Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung bei Versäumung der Revisionsbegründungsfrist

 

Leitsatz (NV)

Wird die Revisionsbegründungsfrist versäumt, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gewährt werden, wenn auch die Revisionsbegründung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist eingereicht wird.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 120

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhob Klage gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer hatte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) die Berücksichtigung eines Haushaltsfreibetrages nach § 32 Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes abgelehnt, weil der Sohn des Klägers im Streitjahr nicht in dessen Wohnung polizeilich gemeldet gewesen sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Revision ließ es nicht zu.

Das Urteil des FG wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 17. August 1995 zugestellt. Der Kläger legte fristgerecht Revision ein, ohne sie gleichzeitig zu begründen.

Noch vor Ablauf der Frist zur Begründung der Revision ging beim FG am 12. Oktober 1995 ein Antrag auf Fristverlängerung ein. Dieser war nicht von dem Prozeßbevollmächtigten persönlich, sondern in dessen Auftrag von einer Frau X unterschrieben. Ein Anruf der Geschäftsstelle des erkennenden Senats in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten am 27. Oktober 1995 ergab, daß es sich bei Frau X um die Kanzleisekretärin handelt. Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1995 beantragte (nunmehr) der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erneut, die Frist zur Begründung der Revision zu verlängern. Eine Begründung ist bisher nicht eingegangen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Der Kläger hat die Revision nicht fristgemäß begründet.

Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Da das angegriffene Urteil dem Kläger bzw. seinem Prozeßbevollmächtigten am 17. August 1995 zugestellt worden ist, hätte die Revision spätestens bis zum Ablauf des 18. Oktober 1995 begründet werden müssen.

Die Frist zur Begründung der Revision kann auf einen vor ihrem Ablauf durch eine nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vertretungsberechtigte Person gestellten Antrag verlängert werden (§ 120 Abs. 1 Satz 2 FGO; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Rdnr. 26, § 62 Rdnr. 81; Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 20. Oktober 1982 I R 61/82, BFHE 136, 575, BStBl II 1983, 134). Eine nachträgliche (nach Ablauf der Frist eingehende) Genehmigung der Prozeßhandlung durch einen zugelassenen Prozeßvertreter ist ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschluß vom 23. November 1978 I R 56/76, BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173).

Da im Streitfall eine nicht postulationsfähige Person den Antrag unterschrieben hat, wurde die Frist zur Begründung der Revision versäumt.

Eine Wiedereinsetzung hinsichtlich der Revisionsbegründungsfrist ist nicht möglich. Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 1. Dezember 1986 GrS 1/85 (BFHE 148, 414, BStBl II 1987, 264) kann, wenn die Revisionsbegründungsfrist versäumt wurde, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gewährt werden, wenn innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist auch die Revisionsbegründung eingereicht wird. Das Nachholen eines Antrags auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Revision genügt in einem solchen Fall nicht (s. auch Beschluß des BFH vom 1. Dezember 1994 IV R 68/94, BFH/NV 1995, 627).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421163

BFH/NV 1996, 423

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Hartz, ABC-Führer Lohnsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge