JStG 2019: Grunderwerbsteuer, Investmentsteuer, Abgabenordnung

Folgende Änderungen in weiteren Steuergesetzen durch das JStG 2019 sind hervorzuheben:

1. Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz

Bereits die bisherigen Ergänzungstatbestände des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG (Share-Deal-Regelungen) erfassen grundsätzlich Rechtsvorgänge, die im wirtschaftlichen Ergebnis einem auf den Erwerb des Grundeigentums gerichteten Geschäfts gleichkommen, bei denen aber gesellschaftsrechtliche Vorgänge zugrunde liegen. Gegenstand der Besteuerung ist nicht der Anteilserwerb selbst, sondern der durch die Ergänzungstatbestände fingierte Rechtsträgerwechsel und fingierte Erwerb an den inländischen Grundstücken.

Nach einer langjährigen politischen Diskussion über eine Verschärfung dieser Regelungen hatte die Finanzministerkonferenz im November 2018 per Mehrheitsbeschluss einen Gesetzentwurf zur Umsetzung an das BMF herangetragen. Die im JStG 2019 enthaltenen Maßnahmen orientieren sich weitestgehend an diesem Vorschlag.

Laut dem Gesetzentwurf soll nun die Beteiligungsgrenze der Ergänzungstatbestände des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG von 95 Prozent auf 90 Prozent gesenkt werden. Auch soll der maßgebliche Betrachtungszeitraum des § 1 Abs. 2a GrEStG von 5 auf 10 Jahre verlängert werden.

Zudem will der Gesetzgeber einen neuen Ergänzungstatbestand in Anlehnung an den bereits bestehenden § 1 Abs. 2a GrEStG für Personengesellschaften nun auch für Kapitalgesellschaften einführen. Gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG-E soll bei Kapitalgesellschaften eine (mittelbare) Übertragung von 90 Prozent der Anteile auf Neugesellschafter innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes besteuert werden.

Darüber hinaus sollen in Fällen der Grundstücksübertragung auf bzw. von einer Gesamthand die Haltefristen von 5 auf 10 Jahre (§ 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG-E) bzw. in Einzelfällen sogar auf 15 Jahre (§ 6 Abs. 4 GrEStG) verlängert werden.

Die Regelung der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel des § 6a GrEStG ist von den Änderungen nicht betroffen. Hier bleibt es sowohl bei der Beteiligungsgrenze von 95 Prozent als auch bei einer Vor- und Nachbehaltensfrist von 5 Jahren.

Als weitere spezielle Missbrauchsklausel wird § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. dem Bewertungsgesetz dahingehend angepasst, dass für Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen unter dem Verkehrswert die Ersatzbemessungsgrundlage anzuwenden ist.

Außerdem wird die Obergrenze des Verspätungszuschlags gemäß § 152 Abs. 10 AO von derzeit 25.000 EUR für Grunderwerbsteuerzwecke abgeschafft (§ 19 Abs. 6 GrEStG-E).

Anwendungsregelungen: Die neuen Vorschriften sollen grundsätzlich für Erwerbsvorgänge Anwendung finden, die nach dem 31.12.2019 verwirklicht werden. Allerdings sollen sowohl bei § 1 Abs. 2a GrEStG als auch bei dem neuen § 1 Abs. 2b GrEStG-E Anteilsbewegungen in einem 10-Jahreszeitraum vor der Gesetzesänderung mitgezählt werden, sofern sie nicht bereits in der Vergangenheit die 90 Prozent überschritten haben. Gesellschafter, die bereits am 31.12.2019 gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG als Altgesellschafter gelten, weil die 5jährige Haltefrist abgelaufen ist, behalten ihren Status als Altgesellschafter.

Auch die Verlängerung der Haltefristen nach §§ 5 und 6 GrEStG soll in die Vergangenheit zurückwirken. Allerdings nur bei Haltefristen, bei denen die 5-jährige Frist am 31.12.2019 noch nicht abgelaufen war, verlängert sich die Frist auf 10 Jahre.

Darüber hinaus enthält der Entwurf eine einmalige Übergangsregelung, nach der die Neuregelungen des § 1 Abs. 2a GrEStG-E und § 1 Abs. 2b GrEStG-E auf Anteilsgeschäfte, deren Verpflichtungsgeschäft ("signing") maximal ein Jahr vor einem bestimmten Stichtag liegt (Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag; nach derzeitigem Stand voraussichtlich im Juni 2019) und die innerhalb eines Jahres nach diesem Stichtag dinglich umgesetzt werden ("closing"), keine Anwendung findet und die dementsprechend nicht als schädliche Anteilsübertragungen erfasst werden.

Die bisherige Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG (insbesondere die 95-Prozent-Grenze) soll in einer Übergangsfrist von 5 Jahren, also bis zum 31.12.2024, parallel weiterhin anzuwenden sein. Auch sollen die bisherigen 95-Prozent-Grenzen des § 1 Abs. 3 GrEStG und § 1 Abs. 3a GrEStG weiterhin unbegrenzt anwendbar sein, um eine steuerneutrale Aufstockung nach dem "Hineinwachsen" in eine bestehende Anteilsvereinigung nach neuem Recht zu verhindern.

