Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Verlängerung der Frist für Abgabe der Steuererklärung nach Fristablauf - Verspätungszuschlag

 

Leitsatz (NV)

Stellt ein Stpfl. nach Ablauf der Frist für die Abgabe der Steuererklärung einen Antrag auf Verlängerung der Frist, ohne diesen zu begründen, so kann in dem Schweigen des Finanzamts auf diesen Antrag keine stillschweigende Fristverlängerung gesehen werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 152 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt ein Ingenieurbüro. Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1981 drohte ihm der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) mit Verfügung vom 14. März 1983 die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 200 DM an. Mit Schreiben vom 10. Mai 1983, das beim FA am 17. Mai 1983 einging, ersuchte der Steuerberater und jetzige Prozeßbevollmächtigte des Klägers um Verlängerung der Erklärungsfrist bis zum 15. Mai 1983. Das FA hatte bereits am 10. Mai 1983 einen Bescheid über die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 200 DM mit erneuter Fristsetzung bis 20. Juni 1983 zur Post gegeben. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 1981 ging einen Tag vor dem Fristverlängerungsantrag, nämlich am 16. Mai 1983, beim FA ein. In dieser vom Kläger und seiner Ehefrau unterschriebenen Erklärung wurde Zusammenveranlagung gemäß § 26 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) beantragt. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1981 vom 8. Juni 1983, der in einer Ausfertigung an beide namentlich benannten Ehegatten gerichtet ist, setzte das FA die Einkommensteuer auf 55 326 DM fest. Dies führte zu einer Abschlußzahlung von 38 074 DM. Außerdem setzte das FA in diesem Bescheid einen Verspätungszuschlag in Höhe von 1 900 DM fest.

Mit Schreiben vom 11. Juli 1983 erhob der Kläger gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlages Beschwerde. Die Oberfinanzdirektion (OFD) wies diese durch Entscheidung vom 21. September 1983 zurück. Sie führte aus:

Der nach Ablauf der bis zum 28. Februar 1983 gewährten Fristverlängerung und nach Ablauf der Zwangsgeldandrohung vom 14. März 1983 (mit Fristsetzung bis 14. April 1983) am 17. Mai 1983 eingegangene Fristverlängerungsantrag vom 10. Mai 1983 habe sich durch die Einreichung der Steuererklärung am 16. Mai 1983 erledigt. Die als alleiniger Beschwerdegrund angeführte Nichtverbescheidung des Fristverlängerungsantrags vom 29. Mai 1983 liege neben der Sache, weil die Erklärung 1981 zu diesem Zeitpunkt schon vorgelegen habe und die Beschwerde die ebenfalls ausstehenden und angemahnten Erklärungen für 1982 betroffen habe. Die Fristversäumnis für das Jahr 1981 bestehe darin, daß über die achtmonatige Fristverlängerung bis 28. Februar 1983 hinaus ohne ersichtlichen Entschuldigungsgrund eine Säumnis von 2‹ weiteren Monaten eingetreten sei. Dem sei erst durch die Zwangsgeldandrohung ein Ende gesetzt worden.

Mit 3,4 v. H. der festgesetzten Steuer bewege sich der Verspätungszuschlag weit unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenzen.

Auch seiner absoluten Höhe nach sei der Verspätungszuschlag nicht zu beanstanden. Dem Einwand des Klägers, auch ein geringerer Verspätungszuschlag hätte bei ihm seinen Zweck erfüllt, sei entgegenzuhalten, daß er seit Jahren die Steuererklärungen mit erheblicher Verspätung und erst nach Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens abgegeben habe. Des weiteren sei in Betracht zu ziehen, daß eine verhältnismäßig hohe Abschlußzahlung angefallen und der dem Kläger zugefallene Zinsvorteil beträchtlich sei. Er betrage für 2‹ Monate bei Zugrundelegung eines Zinssatzes von 12 v. H. rd. 950 DM. Dies sei bei Bemessung des Verspätungszuschlages ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, daß der Kläger von den starken Gewinnsteigerungen und seinen steuerlichen Folgen gewußt habe.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Festsetzung des Verspätungszuschlags.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Es folgt in den Gründen der Entscheidung vom 13. Juli 1983 1 K 59/83 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1984, 3).

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der die Aufhebung des FG-Urteils und die Abweisung der Klage beantragt wird.

Der Kläger beantragt unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entgegen der Auffassung des FG fehlt dem Verwaltungsakt, mit dem das FA in Verbindung mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1981 vom 8. Juni 1983 einen Verspätungszuschlag wegen verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung 1981 festgesetzt hat, nicht die inhaltliche Bestimmtheit i. S. des § 119 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977); eine Nichtigkeit dieses Verwaltungsakts ist nicht gegeben.

Zu den Gründen im einzelnen nimmt der erkennende Senat auf die Gründe seines Urteils vom 9. April 1987 IV R 192/85 (BFHE 149, 418, BStBl II 1987, 540) Bezug. Da das FG von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben.

1. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da die rechtlichen Voraussetzungen zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages gemäß § 152 AO 1977 gegeben sind und das FA hierbei ermessensfehlerfrei vorgegangen ist.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung 1981 liegen vor. Nach § 149 Abs. 2 AO 1977 in der ab Veranlagungszeitraum 1980 anzuwendenden Fassung waren die Erklärungen spätetens 5 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres 1981 abzugeben. Jedoch haben die obersten Finanzbehörden der Länder durch gleichlautende Erlasse vom 15. Januar 1982 (BStBl I 1982, 284) die im Streitfall am 31. Mai 1982 ablaufende Frist für bestimmte Fälle verlängert. Steuerpflichtigen, die durch Steuerberater betreut werden, wurde eine allgemeine Fristverlängerung bis zum 30. September 1982 gewährt. Eine weitere sog. Nachfrist bis zum 28. Februar 1983 konnte auf Antrag in einem vereinfachten Verfahren zugestanden werden. Darüber hinaus war eine Fristverlängerung nur noch in zwingenden Ausnahmefällen aufgrund von Einzelanträgen möglich.

Dem Kläger als einem von einem Steuerberater betreuten Steuerpflichtigen war demnach die allgemeine Fristverlängerung bis 30. September 1982 und durch Teilnahme am sog. Nachfristverfahren eine weitere Fristverlängerung bis 28. Februar 1983 eingeräumt worden. Einen rechtzeitig gestellten und hinreichend begründeten Antrag, weitere Fristverlängerung aus zwingenden Gründen zu gewähren, hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nicht gestellt, so daß mit Ablauf des 28. Februar 1983 die Säumnis eintrat und bis zum Eingang der Steuererklärung am 16. Mai 1983 andauerte. Das Fristverlängerungsschreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 10. Mai 1983, das sich mit der Zwangsgeldfestsetzung des FA vom selben Tage kreuzte und erst am 17. Mai 1983 beim FA einging, ist für den ab 1. März 1983 eingetretenen Zustand der Säumnis ohne Belang. Sachgründe, die diese Säumnis erklären und entschuldigen könnten, sind nicht vorgebracht worden. Die OFD hat zutreffend das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit dem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 29. Mai 1983 als nicht das Jahr 1981 betreffend zurückgewiesen. Bei dieser Sachlage konnte ein Verschulden des Klägers, dem das Verhalten seines Beraters zuzurechnen ist (§ 152 Abs. 1 Satz 3 AO 1977), rechtsfehlerfrei bejaht werden.

Nicht beigetreten werden kann der vom Kläger vertretenen Auffassung, die Festsetzung von Verspätungszuschlag sei schon deswegen aufzuheben, weil sein Fristverlängerungsbegehren nicht durch besondere Verfügung des FA zurückgewiesen worden sei und er deswegen von stillschweigender Fristverlängerung ausgegangen sei.

Voranzuschicken ist, daß das FA seiner Festsetzung von Verspätungszuschlag die Zeit ab dem 1. März 1983 zugrunde gelegt hat.

Aus der mit Verfügung vom 14. März 1983 erfolgten Androhung von Zwangsgeld konnte der Kläger entnehmen, daß das FA nicht gewillt war, weitere Fristüberschreitung hinzunehmen. Den gleichwohl vom Kläger mit Schreiben vom 10. Mai 1983 gestellten Fristverlängerungsantrag brauchte das FA nicht gesondert zu verbescheiden, da die Einkommensteuererklärung 1981 im Zeitpunkt des Eingangs dieses Antrags (am 17. Mai 1983) bereits vorlag (Eingang am 16. Mai 1983). Das FA hatte angesichts dieser Sachlage nämlich über das Begehren des Klägers zu entscheiden, ihm rückwirkend Fristverlängerung für den Zeitraum 1. März bis 15. Mai 1983 zu gewähren. Über dieses Begehren hat das FA dadurch entschieden, daß es das Vorliegen von Fristverlängerungsgründen verneinte und den Verspätungszuschlag wie geschehen festsetzte.

Die Ermessenserwägungen bezüglich der Höhe des Verspätungszuschlags begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Zu den Ermessenskriterien hat die OFD sowohl auf das Fehlen jeglicher Gründe für die Fristversäumnis als auch die Höhe der Abschlußzahlung mit 38 326 DM besonders hingewiesen, denn sie tritt nicht nur wegen ihrer absoluten Höhe, sondern wegen ihres hohen Anteils von mehr als zwei Drittel der festgesetzten Steuerschuld hervor. Es ist deshalb nicht ermessensfehlerhaft, wenn das FA den gezogenen Zinsvorteil und den wirtschaftlichen Vorteil in Betracht gezogen hat; gleichwohl ist der Verspätungszuschlag mit 3,4 v. H. der festgesetzten Steuer im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten verblieben.

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 2

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