Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Frage des Beginns der Festsetzungsfrist

 

Leitsatz (NV)

Macht der Beschwerdeführer geltend, daß die Klärung der Frage, ob es für den Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977 auf die Kenntnis der für die Steuerfestsetzung zuständigen Stelle oder auf die Kenntnis der Finanzbehörde von dem steuerbaren Vorgang ankommt, von grundsätzlicher Bedeutung sei, so muß er schlüssig darlegen, daß diese Rechtsfrage durch den Streitfall aufgeworfen wird.

Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung reicht auch allein die Behauptung des Beschwerdeführers nicht aus, der unterschiedliche Beginn der Festsetzungsfrist bei Erben gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO 1977 und bei Beschenkten gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977 führe zu einer den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Ungleichbehandlung.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; AO 1977 § 170 Abs. 5 Nrn. 1-2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig; ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Wird als Grund für die Zulassung der Revision die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend gemacht, so muß in der Beschwerdeschrift gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt nicht. Vielmehr muß der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen, inwieweit die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen umstritten ist.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und der Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechts systematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung gewichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muß in der Beschwerdeschrift schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dazu ist es erforderlich, daß eine bestimmte Rechtsfrage herausgestellt und dargelegt wird, weshalb von ihrer Beantwortung die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 29. Juli 1992 I B 35/92, BFH/NV 1993, 182, m. w. N.).

Daran fehlt es im Streitfall. Zwar hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in der Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt, daß die Klärung der Frage, ob es für den Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) auf die Kenntnis der für die Festsetzung der Schenkungsteuer zuständigen Stelle oder auf die Kenntnis der Finanzbehörde von dem steuerbaren Vorgang ankommt, von grundsätzlicher Bedeutung sei. Der Kläger hat jedoch nicht schlüssig dargetan, daß die Rechtsfrage durch den Streitfall aufgeworfen wird.

Tatsächlich ist sie nicht entscheidungserheblich. Denn die Revision hätte auch dann keinen Erfolg, wenn der BFH der Rechtsauffassung des Klägers folgen würde, daß es entgegen der vom Finanzgericht (FG) in seinem Urteil zitierten Rechtsprechung des FG München (Beschluß vom 25. Januar 1991 4 V 4408/89, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG 1991, 584 --, sowie Urteil vom 18. August 1993 4 K 2758/89, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1994, 59) und des Hessischen FG (Urteil vom 31. August 1989 10 K 572/86, EFG 1990, 217) nicht auf die Kenntnis der organisatorisch zuständigen Stelle des Beklagten und Beschwerdegegners -- Finanzamt -- (Schenkungsteuer-Stelle), sondern auf die Kenntnis der Finanzbehörde als solcher ankomme, weil die vom Kläger geltend gemachte vierjährige Festsetzungsverjährung auch dann nicht eingetreten wäre, wenn man auf die im Jahre 1991 gewonnene Kenntnis der Außenprüfung abstellen würde. Denn dem Kläger wurde der Schenkungsteuerbescheid bereits im Juli 1995 und damit vor Ablauf der Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Jahres 1995 bekanntgegeben.

Soweit der Kläger geltend macht, die vom FG vertretene Rechtsauffassung führe zu einer groben, den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzenden Ungleichbehandlung von Erben und Beschenkten, denn § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO 1977 stelle auf die Kenntnis des Erben, § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977 dagegen auf die Kenntnis der Finanzbehörde ab, genügt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Denn es fehlt insoweit an einer substantiierten, an den Vorgaben des GG und der dazu ergangenen Rechtsprechung orientierten rechtlichen Auseinandersetzung, inwieweit der vom Gesetzgeber bewußt vorgesehene unterschiedliche Beginn der Festsetzungsfrist im Falle des Erwerbs von Todes wegen sowie im Schenkungsfall Art. 3 Abs. 1 GG verletzen soll.

Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung genügt auch nicht der Hinweis des Klägers, daß "durch die Abkoppelung der Steuerentstehung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuergesetzes 1974 (ErbStG 1974) vom Anlauf der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977" eine "faktische Verjährungsfrist von u. U. mehreren Jahrzehnten" eintrete. Denn mit dem Hinweis auf eine für den Kläger nachteilige Folge, die lediglich mangels Erfüllung der den Beschenkten nach § 30 Abs. 1 ErbStG 1974 obliegenden Anzeigepflicht eintreten kann, wird nicht belegt, inwieweit diese Frage im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig sein soll.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422345

BFH/NV 1997, 878

BFH/NV 1997, 879

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