2. Änderungen im Investmentsteuergesetz

Kapitalbeteiligungen i.S.d. § 2 Abs. 8 InvStG (§ 2 Abs. 8 Satz 5 InvStG-E)

Ein neuer Satz 5 konkretisiert mit einer Negativdefinition von Kapitalbeteiligungen den Anwendungsbereich für Zwecke der Qualifikation als Aktien- oder Mischfonds. Ziel des Gesetzgebers ist es u.a. Gestaltungen zu verhindern, mit denen die Aktienteilfreistellung ausgenutzt wird, ohne dass bei den von den Investmentfonds gehaltenen Kapitalbeteiligungen eine steuerliche Vorbelastung eingetreten ist. 

Körperschaftsteuerpflicht eines Investmentfonds (§ 6 Abs. 1 InvStG-E)

Die Ergänzung in § 6 Abs. 1 Satz 1 InvStG-E stellt künftig klar, dass inländische Investmentfonds unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und damit abkommensberechtigt sind. In der Vergangenheit kam es zu Diskussionen hinsichtlich der Frage, ob inländische Investmentfonds nur beschränkt steuerpflichtig und daher nicht berechtigt seien, eigene Ansprüche auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen geltend zu machen. Satz 2 ergänzt entsprechend ausdrücklich die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht ausländischer Investmentfonds. Im Übrigen bleibt es aber bei der grundsätzlichen Steuerbefreiung. Eine Steuerpflicht ergibt sich nur für inländische Einkünfte nach § 6 Abs. 3 bis 5 InvStG.

Zuflusszeitpunkt ausschüttungsgleicher Erträge (§ 36 Abs. 4 InvStG-E)

Zur Vereinfachung des Kapitalertragsteuerabzugs wird im Falle der Veräußerung der Investmentanteile der Zuflusszeitpunkt ausschüttungsgleicher Erträge eines Spezial-Investmentfonds auf den Veräußerungszeitpunkt verschoben. Darüber hinaus wird wieder ein einheitlicher Zuflusszeitpunkt bei Teilausschüttungen eingeführt, in Abhängigkeit davon, ob der Betrag der Teilausschüttung ausreicht, um die Kapitalertragsteuer auf die thesaurierten und ausgeschütteten Erträge einzubehalten und abzuführen. Ausgeschüttete Erträge fließen im Zeitpunkt der Ausschüttung zu. Ausschüttungsgleiche Erträge (z.B. Zinsen, Dividenden, Immobilienerträge), die nicht zur Ausschüttung verwendet werden, gelten mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt werden, als zugeflossen.

Darüber hinaus sieht der Referentenentwurf zahlreiche weitere Ergänzungen und Klarstellungen im Investmentsteuergesetz vor, die zu praxistauglicheren Regelungen führen sollen.

Erstmalige Anwendung: Die Änderungen sind erstmals ab dem 1.1.2020 anzuwenden (§ 57 Satz 1 InvStG-E).

3. Änderungen in der Abgabenordnung

Haftung der Organgesellschaft bei mehrstufiger Organschaft (§ 73 Satz 2 AO-E)

§ 73 AO regelt die Haftung der Organgesellschaften für Steuern des Organträgers. Der BFH hat in seinem Urteil vom 31.05.2017 (I R 54/15) entschieden, dass nach § 73 AO nur die unmittelbare Organgesellschaft für nicht entrichtete Körperschaftsteuer des Organträgers haftet, soweit die konkrete Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Die Haftung nachrangiger Organgesellschaften ist nach der BFH-Entscheidung vom Wortlaut des § 73 AO nicht erfasst.

Mit der Einfügung des Satzes 2 soll künftig sichergestellt werden, dass ein Haftungsbescheid gegenüber der (nachrangigen) Organgesellschaft erlassen werden kann, die eine Steuerschuld wirtschaftlich verursacht hat bzw. bei der ein Haftungsanspruch durchsetzbar erscheint. 

Erstmalige Anwendung: Nach Art. 97 § 11 Abs. 4 EGAO-E soll § 73 Satz 2 AO-E erstmals auf Fälle anzuwenden sein, in denen der haftungsbegründende Tatbestand nach dem Tag der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2019 verwirklicht worden ist.

Automationsgestütztes Verfahren

Mit dem Jahressteuergesetz 2019 soll die Rechtsgrundlage für eine vollständig automationsgestützte

  • Festsetzung eines gesetzlich dem Grunde und der Höhe nach vorgegebenen Verspätungszuschlags (§ 152 Abs. 11 Satz 2 AO-E),
  • Anordnung einer Fristverlängerung in bestimmten Fällen (§ 109 Abs. 4 AO-E) und
  • Anforderung von Säumniszuschlägen, die nicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 AO mit den Hauptsteuern beigetrieben werden (§ 254 Abs. 2 Satz 3 AO-E)

geschaffen werden.

Erstmalige Anwendung: Nach Art. 97 § 1 Abs. 13 EGAO-E sollen die geänderten Vorschriften auf alle bei Inkrafttreten noch anhängigen Verfahren anzuwenden sein.