauseinandersetzung über Mischvermögen (Betriebs- und Privatvermögen) aufgestellt hat. Nach den Grundsätzen dieses Beschlusses kann ein Mischnachlass erfolgsneutral im Wege der Realteilung auseinander gesetzt werden. Das kann in der Weise geschehen, dass der eine Erbe das Privatvermögen und der andere das Betriebsvermögen erhält. Bei dieser Form der Realteilung bleibt außer Betracht, dass die Erben bezüglich des geerbten Betriebsvermögens Mitunternehmer geworden sind, der eine also seinen Mitunternehmeranteil gegen Zuteilung von privatem Nachlassvermögen aufgibt, wohingegen der andere gegen Hingabe seines Anteils am Privatvermögen Alleinunternehmer wird.
a) Das FG München hat diese Grundsätze auf die Realteilung des Gesamtguts einer Gütergemeinschaft mit Mischvermögen angewandt (Urteil vom 28. Juni 1993 15 K 462/93, Finanz-Rundschau ―FR― 1993, 812, rkr.; zustimmend Schmidt, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 15 Rz. 377). Diese Auffassung lässt sich damit begründen, dass in beiden Fällen Gesamthandsvermögen auseinander gesetzt wird und in beiden Fällen bereits zivilrechtlich Realteilung möglich ist (§§ 2042 Abs. 2, 1477 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches ―BGB―, jeweils i.V.m. § 752 BGB).
b) Auf die Verteilung des Vermögens von Ehegatten bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft unter Lebenden lassen sich diese Grundsätze nicht übertragen. Die sog. Zugewinngemeinschaft stellt als solche weder eine Gesamthands- noch eine Bruchteilsgemeinschaft dar. Das Vermögen des Mannes und der Frau werden nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Zugewinngemeinschaft ist entgegen ihrem Namen keine Gemeinschaft. Einer Auseinandersetzung bedarf sie nicht. Auch der Zugewinn, den die Ehegatten während der Ehe erzielen, wird ―sofern die Ehe nicht durch den Tod eines Ehegatten beendet wird― nicht nach Maßgabe der Beendigung einer Gemeinschaft (§§ 749 ff. BGB), sondern durch eine Geldforderung des Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn ausgeglichen (§§ 1363 Abs. 2 Satz 2, 1378 Abs. 1 BGB).
c) Lediglich dann, wenn das Eigentum an einem Vermögensgegenstand oder einer Gesamtheit von Vermögensgegenständen den Eheleuten zur gesamten Hand oder als Miteigentümer zusteht, werden diese Gemeinschaften nach den Regeln der §§ 749 ff. BGB auseinander gesetzt (Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl. 2002, § 1372 Rdnr. 9). Das kann auch in Form der Realteilung geschehen, indem etwa die einzelnen Vermögensgegenstände einer Ehegatten-GbR unter die Eheleute (Gesellschafter) aufgeteilt werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine "Auseinandersetzung der Zugewinngemeinschaft".
d) Einigen sich die Ehegatten in der Weise, dass einer von ihnen den Gesellschaftsanteil des anderen gegen eine den Buchwert übersteigende Ausgleichsleistung übernimmt, so liegt hierin eine Anteilsveräußerung (vgl. etwa Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz. 450). Das will auch das FG für den Fall annehmen, dass der den Gesellschaftsanteil übernehmende Ehegatte die Ausgleichszahlung aus ihm allein gehörendem Vermögen bestreitet. Eine gewinnneutrale Realteilung soll nach Auffassung des FG hingegen dann in Betracht kommen, wenn neben der Ehegattengesellschaft ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens vorhanden ist, das beiden Ehegatten gemeinschaftlich gehört. Diese Unterscheidung ist indessen nicht überzeugend. Das wird deutlich, wenn man dem Streitfall den Fall gegenüberstellt, dass beide Ehegatten Gesellschafter einer GbR, jedoch nicht zugleich Miteigentümer eines privat genutzten Wohnhauses sind, sondern lediglich einer von ihnen Privatvermögen in dem Umfang besitzt, der dem Wert des Gesellschaftsanteils des Partners entspricht. Erhält nun letzterer die Gesellschaftsanteile des anderen gegen Übertragung seines Privatvermögens, so läge auch in diesem Fall eine Realteilung vor, wenn es denn eine Gemeinschaft gäbe, die die GbR und das Privatvermögen umfasst. Allein der Umstand, dass der Ausgleich durch Verzicht des übernehmenden Ehegatten auf sein Miteigentum an einem Gegenstand des Privatvermögens geleistet wird, rechtfertigt es nicht, die "Zugewinngemeinschaft" entgegen den bürgerlich-rechtlichen Vorgaben als Gemeinschaft i.S. der §§ 741 ff. BGB anzusehen.
e) Auch die Besonderheiten der Ehe als Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft (vgl. z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 3. November 1982 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79, 363/80, BStBl II 1982, 717, unter C. I. 4. a) rechtfertigen keine andere steuerliche Betrachtung. Wenn sich Ehegatten zu einer gewerblich tätigen Personengesellschaft zusammenschließen, folgt daraus, dass sie beide auch an den stillen Reserven des Unternehmens teilhaben. Wird die Gesellschaft bei Beendigung der Ehe aufgelöst, so liegt es auf der Hand, dass jeder den auf ihn entfallenden Anteil der durch die Betriebsaufgabe aufgedeckten stillen Reserven versteuert. Übernimmt einer der beiden Ehegatten in dieser Situation den Gesellschaftsanteil des anderen gegen eine Ausgleichszahlung, so ist ebenfalls nicht erkennbar, warum allein dem übernehmenden Ehegatten die (spätere) Versteuerung der stillen Reserven obliegen soll. So verhielte es sich aber, wenn man den Vorgang als Realteilung einer das Vermögen beider Ehegatten umfassenden Gemeinschaft begreifen wollte. Der den Gesellschaftsanteil übernehmende Ehegatte müsste spätestens bei der Aufgabe oder Veräußerung des übernommenen Betriebs die gesamten stillen Reserven versteuern, weil die Aufwendungen, die er bei Erwerb des Anteils erbracht hat, nicht als Anschaffungskosten sein Kapitalkonto erhöht hätten. An dieser Interessenlage ändert sich nichts dadurch, dass der übernehmende Ehegatte den Ausgleich durch Verzicht auf seinen Miteigentumsanteil an einem Gegenstand des Privatvermögens leistet; denn auch in diesem Fall hat der übernehmende Ehegatte etwas aus seinem Vermögen aufgewendet, um den Gesellschaftsanteil des anderen zu erwerben.
f) Aus den vorstehend aufgeführten Gründen kann der Senat die Anwendung der Grundsätze über die Realteilung eines Mischnachlasses auch nicht mit der Erwägung befürworten, dass der dem übertragenden Ehegatten geleistete Ausgleich möglicherweise den Zugewinnausgleich mitumfasst, der nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führt (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 1992 IX R 68/89, BFHE 170, 134, BStBl II 1993, 434). Dieser Möglichkeit muss dadurch Rechnung getragen werden, dass durch Ermittlung des Teilwerts des Betriebsvermögens der Teil der Ausgleichsleistung bestimmt werden muss, der als Kaufpreis für den überlassenen Gesellschaftsanteil anzusehen ist. In der Regel werden auch die Eheleute selbst hierzu Ermittlungen angestellt haben (zu den Konsequenzen, die hieraus für die Höhe des Veräußerungsgewinns im Streitfall zu ziehen sind, s. unter 4.-6.).
3. Zu Recht hat das FA den Veräußerungsgewinn der Klägerin im Rahmen der Gewinnfeststellung für das Jahr 1992 erfasst. Allerdings wurde die Scheidungsvereinbarung erst am 12. März 1993 notariell protokolliert, sie wurde jedoch bürgerlich-rechtlich mit Wirkung auf den 31. Dezember 1992, 24.00 Uhr getroffen. Es besteht keine Veranlassung, dieser Regelung wegen eines Verstoßes gegen das steuerliche Rückwirkungsverbot die Anerkennung zu versagen. Zwar sind schuldrechtliche Rückbeziehungen einer während des Wirtschaftsjahres getroffenen Austritts- oder Eintrittserklärung in der Regel steuerlich unbeachtlich (Senatsurteil vom 21. Dezember 1972 IV R 194/69, BFHE 108, 495, BStBl II 1973, 389; Schmidt, a.a.O., § 15 Rz. 453). Hiervon hat die Rechtsprechung jedoch stets Ausnahmen zugelassen (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. Mai 2000 IV R 10/99, BFHE 191, 529, BFH/NV 2000, 1039, unter 1. f aa). Eine dieser Ausnahmen ist dann gegeben, wenn die Rückbeziehung nur eine kurze Zeitspanne umfasst und nicht auf steuerlichen Erwägungen beruht ―etwa derart, dass laufende Gewinne als steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne erscheinen sollen (Senatsurteil vom 5. Dezember 1963 IV 432/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1965, 258). Für die Fälle der Erbauseinandersetzung sieht die Finanzverwaltung eine Rückbeziehung auf den Erbfall als kurzzeitig an, wenn die Auseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt des Erbfalls getroffen wird (Schreiben des Bundesministers der Finanzen ―BMF― vom 11. Januar 1993, BStBl I 1993, 62 Tz. 8). Im Schrifttum wird eine Zeitspanne von höchstens drei Monaten für unschädlich gehalten (Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz. 443). Zumindest die letztgenannte Zeitspanne hält der Senat nicht für zu lang. Bei Scheidungsvereinbarungen kommt hinzu, dass maßgebend für die Berechnung des Zugewinns die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist (§ 1384 BGB). Scheidungsvereinbarungen werden daher vielfach zeitlich zurückbezogen sein müssen. Im Einzelfall können sie steuerlich auch dann anzuerkennen sein, wenn die Zeitspanne den Zeitraum von drei oder sechs Monaten übersteigt. Darauf braucht vorliegend jedoch nicht eingegangen zu werden, weil sich die von der Klägerin und dem Beigeladenen vereinbarte Rückwirkung lediglich über zwei Monate und 12 Tage erstreckte.
4. Dem FG ist darin zuzustimmen, dass die Berechnung des Veräußerungsgewinns in der Einspruchsentscheidung nicht zutreffend ist. Davon geht mittlerweile auch das FA selbst aus.
Allerdings ist das FA in der Einspruchsentscheidung im Prinzip zutreffend vom Wert des hälftigen Anteils des Beigeladenen am Wohngrundstück als Gegenleistung ausgegangen. Das FG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom Beigeladenen übernommenen Schulden nicht zusätzlich den Veräußerungsgewinn erhöhen dürfen. Nach dem BFH-Beschluss vom 26. März 1991 VIII R 315/84 (BFHE 166, 7, BStBl II 1992, 472 unter B. III. 3.) ist die Freistellung des Veräußerers eines Betriebs von den betrieblichen (bilanzierten) Verbindlichkeiten nicht Teil des Veräußerungspreises. Dem stimmt der Senat zu. Der Veräußerungsgewinn wird durch Abzug des Betriebsvermögens vom Veräußerungspreis ermittelt (§ 16 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―). Da nach § 16 Abs. 1 EStG Gegenstand der Veräußerung der gesamte Gewerbebetrieb ist, besteht das Betriebsvermögen i.S. des § 16 Abs. 2 EStG aus den aktiven Wirtschaftsgütern gemindert um die betrieblichen Schulden (Reiß in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 16 Rdnr. E 45). Haben somit die Schulden das Betriebsvermögen i.S. des § 16 Abs. 2 EStG (Kapitalkonto) bereits gemindert, dürfen sie nicht noch einmal im Veräußerungspreis erfasst werden (BFH-Beschluss in BFHE 166, 7, BStBl II 1992, 472 unter B. III. 3.). Das Gleiche gilt für die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils und zwar unabhängig davon, ob die übernommenen Verbindlichkeiten von der Gesellschaft oder vom veräußernden Gesellschafter geschuldet werden, bei ihm also negatives Sonderbetriebsvermögen darstellen. Soweit es im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89 (BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, unter C. II. 3. b) heißt, dass die Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers steuerrechtlich dem Veräußerungsentgelt zuzurechnen sei, beziehen sich diese Ausführungen auf die Veräußerung von einzelnen Wirtschaftsgütern. Hingegen ist auch nach Auffassung des Großen Senats eine Saldierung des aktiven Betriebsvermögens mit den Gesellschaftsschulden geboten, sofern ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen wird und zum Betriebsvermögen auch Verbindlichkeiten gehören. Nach Auffassung des erkennenden Senats gilt das nicht nur für unentgeltliche, sondern auch für entgeltliche Veräußerungen. Sofern Schmidt/Wacker (a.a.O., § 16 Rz. 267, 455) eine andere Auffassung vertreten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da sie unter "Betriebsvermögen" i.S. des § 16 Abs. 2 EStG nur das aktive Betriebsvermögen verstehen. Wie sich die Übernahme der Betriebsschulden auf die Anschaffungskosten des Erwerbers auswirkt, braucht nicht entschieden zu werden, da der Gewinn des Streitjahres hiervon nicht betroffen ist.
5. Nicht zu beanstanden ist es auch, wenn das FG die Zahlung von 45 000 DM nicht als Kaufpreisanteil, sondern als Zugewinnausgleich angesehen hat. Die Beteiligung an der B-GmbH gehörte ausschließlich zum Vermögen des Beigeladenen. Das Stammkapital dieser Gesellschaft belief sich nach den Feststellungen des FG auf 100 000 DM und war voll eingezahlt. Es verstößt nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze, wenn das FG angenommen hat, die Scheidungsanwälte der Klägerin und des Beigeladenen hätten die Beteiligung mit 90 000 DM bewertet und daraus eine Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin in Höhe von 45 000 DM hergeleitet. Die Beteiligten haben hiergegen auch keine Einwendungen erhoben. Vielmehr hat sich das FA in der Revisionsbegründung insoweit der Sichtweise des FG angeschlossen.
6. Die Sache ist gleichwohl nicht entscheidungsreif, weil das FG ―aus seiner Sicht konsequent― keine abschließenden Feststellungen zur Höhe des Veräußerungsgewinns der Klägerin getroffen hat. Insbesondere fehlen Feststellungen zu der Frage, in welcher Höhe die Überlassung des Anteils an der GbR als Ausgleich für die Übernahme des Bausparvertrags durch den Beigeladenen anzusehen ist. Die Unterlagen, die die Klägerin im Revisionsverfahren hierzu vorgelegt hat, kann der Senat nicht berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. Mai 1988 I R 107/84, BFHE 154, 12, BStBl II 1989, 43). Das Gleiche gilt für die Frage, wie die Kosten der Umschreibung der beiden Grundstücke zu behandeln sind.
Fundstellen
Haufe-Index 762545 |
BFH/NV 2002, 1083 |
BStBl II 2002, 519 |
BFHE 198, 537 |
BFHE 2003, 537 |
BB 2002, 1523 |
DB 2002, 1411 |
DStR 2002, 1209 |
DStRE 2002, 923 |
HFR 2002, 998 |